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1860: Einmal Chaos, immer Chaos?
"Wenn hier einer das Sagen hat, bin ich es"

1860: Einmal Chaos, immer Chaos?
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In München wurden die Karten wieder neu verteilt: Das fünfte 1860-Präsidium in vier Jahren will den Klub befrieden, der wegen einer Privatfehde zwischen Präsident von Linde und Geschäftsführer Ziffzer 15 Monate führungslos dahinschlingerte.

Keine zwei Monate nach von Lindes Amtsantritt eskalierte die Situation. Am 24. Mai 2007 gab der Präsident in der »Süddeutschen Zeitung« ein Interview, in dem er mit »zu Ende gehender Geduld« zur Kenntnis nahm, dass die Sanierung des Vereins nicht vorankäme: »Unsere Erwartung ist, dass Herr Ziffzer seine Hausaufgaben macht.« Schwer getroffen ließ sich der zu cholerischen Anfällen neigende Ziffzer zu einer fiesen Finte hinreißen. Weil in Fan-Foren bereits über seine baldige Demission diskutiert wurde, rief er den Sprecher von »Pro 1860«, Hans Vonavka, kurz vor dessen Auftritt beim Lokalsender »TV München« an und teilte mit: »Sie haben es geschafft, ich trete zurück.« Vonavka hatte ursprünglich vorgehabt, im TV über Ziffzers Führungs- und Machtstil zu referieren. Sichtlich verdattert diktierte der Fan-Sprecher nun die soeben gehörte Rücktrittsandrohung in die laufende Kamera. Kurz darauf jedoch wurde Ziffzer telefonisch zugeschaltet, dementierte seine Rücktrittsidee und sagte, er habe nur einmal testen wollen, wie lange es bei den Sechz’gern dauert, bis eine interne Information nach außen gelange. Ziffzer: »Der Test ist wunderbar aufgegangen.« Als der Präsident am Abend seinen Geschäftsführer auf der Tribüne beim Pokalendspiel in Berlin traf, begrüßte er ihn sarkastisch: »Herr Ziffzer, ich nehme ihren Rücktritt an.« Kurz darauf kassierte der Geschäftsführer außerdem eine Abmahnung wegen vereinsschädigenden Verhaltens.

Vizepräsident Otto Steiner zog im Juli 2007 die Reißleine und verzichtete vorzeitig auf seine Präsidentschaft. In seiner Abschiedsansprache vor Journalisten schimpfte er von Linde einen »autistischen Alleingänger«. Wettberg und dem Präsidenten war der Boss des Filmunternehmens »Constantin« wegen seiner Verbindungen zur Boulevardpresse schon länger ein Dorn im Auge, zumal er wegen seiner familiären und beruflichen Verpflichtungen weitaus weniger Zeit in die Präsidiumsarbeit investierte als die beiden Privatiers. Wettberg: »Steiner war sehr selten im Büro, und er hat nachweislich vertrauliche Details aus dem Präsidium direkt an Dritte weitergegeben.« Die Entscheidung, Walter Schachner im März 2007 von seinen Aufgaben als Trainer zu entbinden, fiel in einer nächtlichen Sitzung im Haus von Stefan Reuter, nur das Präsidium und die Geschäftsführung waren über die Entscheidung informiert. Trotzdem machte die »Bild«-Zeitung bereits am nächsten Morgen mit der Meldung auf, der Trainer sei entlassen.

Von Linde kompensierte die öffentliche Demontage durch Steiner auf seine Weise. Bei der nächsten Pressekonferenz trat der verunsicherte Präsident mit einem Lexikon auf und las daraus laut die Definition des Wortes »Autist« vor, als wolle er beweisen, dass er keiner sei. Ziffzer kommentiert: »Realsatire. Die Journalisten lachten bei jedem Satz lauter.« Wie zerrüttet das Verhältnis zwischen den beiden eitlen Köpfen des Klubs bereits war, beweist auch die Jahresabschlussbilanz nach der Saison 2006/07. Als die Geschäftsführung im Juli 2007 einen Gewinn von 200.000 Euro vermeldete, reagierte von Linde kommentarlos. Von der Presse nach einem Statement gefragt, sagte er: »Es ist gute Sitte, sich zur Gegenseite nicht zu äußern.« Präsidium und Geschäftsführung – zwei verfeindete Lager. Ziffzer düpierte den Präsidenten fortan, wo er nur konnte. Ein prototypischer Disput zwischen den beiden Antipoden, wenn es in einer Sitzung wieder einmal unsachlich wurde: »Herr Ziffzer, ich erwarte mehr Respekt von Ihnen.« »Gerne, aber wie soll ich vor Ihnen Respekt haben?«

Ziffzer zog den Sohn aus wohlhabendem Haus damit auf, dass er nie für sein Geld habe arbeiten müssen. Er nutzte jede Gelegenheit, um dessen Unkenntnis von fußballerischen Detailfragen zu entlarven. Als Franz Maget im September 2007 den Platz von Otto Steiner im Präsidium einnahm, lobte der SPD-Politiker ausdrücklich eine Promotionaktion der Löwen, »Münchens große Liebe«. Von Linde hatte von diesem Slogan jedoch noch nie gehört. In der Annahme, der Spruch stamme von Maget, ließ er die anwesenden Journalisten spontan wissen, der Verein plane, Aufkleber mit diesem Motto zu drucken. Doch solche Sticker waren längst im Umlauf. Am nächsten Morgen desavovierte Ziffzer den Präsidenten, indem er bei der Pressekonferenz die Aufkleber verteilen ließ und dabei sarkastisch auf von Lindes tolles Engagement in dieser Sache hinwies.

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