Am 31. Spieltag der Bundesliga-Saison 2018/19 musste der abstiegsgefährdete FC Schalke 04 bei Borussia Dortmund antreten. Der BVB spielte um den Meistertitel und lag zu diesem Zeitpunkt nur einen Punkt hinter dem Tabellenführer FC Bayern München.
Beim S04 hatte der ewige Huub Stevens Mitte März des Zepter vom entlassenen Domenico Tedesco übernommen, der das Team im Vorjahr noch zur Vizemeisterschaft führte.
Borussia Dortmund war an jenem 27.4.24 der haushohe Favorit und ging auch nach 14 Minuten durch Mario Götze früh in Führung. Nur vier Minuten später glich Daniel Caligiuri per Handelfmeter aus. Als Salif Sané die Knappen nach einer knappen halben Stunde per Kopf in Führung brachte, dachte noch niemand daran, dass Schalke tatsächlich gewinnen würde.
Dann brachte sich der BVB völlig aus der Bahn. Zwei Platzverweise für Marco Reus und Marius Wolf nach 60 und 65 Minuten sorgten für eine numerische Überlegenheit der Schalker. Zwischendurch erhöhte der an diesem Tag sensationell aufspielende Caligiuri mit einem traumhaften Freistoß auf 3:1 für die Knappen. Der Anschluss von Axel Witsel fünf Minuten vor dem Ende kam zu spät. Breel Embolo machte 60 Sekunden später den Deckel drauf.
Der Rest war eine Party in blau und weiß. Schließlich war es auch so etwas wie die Rache für die durch den BVB vermasselte mögliche Meisterschaft des S04 im Jahr 2007.
Legendär wurde das Spiel aber durch das, was danach in Gelsenkirchen passierte. Auf dem Rückweg aus Dortmund bog der Mannschaftsbus nicht auf den Arena-Parkplatz ein, sondern fuhr schnurstracks zur Schalker Vereinskneipe Bosch.
Gegen 19.30 Uhr hielt der Bus mit den Schalker Derbyhelden direkt vor der Vereinskneipe. Als die Schalker Mannschaft und allen voran Trainer Huub Stevens aus dem Bus stiegen, brandete riesiger Jubel auf. Stevens und die Spieler wurden geherzt und immer wieder spontan von den Fans geküsst.
Weston McKennie und Benjamin Stambouli traten als Einpeitscher auf. Alexander Nübel zapfte hinter dem Tresen und grölte nicht ganz jugendfreie Anti-BVB-Lieder. Als Kapitän Ralf Fährmann auf einen Tisch stieg und die obligatorischen „Derbysieger, Derbysieger, he, he, Derbysieger“-Rufe anstimmte, platzte fast das Dach der altehrwürdigen Kneipe, in der er S04 schon so manche Meisterschaft feierte.
Trainer Huub Stevens genoss beinahe andächtig das Bad in der Menge. So gelöst hatte man den Niederländer lange nicht mehr erlebt. Immer wieder bedankten sich die Anhänger bei ihm für die wohl schönsten Stunden der verkorksten Saison, die mit dem Klassenerhalt doch noch ein gutes Ende gefunden hatte. „Das ist doch super, wenn man zusammen feiern kann“, erklärte Stevens damals. „Die Idee hatten wir ganz spontan.“
Am Ende der Saison fehlten dem BVB genau drei Punkte zur Meisterschaft. Schalke hielt als Tabellenvierzehnter die Liga. Weisse noch?