Zumindest tabellarisch hat sich für Rot-Weiss Essen am Wochenende nicht viel getan. Die Mannschaft von Trainer Karsten Neitzel wurde zwar von Alemannia Aachen überholt, ist jetzt wieder Siebter, der Rückstand auf Platz zwei beträgt jedoch weiterhin nur sechs Punkte. Die beste Platzierung seit dem NRW-Liga-Aufstieg liegt daher noch im Bereich des Möglichen. Der Glaube daran fehlt den Anhängern nach der 1:3-Niederlage beim Bonner SC jedoch - und zwar auf der ganzen Linie.
In den sozialen Netzwerken steigt sogar die Kritik am Trainer. Eine Trainerdiskussion ist jedoch vollkommen am Thema vorbei. Das zeigt auch der Blick auf die Vergangenheit.
Argirios Giannikis hatte einen ordentlichen Punkteschnitt, aber auch nicht einmal eine komplette Serie durchlaufen, was eine seriöse Bewertung schwierig macht. Sven Demandt war ein erfahrener Trainer, der auch ein gewisses Händchen für Talente hatte, wenn man sieht, wen er beispielsweise bei Borussia Mönchengladbach an den Profi-Bereich herangeführt hat. Jan Siewert, dessen Methoden in der Mannschaft kritisch gesehen wurden und der zum Ende seiner Tätigkeit in Essen an Rückhalt im Team verlor, wurde im Winter zum Premier-League-Klub Huddersfield geholt, nachdem er bei Bochums U19 und Dortmunds U23 eindrucksvolle Arbeit hinterlassen hat. Das zeigt: Jetzt muss endlich einmal jeder Teil der Mannschaft eindrücklich hinterfragt werden.
Denn wenn Neitzel nach dem Bonn-Spiel sagt, dass es nicht an der Einstellung der Mannschaft gelegen hätte, impliziert dies, dass es an der Qualität des Kaders liegt. Womit wir dann auch bei der Suche nach dem Sportdirektor wären. Rot-Weiss Essen braucht eine neue Art Uwe Harttgen. Jemanden, der sich traut, sich unbeliebt zu machen, indem er vermeintliche Publikumslieblinge und lange gefeierte Korsettstangen des Kaders aussortiert. So wie es Harttgen in Essen unter anderem mit Vincent Wagner gemacht hat.
Dass sich Harttgen in seinem vergleichsweise kurzen RWE-Intermezzo menschlich selbst disqualifiziert hat, das ist auch klar. Dass er folgenschwere Fehlentscheidungen wie die Abschaffung der U23 zu verantworten hatte, genauso. Aber ein Profi, der mit eisernem Besen durch den Kader kehrt und keinen unangenehmen Entscheidungen aus dem Weg geht, ist wohl nicht nur die einzige Lösung, den Anhang wieder auf seine Seite zu ziehen, sondern auch um wirklich ernsthaft eine Rolle in der Spitzengruppe zu spielen.
Autor: Stefan Loyda
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