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Ultras „die Totengräber der Fußballkultur“

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Bundesliga-Boss: Ultras „die Totengräber der Fußballkultur“
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Alarmstimmung bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Geschäftsführer Christian Seifert fürchtet eine zunehmende Radikalisierung von Teilen der Ultra-Fanszene.

Er fordert ein striktes Vorgehen gegen Rechtsbrüche auf den Stadiontribünen. Anlass sind die beleidigenden Fanplakate gegen den Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp beim Bundesliga-Spiel zwischen dem 1. FC Köln und 1899 Hoffenheim am vergangenen Freitag.

„Es steht außer Frage: Die Verhaltensweise von einigen Fans ist asozial — das hat nichts mehr mit kritischer Meinungsäußerung zu tun“, sagte Seifert bei einem Hintergrundgespräch mit ausgesuchten Sportjournalisten in Frankfurt/Main. „Das Verhalten ist verachtenswert und dient nur noch zur Selbstinszenierung.“ Inzwischen ermittelt der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gegen den 1. FC Köln. Eine Sperrung von Tribünen wird nicht ausgeschlossen.

In Wahrheit sind diese Personen die Totengräber der Fankultur, um die es ihnen angeblich geht

Christian Seifert

Den Verweis auf eine Fußballkultur lässt Seifert nicht zu: „In Wahrheit sind diese Personen die Totengräber der Fankultur, um die es ihnen angeblich geht“, wettert der DFL-Geschäftsführer. Auch bei den Bundesligisten Eintracht Frankfurt und Hamburger SV wurden am Wochenende Ultras mit dem Einsatz von verbotener Pyro-Technik und mit Böllerschüssen auffällig. Beide Klubs müssen mit drastischen Strafmaßnahmen vom DFB rechnen.

Seifert unterstellt Teilen der Ultra-Szene eine Anmaßung in den Fußballstadien: „Es geht hier um das Ausloten persönlicher und vielleicht juristischer Grenzen unter dem Deckmantel der Fußballkultur“, meint er und gewinnt dem Vorschlag von DFB-Präsident Reinhard Grindel, Stehplatztribünen zu reduzieren, keinen Nutzen ab: „Es ist kontraproduktiv, über Stehplatzverbote zu spekulieren. Das führt wieder nur zu irgendwelchen Solidarisierungstendenzen.“

Eine Besserung ist schwer zu erreichen, wenn in Madrid Täter für vier Monate ins Gefängnis gehen, aber bei uns in Deutschland Busse mit Schlagstöcken, Schlagringen und brennbaren Materialien aufgehalten werden, und dann werden nur die Personalien aufgenommen und die Leute nach Hause geschickt

Christian Seifert

Zuletzt habe ihn das enorme Sicherheitsaufgebot der Polizei beim Zweitliga-Derby zwischen dem VfB Stuttgart und dem Karlsruher SC erschreckt: „95 Prozent der Zuschauer ist nicht mehr klarzumachen, warum Stadien aussehen wie militärische Krisengebiete, weil über der Stadt die Hubschrauber kreisen und vermummte Polizisten herumlaufen. Wenn das alles nötig ist, um die vermeintliche Fußballkultur zu schützen, sollten wir darüber nachdenken, was wir unter Fußballkultur verstehen.“

Den Grund für die Exzesse sieht Seifert im mangelhaften Handlungsspielraum der Klubs und der Polizei: „Eine Besserung ist schwer zu erreichen, wenn in Madrid Täter für vier Monate ins Gefängnis gehen, aber bei uns in Deutschland Busse mit Schlagstöcken, Schlagringen und brennbaren Materialien aufgehalten werden, und dann werden nur die Personalien aufgenommen und die Leute nach Hause geschickt.“

Ultras nutzten ein Vakuum zwischen Klubs, DFB und Behörden. „In einem Stadion von 50.000 Zuschauern reichen 50, die dem Spiel den Charakter geben. Perfide ist: Diese 0,1 Prozent finden sich sau-cool — das ist das Kernproblem. Mit Prävention sind die nicht mehr zu erreichen.“ Ein „Patentrezept“ könne er nicht liefern. „Das Problem sind nicht die Stehplätze. Sondern manche, die da stehen. Die müssen ihr Verhalten ändern oder dürfen künftig da nicht mehr stehen.“

Schöne Choreografien, wie sie die Ultra-Szene oftmals darbietet, seien keine Kompensation: „Da verzichte ich lieber auf eine Choreografie, wenn der Preis dafür Gewalt-Exzesse und Pyro sind.“ Darum fordert er die Klubs zum strikten Vorgehen auf: „Da braucht es den Willen von allen Seiten. Die anderen 50.000 im Stadion und die DFL tun mehr für die Fußballkultur als die, die Böller abschießen oder Plakate hochhalten oder Raketen in die Blocks schießen.“

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