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Appell der Polizei
"Ultraszenen sollten mal aufwachen!"

Polizei: "Ultraszenen sollten mal aufwachen!"
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14 Festnahmen, ein Verletzter und erhebliche Sachbeschädigungen. Das ist die traurige Bilanz des abgebrochenen A-Junioren-Derbys zwischen Schalke und Dortmund.

Bereits im Herbst des vorigen Jahres war es am Rande des A-Jugendspiels zwischen dem VfL Bochum und dem BVB in Bochum zu ähnlichen Jagdszenen gekommen. Und im Juni 2007 stürmten 40 Schalke-Randalierer beim Halbfinalspiel im Westfalenpokal zwischen Wattenscheid 09 und den Schwarz-Gelben das Lohrheidestadion.

Das wirft die Frage auf, ob die Polizeipräsenz für solche Spiele noch ausreichend ist. Gelsenkirchens Polizeisprecher Konrad Kordts bewertet die Vorfälle aus Sicht seiner Behörde -und als Fußballanhänger.


Konrad Kordts, erneut gab es Ausschreitungen bei einem Jugendspiel. Waren die Ereignisse vom vergangenen Sonntag aus Sicht der Polizei nicht vorhersehbar?

Ganz klar, nein! In den vergangenen zwei Jahren gab es bei Jugendspielen mit Schalker Beteiligung keine Ausschreitungen. Die Tendenz, dass vermehrt solche Spiele zur Gewaltausübung benutzt werden, kann ich daher auch nicht teilen. Und es gab auch keine Hinweise darauf, dass es am vergangenen Sonntag anders ablaufen würde. Diese Spiele wurden von den Ultras als Gruppe auch gar nicht besucht. Deshalb waren wir in Scholven zunächst nur mit wenigen Beamten vor Ort. Das erschien uns völlig ausreichend.

Was passierte dann?

Gegen 11.15 Uhr, also eine Viertelstunde nach Spielbeginn, erschienen circa 50 Dortmunder, die zumindest der Kleidung nach der Dortmunder Ultra-Szene zuzuordnen waren, auf der Platzanlage. Sie näherten sich der Spielfläche über einen benachbarten Aschenplatz. Daraufhin wurden die Schalker Fans sofort aggressiv und warfen mit Fahrrädern, Ästen und sogar einer Eckfahne in Richtung der Dortmunder Anhänger. Außerdem beschossen sich beide Gruppen mit Leuchtspurmunition. Der anwesende Wachdienst hat hervorragend reagiert und sofort einen Zaun zwischen den beiden Plätzen geschlossen, sodass ein direktes Aufeinanderprallen verhindert werden konnte. Erst mit dem Eintreffen der ersten Unterstützungskräfte konnten die Lager getrennt werden.

Welche Situation fanden Ihre Beamten vor?

Die Schalke-Fans führten teilweise Stockschirme und sogar einen Spaten mit sich. Und sie waren zum größtenteils mit Halstüchern, hochgezogenen Rollkragen und Mützen vermummt. Nur durch den konsequenten und massiven Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken konnten die unmittelbar bevorstehenden Angriffe verhindert und die Fangruppen getrennt werden. Als weitere Polizisten eintrafen, flüchteten die Schalke-Fans über einen Zaun. Ein Anhänger zog sich hierbei eine leichte Verletzung am Finger zu. Insgesamt 14 Schalke-Fans aus dieser Gruppe konnten festgenommen werden. Dabei wurden die Beamten von der anderen Zaunseite mit Pflaster- und Schottersteinen beworfen. Ein Streifenwagen wurde mit Schirmen angegriffen und dabei von den Chaoten ein Blinklicht abgetreten.

Wie bewerten Sie die Vorfälle?

Es macht mich traurig, dass durch diese Randalierer der Fußball immer wieder in Misskredit gerät. Ich bin selbst mit ganzem Herzen Fußballfan und zutiefst getroffen. Wenn bei einem Fußballspiel, das von 200 Zuschauern besucht wird, davon mehr als 100 völlig friedlich, am Ende deutlich mehr als 100 Polizisten im Einsatz waren, dann kann etwas nicht stimmen. Wir können von Glück sagen, dass keiner der Zuschauer und der Beamten verletzt wurden. Nicht nur, dass die Polizei zum Spielball der Gewalt verkommt. Einige wenige Chaoten schaffen es immer wieder, dass der Begriff Fußballfan negativ besetzt wird. Mich erschaudert das, wenn ich so etwas mitansehen muss.

Die Ultras Gelsenkirchen haben sich inzwischen von dem Vorfall distanziert!

Es liegt mir auch fern, die Gruppe der Ultras pauschal zu verurteilen oder Ultras zu beschuldigen, die mit dem Vorfall nichts zu tun haben. Aber klar ist, dass die Vorfälle von Personen ausgeübt wurden, die sich als Ultras zu erkennen gegeben haben und vielleicht auch unter dem Deckmantel der Ultraszene diese Straftaten verüben wollten. Deshalb muss es das Ziel aller rechtschaffenden Menschen und rechtsstaatlichen Organe - und auch im eigenen Interesse der Ultraorganisationen - sein, diese Randalierer aus dem Stadion fern zu halten. Ich rede hier nicht über Mitläufer und nicht über diejenigen, die sich mit den Fans anderer Vereine foppen, sondern über die Rädelsführer. Spätestens jetzt muss jedem klar geworden sein, dass solche Leute bei dem Besuch eines Fußballspiels nichts verloren haben. Egal, ob in der Jugend oder bei den Senioren.

Sind wir auf dem Weg zurück in die 1980er Jahre, als der Hooliganismus den gesamten Fußballsport bedroht hat?

Nein! An jedem zweiten Wochenende pilgern zum Beispiel in Schalke über 61.000 und in Dortmund sogar 80.000 Menschen zum Fußball. Gemessen an dieser Anzahl reden wir hier bei diesen Gewalttätern immer wieder über verschwindend geringe Promillewerte. Aber wir müssen wachsam sein, dass die Zahl nicht größer wird und sich aus den Mitläufern keine neuen Potenziale ergeben. Wir brauchen nur in den Osten zu gucken, wo es leider teilweise auch andere Verhältnisse gibt.

Müssen Sie also zukünftig noch mehr Präsenz zeigen?

Punktuell vielleicht. Wir werden unsere Linie bei dem Jugendspielen jetzt überdenken müssen. Aber langfristig kann das nicht die Lösung sein. Da kann nur Prävention und das Einwirken der vernünftigen Fans und Gruppierungen eine Bewusstseinsänderung bewirken. Wir sind ja schon in ständigem Austausch mit Verein und Fanverbänden. Jetzt muss etwas von den Fanszenen kommen. Wir dürfen uns unseren Sport nicht durch diese Chaoten kaputt machen lassen. Denn das will keiner, der den Fußball liebt.

Wie geht es jetzt konkret weiter?

Die Daten der 14 festgenommenen Personen haben wir ja. Wir werten derzeit intensiv weiteres Bildmaterial und Zeugenaussagen in beide Richtungen aus. Das Material werden wir dann der Staatsanwaltschaft übergeben. Es geht um besonders schweren Landfriedensbruch und Sachbeschädigung. Dann wird über die Einleitung der Strafverfahren unter Berücksichtigung der Schwere und Qualität der Straftaten entscheiden.

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