Vor knapp einem Jahr haben die Sportfreunde Baumberg mit Engin Akkoca einen neuen Sportlichen Leiter verpflichtet. Einen Mann mit durchaus interessanter Vita: 2017 absolvierte er an der renommierten University of St. Gallen den Studiengang CAS Sportmanagement in Kooperation mit dem FC Schalke 04 erfolgreich. Zu seinen Kommilitonen gehörten unter anderem der ehemalige Schalke-Profi Ciprian Marica oder Radprofi Fabian Cancellara, immerhin zweifacher Olympia-Sieger und vierfacher Weltmeister im Zeitfahren.
Wir haben mit dem 34-Jährigen Duisburger Akkoca über seinen Job in Baumberg und die Zukunft des Klubs gesprochen
Engin Akkoca, seit knapp einem Jahr sind Sie nun Sportlicher Leiter bei den Sportfreunden Baumberg. Welchen Eindruck haben Sie vom Verein? Der Verein hat einen völlig falschen Ruf. Ich habe immer wieder gehört, dass wir eine alte Truppe mit vielen Söldnern hätten, aber das stimmt nicht. Knapp 40 Prozent unseres Kaders sind unter 23. Wenn wir unsere beiden Kapitäne Kosi Saka und Ivan Pusic herausrechnen, hat die Mannschaft ein Durchschnittsalter von 23 Jahren. Wir haben viele Spieler, die schon viele Jahre das Hauptgerüst bilden. Wir haben also eigentlich ein junges Team, das über Jahre zusammengewachsen ist, mit einem super Mix aus alten, jungen und multikulturellen Spielern.
Woher kommt dieser Ruf? Das weiß ich nicht. Klar, haben wir Spieler dabei, die schon höher gespielt und ein bekannten Namen haben. Viele sind sind jedoch schon seit langen Jahren dabei, übernehmen bei uns in allen Vereinsbereichen Verantwortung. Wir sind froh und stolz diese Jungs in unseren Reihen zu haben - ein Kosi Saka zum Beispiel, der unser Jugendleiter geworden ist und sehr gute Arbeit leistet. Ein weiteres Beispiel: In der Sommerpause haben die Jungs eigeninitiativ die Kabinen renoviert und gestaltet. Das würde ganz sicher nicht passieren, wenn das Söldner wären. Und so könnte ich die Mannschaft durchgehen.
In den letzten Jahren reiften die Sportfreunde Baumberg zu einem gestandenen Top-Team der Oberliga Niederrhein. Wie wollen Sie das halten? Wir wollen uns weiter etablieren und immer wieder oben angreifen. Aber wir wollen auch Außenrum wachsen, nicht nur sportlich. Es gibt verschiedene Faktoren, da können wir mit dem 1. FC Bocholt oder der SSVg Velbert nicht mithalten -zumindest aktuell. Wir haben uns das Ziel gesetzt, dass wir in zwei, drei Jahren die Rahmenbedingungen schaffen. Sportlich haben wir dafür das Fundament gelegt mit jungen und gestandenen Spielern, die Mitte 20 sind. Ich bin optimistisch, dass sich die Entwicklung bemerkbar machen wird.
Ihr Vorgänger sagte mal, dass in der Regionalliga West nicht einmal der Pommes-Verkauf zu stemmen wäre. Ist für den Klub mehr drin als nur die Oberliga? Ich hoffe, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren die Rahmenbedingungen so verfeinert haben, dass wir darüber sprechen können. Wenn es dann sportlich dazu kommt, wird Jürgen Schick der Letzte sein, der nicht alles in Waagschale legen wird, das zu realisieren. Wir machen immer wieder kleine, aber gesunde Schritte zu einer Professionalisierung, wie mit der Erweiterung unseres Coaching Staffs.
Auf dem Weg dorthin: Wie sehr erschwert die Corona-Krise Ihre Arbeit? Sehr! Wir können uns nicht mit Spielern treffen, sei es wegen Vertragsverlängerungen oder mit potenziellen Neuzugängen. Man kann Spieler nicht sichten, die man interessant findet, sich aber live anschauen will. Wir sind derzeit sehr abhängig von unserem Netzwerk, dass wir uns Infos einholen.
Mit Blick auf die Saison: Gehen Sie überhaupt davon aus, dass noch einmal gespielt wird? Ich hoffe es und bin optimistisch. Für mich ist das Glas immer halbvoll. Fußball ist nicht das Wichtigste und ich hoffe, dass alle gesundheitlich und monetär gut durch diese Zeit kommen. Wenn es so sein sollte, dass wir wieder spielen dürfen, darf es auch gerne immer sonntags und mittwochs sein. Hauptsache: Es gibt eine gerechte Wertung für die Saison und sie müsste nicht abgebrochen werden.
Wie weit ist die Kaderplanung für die kommende Saison? Wir sind schon sehr weit, stecken aber noch mittendrin. Wir haben frühzeitig angefangen, aber Corona erschwert einiges. Wir halten uns an die Maßnahmen und versuchen, das Beste draus zu machen. Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wochen mehr Lockerungen haben, um uns auch persönlich treffen zu können.
Mit 34 Jahren sind Sie für einen Sportdirektor noch jung. Was haben Sie in Ihrer Karriere noch vor? Das ist eine sehr gute Frage. Ich weiß nicht, wo die Reise hingehen wird. Ich will machen, was mir Spaß macht, denn nur dann ist man gut darin. Ich liebe den Fußball und bin leidenschaftlicher Fußballer, auch wenn jetzt eher passiv. Ich gebe immer 110 Prozent, was ich auch von meinen Spielern erwarte. Was dann kommt, ist Schicksal. Wenn es weiter hoch hinaus gehen sollte, würde ich nicht nein sagen, aber es müsste auch alles passen.