Die Chance ist gar nicht so gering, dass es die verständlichen Pfeifkonzerte aus der Schalker Kurve gegen Alexander Nübel gar nicht geben wird. Klar ist es für alle echten Schalker eine Ohrfeige, wenn der amtierende Kapitän lieber auf der Bayern-Ersatzbank sitzt, als auf Schalke die angebotene Führungsrolle anzunehmen. Doch ob er die überhaupt hätte ausfüllen können, da mehren sich doch die Zweifel. Und so setzt sich auch in der Kurve die Meinung durch, dass sein Abgang alles ist, aber kein Verlust.
Nübels Wechsel sagt ja auch viel über den Charakter des Ostwestfalen, der in den Schalker Annalen über die Rolle einer Fußnote nicht hinaus kommen wird. Ihn mit Manuel Neuer zu vergleichen, ist, gelinde gesagt, despektierlich gegenüber dem Welttorwart. Überschaubare 35 Ligaspiele stehen für Nübel auf dem Zettel. In denen flog er zwei Mal vom Platz. Seine Leistungen waren bestenfalls als durchschnittlich zu bewerten. Zuletzt häuften sich krasse Fehler bedenklich. In jeder Bewertungs-Statistik der Hinrunde taucht er auf den hinteren Plätzen auf. Irgendwie erinnert die Personalie Nübel an das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Die großzügig verteilten Vorschusslorbeeren an ihn wirken schon länger inszeniert. Ihn als den „zukünftigen Nationaltorwart“ zu bezeichnen, ist geradezu grotesk. Keeper von Nübel-Format sind in Europa gleich in größerer Anzahl zu finden. Schalkes neue Nummer eins, Markus Schubert, steht ihm, obwohl zwei Jahre jünger, in nichts nach.
So erinnert eigentlich alles weniger an den Transfer von Manuel Neuer vor fast zehn Jahren, der ein ungeheuer schmerzlicher Verlust war. Sondern an Max Meyer, der 2018 ablösefrei wechselte und als „Weltklassespieler“ von einer entsprechenden Karriere ausging. Heute sitzt er meistens auf der Tribüne von Crystal Palace, wo man ihn offenbar mit Joshua Kimmich verwechselt hatte. Einen ähnlichen Verlauf könnte die Karriere von Alexander Nübel nehmen. Dem 23-Jährigen, der nach den Sternen griff und sich dabei vielleicht jetzt schon die Finger verbrannt hat.