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1860: Einmal Chaos, immer Chaos?
"Wenn hier einer das Sagen hat, bin ich es"

1860: Einmal Chaos, immer Chaos?
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In München wurden die Karten wieder neu verteilt: Das fünfte 1860-Präsidium in vier Jahren will den Klub befrieden, der wegen einer Privatfehde zwischen Präsident von Linde und Geschäftsführer Ziffzer 15 Monate führungslos dahinschlingerte.

In einem Verhandlungsmarathon konnte das neue Präsidium alle Sponsoren, die mit dem Gedanken spielten, ihr Engagement einzustellen, zum Weitermachen überreden. Damit sich in Zukunft ein ähnliches Horrorszenario nicht wiederholt, braucht der Klub aber dringend einen Imagewechsel. Derzeit lastet auf 1860 der Ruch eines Vereins mit dem gefährlichen Hang zur Selbstzerfleischung, weil er sich pausenlos in neue Grabenkämpfe zwischen den Abteilungen, den Fans und Offiziellen verstrickt. Rückblickend ist es kein Wunder, dass von Linde in diesem Verein scheiterte. Die von Emotionen aufgeheizte Atmosphäre, die hier permanent herrscht, überforderte den Rechner aus Starnberg schlicht und einfach. Der Leichtathlet bilanziert selbstkritisch: »Ich habe die Irrationalität des Fußballs unterschätzt.«

1860 ist ein Chaosklub, der momentan deutschlandweit als Lachnummer durch die Medien geistert, nicht zuletzt auch wegen der Indiskretion seiner vielen Haupt- und Nebendarsteller. Der verhasste FC Hollywood von der Säbener Straße ist den Löwen nicht nur sportlich enteilt, die Roten machen den Blauen auch vor, wie man das Spiel mit den Medien gewinnt. Neu-Präsident Beeck bringt es auf den Punkt: »Bei Bayern reden maximal zwei Offizielle, bei uns sind es mitunter 20. Wenn sich daran etwas ändern soll, darf es ab sofort keinen Platz für Eitelkeiten mehr geben.« Gemeinsam mit Vize Michael Hasenstab, einem Investmentbanker, will Arge-Protegé Beeck einen umfassenden Neuanfang starten. Die Kapitalbeschaffung hat er zur Chefsache erklärt. In Kürze soll ein Investor, der langfristig mit dem Klub zusammenarbeitet und nicht auf schnelle Rendite aus ist, bei den Löwen einsteigen. Beeck sagt: »Ein denkbares Szenario wäre, zehn Prozent der Anteile am Klub an einen potenten Partner mit Perspektive zu verkaufen und dafür einen Betrag von etwa drei Millionen Euro zu erlösen, der dann direkt in den Kader fließt.« Langfristig will das Präsidium auch einen durchdachten Börsengang nicht ausschließen. Ob solche Pläne der Klientel vermittelbar sein werden? Viele eingefleischte Fans schüttelt es bereits bei dem Gedanken, dass eine Zeitarbeitsfirma den Klub als Hauptsponsor unterstützt. Und dass man Mieter im Stadion der Roten ist… aber, nun ja, das ist ein andere Geschichte.

Die Gefahr, dass 1860 bald wieder in seine negative Streitkultur zurückfällt, besteht jedenfalls immer. Vom Erhalt der Kartenvorverkaufsstelle bis zu den Bierpreisen im Grünwalder, bei den Löwen gibt es zu jedem Thema minimal 20 unterschiedliche Meinungen. Beeck sieht seine Hauptaufgabe deshalb darin, die Kommunikation in allen Bereichen des Klubs zu verbessern. Wie sich das Vokabular ähnelt: Als von Linde und Wettberg vor gut 15 Monaten ihr Amt antraten, hatten sie sich die Schlagwörter »Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz« auf die Fahnen geschrieben. Das Ergebnis der fehlgeschlagenen Operation: Dr. Stefan Ziffzer erwägt eine Arbeitsgerichtsklage gegen den Verein. Ob es wirklich dazu kommt, stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest. Karsten Wettberg sagt dazu: »Es kann eigentlich nicht im Sinne des Herrn Ziffzer sein, dass sämtliche Vorgänge aus dem Verein nach außen kommen. Denn es gab fast jede Woche Beleidigungen.«

Dr. Albrecht von Linde ficht das nur noch peripher an. Der scheidende Vorsitzende, der für seine Amtszeit zumindest veranschlagen kann, dass der Erhalt des Grünwalder Stadions für den Spielbetrieb der 2. Mannschaft gesichert wurde, will nie wieder in die Allianz Arena gehen. Eine Mischung aus McDonald’s und Ikea sei das Stadion in Fröttmaning, sagt er. Er klingt ein bisschen auswendig gelernt. Und wenn schon. Von Linde plant sowieso, für einige Zeit nach Santa Monica überzusiedeln. »Da steht eine Harley in meiner Garage. Und wenn mir mal nicht nach Motorradfahren ist, stelle ich mich eben aufs Surfbrett hinterm Haus.« Santa Monica ist das Trainingszentrum für die besten amerikanischen Leichtathleten. Viele bei Sechzig werden sagen, dort sei der Ex-Präsident sowieso besser aufgehoben.

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