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Am vergangenen Sonntag jährte sich Garrinchas Todestag zum 25. Mal
Der Stan Libuda vom Zuckerhut

Zum 25. Todestag von Garrincha: Der Stan Libuda vom Zuckerhut
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„Er war einer wie Libuda!“, findet der Schauspieler Peter Lohmeyer. Der Fan von Schalke 04 ist auch ein begeisterter Anhänger von Garrincha, der in den 60er und 70er Jahren als der beste Flügelstürmer der Welt galt. Seine Finten, Flanken und Flügelläufe ähnelten sehr denen der königsblauen Legende – und auch sonst gibt es einigen Parallelen. Vergöttert für ihre Leistungen auf dem Rasen wurden doch beide im Leben nie so wirklich glücklich.

Dribblings wie Brot

So Furcht einfl ößend war Garrincha nie, denn mit seiner geringen Körpergröße und seinen hässlichen Beinen wurde er wohl oft unterschätzt. Schauspieler Lohmeyer ersteigerte in London einmal ein Foto, das sein brasilianisches Idol gemeinsam mit den viel berühmteren Pelé zeigt. „Ich glaube, ohne Garrincha wäre Pelé nichts gewesen!“ mutmaßt dennoch Bewunderer Lohmeyer, auch wenn er beobachten musste: „Er hat immer in Pelés Schatten gestanden.“ Wenn diese beiden gemeinsam in der Selecao standen, in 32 Spielen, hat die brasilianische Nationalelf nicht eine Niederlage erlitten. Garrincha selbst verlor überhaupt nur eines seiner 57 Länderspiele: sein letztes bei der WM in England 1966 mit 1:3 gegen Ungarn. „Ohne Garrincha wäre ich nie dreimal Weltmeister geworden“, sagte Pele einmal. Dessen Dribblings verglich er mit Brot: „Schlicht und ohne Zutaten, aber sie sind es, die mich und die Mannschaft am Leben erhalten.“

„Bei Botafogo wird jeder große Spieler an ihm gemessen. Wir verehren ihn sehr.“ Das sagt Schalkes Neuzugang Zé Roberto über Garrincha.

Und Manuel dos Santos hat auch viel Leben geschenkt, mindestens 14 Kinder zeugte der Mann, der trotz einer gewaltigen Zahnlücke in der linken Backe die Frauen verzückte. Seiner Ehefrau Nair, die er schon mit 19 geheiratet hatte, war er nie treu – für die Sängerin Elza Soares ließ er sie mit acht Töchtern sitzen. Selbst das aber verziehen sie ihm die in diesen Dingen sonst recht konservativen Brasilianer.

Kinder hatte er auch mit anderen Frauen, eines sogar in Schweden. In Umea erschien während eines Trainingslagers einmal die Polizei im Mannschaftshotel von Botafogo und suchte nach Garrincha, der gerade von einem Schäferstündchen heimgekehrt war. Doch sie warfen ihm nichts Unrechtes vor, sie wollten im Auftrag nur der Eltern der jungen Frau eine Blutprobe für einen späteren Vaterschaftstest. Der übrigens war neun Monate später positiv, der Vater vieler Töchter hatte seinen ersten Sohn.

Ein Popstar wie Beckham

Kann es ein Zufall sein, das Garrinchas Heimatort „Pau Grande“ wörtlich zwar „Großes Holz“ heißt, in der Umgangssprache aber ein Synonym für das erigierte Glied ist? Selbst die Penislänge des Fußballstars nämlich wurde öffentlich diskutiert, ein Buchautor taxierte sie auf 25 Zentimeter. Die Klage seiner Erben wegen Rufschädigung allerdings wies ein Richter in Rio 2001 mit der Begründung ab, das sei in Brasilien schließlich eine Behauptung, auf die man stolz sein könne.

Was bleibt noch von diesem außergewöhnlichen Außenstürmer außer seinen Tricks und Tragödien? Es ist wohl vor allem dieses unbekümmerte Lachen, das die Bilddokumente zeigen, die von diesem tollen Fußballspieler geblieben sind. Sie zeigen Garrincha drei Jahrzehnte vor dem sportlich so viel unbedeutenderen David Beckham als ersten wirklichen Popstar des Fußballs.

Ein Siegertyp wie Robinho war Garrincha leider nicht.

So viele Eskapaden außerhalb des Platzes begleiten seine große Karriere mit mehr als 300 Toren als Profi , aber auch die dauerhafte Freundlichkeit und die Offenheit für die Medien. Homestorys waren für ihn nie ein Problem, alte Fernsehbilder zeigen den kleinen Mann tanzend mit seinen Töchtern, die rosafarbene Tapete mit Blümchenmuster im Haus seiner ersten Frau und nicht zuletzt – noch in schwarz-weiß –, wie er auf dem Spielfeld ein Interview gibt, während sich im Mittelkreis Kollegen auf den Anstoß vorbereiten.

Einzigartig aber waren vor allem seine fußballerischen Fähigkeiten, besser noch als die des legendären Libuda. Wie er dazu trotz seiner Alkoholprobleme in der Lage war, bleibt unbegreiflich. Denn Garrincha war sogar im Kopfball gefährlich, seine Sprungkraft war vergleichbar mit der von Felix Borja heute, dem „Känguru“ von Mainz 05, und auch seine mitunter stark angeschnittenen Weitschüsse waren oft erfolgreich. „Bei Botafogo wird jeder große Spieler an ihm gemessen“, erzählt Neuzugang Zé Roberto, der gerade von dort zu Schalke gekommen ist. „Wir verehren ihn sehr.“

Von einer Feier zum 25. Todestag hat Zé aber nichts gehört. „Es sind diese vergessenen Spieler“, sinniert Fußball- und Garrinchafan Peter Lohmeyer. „Aber vielleicht ist es ja auch nur die Nummer 7, die mich immer wieder so fasziniert, bei Libuda oder Garrincha oder Cantona.“ Im Zimmer Nummer 7 der Klinik Alto Boavista in Rio starb Garrincha verarmt an seinen Leberschäden – Sonntag vor 25 Jahren.

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