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BVB: Hinrunde der verlorenen Träume: Mittelmaß als Dauergast
Selbstzufriedenheit – das permanente schwarz-gelbe Problem

Zu schnell zufrieden? Hier freuen sich Tinga und Buckley über einen Treffer. (Foto: firo)
Zu schnell zufrieden? Hier freuen sich Tinga und Buckley über einen Treffer. (Foto: firo)
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Eine Hinrunde der verlorenen Träume. Zum ersten Mal nach dem abgewendeten finanziellen Super-Gau konnten die Borussen vor dieser Saison auf dem Transfermarkt mehr ausgeben als sie eingenommen hatten. Das erweckte Hoffnungen. Hans-Joachim Watzke setze zudem auf die Fußballlehrer-Karte, denn Thomas Doll hatte nach seiner kurzfristigen Verpflichtung in der Endphase der vergangenen Spielzeit mit einem rasanten Schlussspurt eine schwarz-gelbe Euphorie entfacht: „Erstmalig habe ich beim Blick auf die Trainer-Bank ein absolut gutes Gefühl.“

Das erweckte Hoffnungen. Schon zum Trainingsauftakt standen dem Coach bis auf Alexander Frei alle Profis zur Verfügung, zudem war das Trainingslager in der Schweiz an Harmonie nicht zu übertreffen, der AS Rom wurde mit 4:0 aus dem Stadion gefegt. Das erweckte Hoffnungen. Durch den zusätzlichen Trikotschub des Hauptsponsors EVONIK gingen über 50.000 Dauerkarten über die Ladentheke. Das erweckte Hoffnungen.

Diese erhielten schon beim Bundesligastart gegen den MSV Duisburg einen herben Dämpfer, der eine Woche später mit der Pleite in Schalke noch überboten wurde. Was dann folgte, war eine Achterbahnfahrt in höchster Vollendung. Glücksmomente gegen Werder Bremen folgte Katerstimmung in Berlin und gegen den Hamburger SV usw. Die Verantwortlichen waren und sind verständlicherweise fassungslos. „Das hat mit Profifußball nicht zu tun“, wetterte Michael Zorc mehr als einmal. Hans-Joachim Watzke wandelte nach der 0:3-Klatsche gegen den HSV auf den Spuren von Giovanni Trappatoni: „Das war unterste Kanone. Mit der Selbstzufriedenheit gewinnen wir kein Spiel mehr. Ich muss mich bei jedem einzelnen Zuschauer entschuldigen."

Die Gründe für das ständige Auf und Ab sind, wie fast immer, vielschichtig. Sie begannen mit der Einkaufspolitik, in der ein Denkfehler eingebaut war. Mladen Petric, der als Torschützenkönig aus der Schweiz ins Revier kam, sollte nach Absprache mit Thomas Doll in die seit dem Abgang von Tomas Rosicky verwaiste Spielmacherrolle schlüpfen. Der Versuch wurde schon frühzeitig abgebrochen, allerdings ohne die entsprechende Alternative aus dem Kaderärmel schütteln zu können, da auch Giovanni Federico sich bisher nicht als der ersehnte Strippenzieher im Mittelfeld erwies. Es fehlte zudem eine absolute Persönlichkeit, die das Team führt. Wie wichtig so ein Leader ist, demonstrierte Sebastian Kehl bei seinen zwei Auftritten im Dezember.

Der Nationalspieler konnte, abgesehen von seinem Einsatz gegen den MSV, erst eingreifen, als die erste Adventskerze schon brannte. Das Verletzungspech warf ihn immer wieder zurück, genauso wie Alexander Frei. Zwei Topspieler, die der BVB kaum ersetzen kann, dafür ist der Kader in der Breite nicht erstklassig genug besetzt. Zumal sich auch Baustellen auftaten, mit denen kaum jemand gerechnet hatte. So präsentierte sich Roman Weidenfeller, der jahrelang der herausragende Borusse war, zwischen den Pfosten nicht mehr als Fels in der Brandung. Vor ihm lief ausgerechnet Christian Wörns seiner Form hinterher, Neuzugang Robert Kovac benötigte eine äußerst lange Anlaufzeit. Da half ihm selbst die Routine nicht.

Alle diese Argumente verblassen jedoch gegen das Dortmunder Phänomen, das Selbstzufriedenheit heißt. Kaum hat das Team einen oder höchstens zwei gute Auftritte abgeliefert, ist sie eine sichere Oddset-Bank, wenn man auf eine BVB-Niederlage setzt. Jede andere Mannschaft erhält durch Erfolge mehr Selbstvertrauen, die Borussen schalten gedanklich ab. Offenbar sind sie der festen Überzeugung, schon genug geleistet und erreicht zu haben. Als Paradebeispiel kann das Match in Wolfsburg herangezogen werden. Mit zwei Siegen im Rücken, einer davon sogar bei amtierenden Meister, lassen sich die Schwarz-Gelben von einem zuvor mehr als verunsicherten Gegner gnadenlos vorführen.

Für Christian Wörns ist anschließend klar: „Die Ursachen dafür lagen in den beiden Siegen. Beim VfL fehlte uns die Galligkeit.“ Auf die Nachfrage, ob die Selbstzufriedenheit sich wieder einmal durchgesetzt hat, antwortet der Routinier ohne mit der Wimper zu zucken: „Das unterschreibe ich sofort.“

Die Hoffnungsträger für die Rückrunde heißen nun Sebastian Kehl, Alexander Frei und eventuell Andreas Hinkel oder Etto. Allerdings können auch sie nur etwas bewegen, wenn die Mannschaftskollegen mitziehen, Woche für Woche. Wenn nicht, werden die zahlreichen Anhänger auch eine Rückrunde der verlorenen Träume erleben.

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