In den vergangenen Monaten sehnten sich die Anhänger nach seinem Abgang. Bei aller berechtigten Kritik: Eine Sache muss in der Rückbetrachtung erwähnt werden.
Es muss irgendwann im Februar oder März 2018 gewesen sein. Sebastian Schindzielorz hatte gerade sein Amt als Sportvorstand des VfL Bochum angetreten. Der Pott-Klub kämpfte damals um den Verbleib in der zweiten Bundesliga und damit auch um seine Existenz. Schindzielorz stand vor einem Scherbenhaufen: eine völlig verunsicherte Mannschaft, der vierte Trainer in einer Saison, Unmut von den Fans. Wie gesagt: Kurz nach Dienstantritt hatte Schindzielorz Besuch in seinem Büro: Robbie Kruse saß mit seinem Berater und Schindzielorz am Tisch. Der Grund: Dem Australier lag nach Informationen dieser Redaktion ein lukratives Angebot aus Asien vor - vielleicht der finanziell attraktivste Vertrag seiner Karriere. Dazu die Nähe zu seiner Heimat.
Fakt war damals: Kruse wollte weg aus Bochum. Weg vom VfL. Doch Schindzielorz sah sich gezwungen, das Asien-Angebot auszuschlagen. Er sah in Kruse einen der Garanten für den Klassenverbleib - und sollte sich später bestätigt fühlen. Für den damals 29-Jährigen Kruse ein herber Schlag. Doch der Flügelstürmer akzeptierte die Entscheidung, zeigte Verständnis für die Beweggründe von Schindzielorz und stellte sich voll in den Dienst der Mannschaft. Der aktuelle Geschäftsführer Sport erinnert sich gegenüber RevierSport: „Robbie hat unsere Entscheidung hervorragend aufgefasst, sich in der Zeit danach völlig fair verhalten und außergewöhnlich gute Leistungen gezeigt. Er war ein Grund dafür, warum wir am Ende die Klasse halten konnten.“
Vorwürfe an seiner Einstellung - internes Verhalten schwierig
Die Zahlen geben Schindzielorz recht: Vom 27. bis zum 34. Spieltag schoss Kruse insgesamt drei Treffer, bereitete drei weitere Tore zusätzlich vor. Insgesamt erzielte Kruse in 30 Ligapartien während der vergangenen Saison sieben Tore. Doch spätestens seit dieser Saison hat Kruse mit dem VfL und Bochum abgeschlossen. Vorwürfe an seiner Einstellung und seiner Körpersprache hielten sich hartnäckig - im gesamten Jahr 2019 spielte der Australier überhaupt keine Rolle. Vergangenen Winter verließ er eine der zwei mannschaftsinternen WhatsApp-Gruppen und signalisierte: Für mich geht es hier nicht weiter.
Dennoch sollte bei aller berechtigten Kritik das professionelle Verhalten in einer der schwierigsten Phasen der Vereinsgeschichte nicht in Vergessenheit geraten. Beim Spiel gegen Union Berlin (Sonntag, 15:30 Uhr) fehlt Kruse verletzt. Vor dem Anpfiff wird er noch einmal vom Verein geehrt werden. Sebastian Schindzielorz wird dann mit auf dem Rasen stehen - und die Begegnung im Büro Anfang des vergangenen Jahres sicher im Hinterkopf haben.