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Gerd Rehberg geht nach fast 13 Jahren als Schalker Präsident und Mann des Volkes
„Ich wollte aufhören, bevor einer sagt: Es wird Zeit, dass der Alte geht.“

Gerd Rehberg geht nach fast 13 Jahren als Schalker Präsident und Mann des Volkes

Fast 13 Jahre lang hat Gerd Rehberg den FC Schalke mit seiner besonnenen, sachlichen Art ehrenamtlich geführt. Angetreten in einer der schwierigsten Phasen des Vereins, der 1994 sportlich wie finanziell ziemlich am Boden lag, führte er die Königsblauen mit seinen Vorstandskollegen Josef Schnusenberg (seit 12.12.1994), Peter Peters (seit 28.6.1993), Rudi Assauer (bis 2006) und Andreas Müller (seit 2000) zum zweitgrößten Sportverein Deutschlands.

Länger als der mittlerweile 71-Jährige war nur der legendäre Fritz „Papa“ Unkel (zwei Mal) am Steuer der Königsblauen. Selbst Günter „Oscar“ Siebert schaffte es in drei Perioden nicht, länger als der frühere Bürgermeister der Stadt Gelsenkirchen im Amt zu sein. Am morgigen Montag macht Rehberg im Rahmen der Schalker Jahres-Hauptversammlung den Weg frei für seinen Nachfolger Josef Schnusenberg, mit dem wir vor wenigen Tagen sprachen. Nun hat Rehberg das Wort.Gerd Rehberg, mit wie viel Wehmut scheiden Sie am morgigen Montag aus dem Amt?

Natürlich fällt mir das schwer aufzuhören, aber nach meiner letzten Wahl habe ich ja schon angekündigt, dass es meine letzte Amtsperiode sein wird. Im vergangenen Sommer habe ich nach dem Rücktritt von Rudi Assauer noch ein Jahr drangehängt. Nun möchte ich aber aufhören, bevor einer sagt: Es wird Zeit, dass der Alte geht.

Was werden Sie den Mitgliedern in Ihrer letzten Ansprache als erster Vorsitzender des FC Schalke mit auf den Weg geben?

Ich habe bis jetzt noch keine Rede vorbereitet und weiß noch gar nicht, ob ich etwas schriftlich aufsetze oder lieber spontan rede.

Die JHV findet am Montag, wie in den letzten Jahren, in der schmucken Arena statt. Als Sie 1994 anfingen, standen Sie vor einer maroden Geschäftsstelle und einem schon kaum noch zeitgemäßen Parkstadion!

Die Anfänge 1994 waren äußerst schwierig. Damals hatten wir einen Etat von 28 Millionen DM und 19 Millionen DM Schulden. Wir hatten keinerlei finanziellen Spielraum, das war schon Harakiri. Viele aus meinem Umfeld haben mich gefragt: Bist du verrückt, dass du dir das antust? Vorher gab es viele Skandale, eine Menge Chaos, Vorsitzende kamen und gingen. Der Knackpunkt war, dass wir die Satzung geändert haben. Der Vorstand wurde nicht mehr von den Mitgliedern gewählt, sondern vom Aufsichtsrat bestimmt. Man konnte beispielsweise nicht mehr in bierseliger Stimmung nach einer guten Rede und ein paar Seitenhieben gegen den BVB Vorsitzender werden. Mit zwei hauptamtlichen und damit bezahlten Vorstandsmitgliedern waren wir damals Vorreiter in der Bundesliga. Und das war eine der besten Entscheidungen, die Schalke je getroffen hat.

Sie haben den Vorsitz ehrenamtlich ausgeübt und den Verein nach außen hin repräsentiert. War es nie ein Problem für Sie, dass die anderen Kollegen das Sagen hatten?

Nein, auch wenn ich schon oft das Wort Frühstücksdirektor gehört habe. Darüber kann ich nur lachen, das sagen Leute, die keine Ahnung haben, die nicht wissen, wie wir im Vorstand als Team zusammengearbeitet haben. Man muss nicht immer das große Wort führen, um für einen Fußballverein zu wirken. Bei so einem großen Verein wie Schalke mit seinen vielen Aufgaben ist das gar nicht anders möglich, als dass sich jeder auf seine Zuständigkeiten konzentriert. Zwar konnte ich bei vielen Entscheidungen nur meinen gesunden Menschenverstand, aber nicht wie Josef Schnusenberg im finanziellen, Peter Peters im organisatorischen sowie Rudi Assauer und Andreas Müller im sportlichen Bereich echten Sachverstand einbringen. Aber ich hatte auch durch meine langjährige politische Tätigkeit viele gute Kontakte zur Stadt, aber auch zur Landesregierung und bis hinauf zur Bundesregierung. Die konnte ich einbringen. Und was das Geld angeht: Seit einigen Jahren kriege ich auch eine kleine Aufwandsentschädigung, aber die ersten sieben Jahre habe ich keinen Pfennig genommen, noch nicht einmal Fahrkostenerstattung. Das war und ist in Ordnung so. Ich bin kein reicher Mann, sondern nur ein kleiner Bergmann, der mit seiner Pension auskommen muss.

Gab es nie Entscheidungen, bei denen Sie ganz anderer Meinung als die anderen waren?

Ich kann Ihnen ein Beispiel nennen: Als wir damals zu viert im Vorstand waren, zählte meine Stimme manchmal doppelt. Zu Zeiten des Parkstadions hat zum Beispiel das Jugendamt der Stadt etwa 300 Freikarten für die Tribüne bekommen, die dort zur freien Verteilung zur Verfügung standen. Dann haben wir herausgefunden, dass mit diesen Freikarten teilweise Geschäfte gemacht wurden. Da haben meine Kollegen gesagt, das muss aufhören. Ich wollte erst dafür plädieren, dass man dem Amt die Tickets mit der Auflage weiterhin gibt, dass sie nicht zweckentfremdet werden. Es war aber schließlich richtig, dass ich überstimmt wurde. Bis 2004 war ich noch Bürgermeister und musste auch im Rat immer die Balance halten. Dort war ich der Schalker und im Verein der Vertreter der Stadt, das war nicht immer einfach.

Der UEFA-Cup-Sieg 1997 gilt als Wegweiser für das heutige Schalke. Wie wichtig war dieser sensationelle Triumph wirklich?

Ohne den UEFA-Cup-Sieg hätten wir die Arena nicht gebaut, das war der Auslöser und finanzielle Grundstock. 1994 hatten wir doch kaum noch Sponsoren, die meisten waren weggelaufen. Die Geschäftsstelle war eine Art Containerbau, wie er heute im modernisierten Zustand neben unserem Neubau der Geschäftsstelle noch steht. Als damals mit einem Kran dieser Ball aus Glas auf das Dach des Gebäudes gesetzt wurde, kamen 2.000 Leute, es gab Freibier und die Leute haben mit uns gefeiert. Aber da hatten wir etwa 20 Angestellte, heute sind es 270. Und damals hatte der Verein 15.000 Mitglieder, inzwischen haben wir 62.000 und bis Ende des Jahres steuern wir auf die 70.000 zu. Das zeigt, wie sehr die Menschen, nicht nur aus dem Ruhrgebiet, mit Schalke 04 verbunden und verwurzelt sind. Opa und Oma waren schon auf Schalke und haben ihre Liebe zu diesem Verein an ihre Kinder und die wieder an ihre Nachkommen weitergegeben.

Schalke hatte viele schillernde Figuren als Präsidenten, Sie hingegen gelten als Mann des Volks. In welcher Tradition sehen Sie sich?

Günter Siebert, Helmut Kremers, Günter Eichberg kenne ich alle noch persönlich und natürlich auch Bernd Tönnies, dem ich sehr verbunden war. Ein Vergleich fällt schwer. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen, habe mich in meinem Leben nie verbiegen lassen. Natürlich gab es auch in den vergangenen Jahren immer wieder mal unruhige Zeiten, zum Beispiel nach der Entlassung von Jörg Berger oder der Verpflichtung von Andreas Möller. Ich bin immer zu den Fans hingegangen und versucht, ihnen das ruhig und sachlich zu erklären. Ich denke auch, dass diese wussten, dass ich sie nie belogen hätte. Das habe ich auch in meiner politischen Laufbahn immer so gehalten. Ich war Gleicher unter Gleichen, im Fußball würde man Teamplayer dazu sagen. Aber wenn ich bestimmte Ziele habe, kann ich die aber auch klar verfolgen. Da bin ich ein sturer Ostpreuße.

Welche Art der Amtsführung würden Sie Josef Schnusenberg raten?

Er soll so bleiben, wie er ist. Das ist kein Show-Mann. Ich denke, er wird sich ähnlich ausgleichend verhalten wie ich. Er ist ein sehr kooperativer, angenehmer Mensch, daher glaube ich, dass er ein guter Präsident wird. Außerdem hat er noch das Amt des Finanzchefs inne und ist weiterhin für diesen Bereich verantwortlich. Er, Peter Peters und Andreas Müller, der ja noch nicht ganz so lange dabei ist und seine Sache sehr gut macht, sind genau die richtigen Leute für den Schalker Vorstand.

Wie bleiben Sie dem Verein erhalten, auch wenn Sie kein offizielles Amt mehr bekleiden?

Auf Wunsch von Josef Schnusenberg behalte ich mein Büro. Ich hatte angeboten, es zu räumen, aber er sagte: Es wäre schön, wenn du noch Termine wahrnehmen kannst, da ich nicht immer auf die Schnelle von Rheda nach Gelsenkirchen kommen kann. So werde ich Schalke weiterhin bei Gelegenheit vertreten. Ich mache das gerne, ohne mich irgendwo einzumischen.

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