Noch dazu, wenn die Gegenspieler das Repertoire der Provokationen und versuchten Verunsicherung ausschöpfen. Marco Reus hatte sich den Ball schon auf den Elfmeterpunkt gelegt zum entscheidenden Schuss in den finalen Minuten der Verlängerung des DFB-Pokalspiels gegen Zweitligist Union Berlin. Torwart Rafal Gikiewicz ging zu Reus und stupste den Ball wieder vom Kreidepunkt. Ein weiterer Berliner näherte sich, um eine ungezwungene Konversation mit dem Nationalspieler zu beginnen. An der Strafraumkante initiierten die Berliner eine Schubserei, die die Ausführung des letzten Schusses weiter verzögerten. Fast zwei Minuten nahm das Szenario in Anspruch. Doch Reus ließ sich nicht verunsichern, lief an – und schoss Borussia Dortmund in die dritte Runde.
Nein, eine besondere Technik gäbe es nicht, um all das auszublenden, sagte Reus später. „Natürlich verzögerte sich das alles. Als Schütze ist es dann nicht so einfach, aber es ist ein Schuss. Zum Glück ist er reingegangen“, sagt der 29-Jährige. „Ich habe mich nur auf meinen Schuss konzentriert. Wichtig ist, dass du dir sicher bist, wohin du schießt. Alles andere musst du ausblenden.“
Reus hatte es geschafft und damit im Grunde die Geschichte zur Wiederholung gebracht. Denn schon in der ersten Runde tat sich die Borussia schwer gegen einen Zweitligisten (Greuther Fürth), auch damals musste sie in die Verlängerung, auch damals war es Marco Reus, der in der letzten Minute das Glücksspiel Elfmeterschießen verhinderte.
Dass es überhaupt soweit kommen musste, machte Reus auch an mangelnder Cleverness fest. Denn bei der Einwechslung des dieses Mal geschonten Offensivstars stand es 2:1. Zwölf Minuten noch mitmachen, Ehrenrunde drehen, ab nach Hause – das war der Plan. Doch Torwart Marwin Hitz entschied sich für einen recht eigenwilligen Abwurf, in dessen Folge der Ausgleich vier Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit fiel. „Das war ganz unglücklich. Wir machen unnötiger Weise das Spiel schnell, dabei waren einige von uns schon sichtbar am Limit. Wir sollten uns angewöhnen, die Ruhe zu bewahren, wenn wir schon führen“, rügte Reus mit aller Vorsicht und ließ Milde walten: „Das ist ein Prozess. Am Ende haben wir das Spiel gewonnen und das zählt. Über das Wie spricht morgen oder übermorgen niemand mehr.“ Zu verdanken war dies den Nerven von Reus, dem Serien-Pokal-Retter.
Autor: Daniel Berg