Schwitzehändchen bei US-Präsident Barack Obama, Daumendrücken in ganz Afrika: Wenn die USA und Ghana um den Einzug ins WM-Viertelfinale kämpfen, steht zwischen Washington und Accra alles still. "Das gesamte Land wird Euch anfeuern", versichert Obama Amerikas neuen Lieblingen vor dem Duell heute (20.30 Uhr/RTL und Sky live) in Rustenburg. "Tut es für Afrika", fordert dagegen die südafrikanische Zeitung The Star von den Ghanaern, die die letzten Hoffnungen des Schwarzen Kontinents auf ihren Schultern tragen.
Die Black Stars hoffen aber auch auf eine Gegenleistung. "Wir brauchen die Unterstützung von ganz Afrika", betont Trainer Milovan Rajevac, der weiter auf den Hoffenheimer Isaac Vorsah (Knieprobleme) verzichten muss: "Die USA sind zu einer fußballerischen Supermacht aufgestiegen. Es wird 90 Minuten Krieg auf dem Rasen geben."
Stürmer Asamoah Gyan gibt sich weniger martialisch: "Wir hatten darauf gehofft, das es mehr afrikanische Teams in die nächste Runde schaffen. Nun sind wir die einzige Mannschaft, die unseren Kontinent repräsentiert. Wir werden alles geben." Das südafrikanische WM-Organisationskomitee adoptierte die Ghanaer sogar kurzerhand. "Sie sind jetzt auch das Team unseres Landes", sagte OK-Sprecher Jermaine Craig.
Ob Kevin Boateng und Co. den hohen Erwartungen gerecht werden können, scheint jedoch fraglich. Mickrige zwei Turnier-Treffer brachte der deutsche Vorrundengegner Ghana bisher zustande - per Elfmeter. "Wir werden unsere Fehler korrigieren und mehr Tore schießen. Die USA haben ein starkes Team, aber wir brennen auf unsere Chance", verspricht Abwehrspieler John Pantsil und hofft, dass die Black Stars nach Kamerun (1990) und dem Senegal (2002) als dritte afrikanische Mannschaft in ein WM-Viertelfinale einziehen.
Die Amerikaner antworten mit dem ihnen eigenen Selbstvertrauen. "Wir sind sicher, dass wir nun jedes Team der Welt besiegen und etwas ganz Besonderes erreichen können", sagt Landon Donovan, der sein Land mit dem Last-Minute-Siegtor gegen Algerien in Ausnahmezustand versetzt hat. War "Soccer" in den USA vielerorts als Mädchensport verrufen, ist "Football" auf einmal mächtig cool. Tränen, Kampf, Rückschläge und Wiederauferstehungen prägten das bisherige Turnier für die Amerikaner. Hollywood hat nicht mehr zu bieten.
Angst vor Afrika ist da fehl am Platze. "Natürlich wird der ganze Kontinent hinter Ghana stehen. Aber ob das wirklich Einfluss auf die Partie haben wird, weiß ich nicht", meint Trainer Bob Bradley. Auch Stürmer Jozy Altidore zeigt sich unbeeindruckt. "Wenn wir noch zwei Spiele gewinnen könnten, wäre das toll. Aber warum sollten wir nicht vier Siege einfahren und am Ende sogar Weltmeister werden", sagt der Angreifer und verweist auf den Spielplan: Im Falle eines Sieges würde auf die USA im Viertelfinale entweder Uruguay oder Südkorea warten - keine unlösbaren Aufgaben. "Die Chance ist riesengroß, wir müssen sie jetzt auch nutzen", fordert Donovan. Der frühere Leverkusener und Münchener Bundesliga-Profi ist innerhalb weniger Tage zum Poster-Boy des US-Sport aufgestiegen. Sein Marktwert hat sich mehr als verzehnfacht. Zwar nicht an den Transfer- aber immerhin an den Tauschbörsen dieser Welt. Kostete eine der in den USA so beliebten Sammelkarten mit seinem Konterfei bisher rund 40 Dollar, muss man beim Internetauktionshaus Ebay nun schlappe 500 Dollar hinlegen - Tendenz steigend.
Vor vier Jahren hätten Fanartikel Donovans den Besitzer wohl noch für ein paar lausige Cent gewechselt. Der Offensivallrounder war nach dem Vorrunden-Aus bei der WM in Deutschland zum großen Sündenbock erklärt worden. Eine 1:2-Niederlage im letzten Spiel der Gruppenphase bedeutete die frühe Heimreise. Gegner damals: Ghana. "Das ist abgehakt. Ich genieße gerade die schönsten Tage meiner Karriere. Ich verspreche: Wir sind hier noch nicht fertig", meint der 28-Jährige.