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SV Rödinghausen
Flüchtling schafft den Sprung in die 4. Liga

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Cellou Diallo, Cellou Diallo
Cellou Diallo, Cellou Diallo Foto: Meiko Haselhorst
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Oktober 2014: In einem Internetcafé in Steinheim im Kreis Höxter läuft Bundesliga-Fußball. Ein Gast: Cellou Diallo aus Guinea.

Die Chance in Rödinghausen Trainer Özdemir würde Diallo natürlich liebend gern behalten, aber er verspricht dem Jungen schon sehr bald: „Vertrau mir - früher oder später bringe ich dich bei einem höherklassigen Verein unter!“ Der „Fall Diallo“ wird für ihn zur Herzensangelegenheit. Özdemir versucht es zunächst beim Oberligisten FC Gütersloh und bei der zweiten Mannschaft des SC Paderborn. Dorthin hat der ehemalige Verbandsliga-Spieler Kontakte. Bei beiden Vereinen reagiert man abweisend. „Ein Asylbewerber – das gibt doch nur jede Menge bürokratische Probleme“, heißt es. „Die haben sich Cellou nicht mal angeguckt, sonst hätten die sich das zweimal überlegt“, ist sich Özdemir sicher.

Etwas später bekommt Diallo dann aber doch seine Chance: Ein Freund Özdemirs schafft es, ein Probetraining beim Viertligisten SV Rödinghausen im Kreis Herford zu organisieren, einem aufstrebenden Verein, der in den vergangenen sechs Jahren fünfmal aufgestiegen ist – von der Kreisliga A bis in die Regionalliga.

März 2015: An einem kalten Abend im Vorfrühling ist es endlich soweit. Özdemir und Diallo fahren zusammen nach Rödinghausen. Der Afrikaner ist sichtlich nervös. Ein echtes Stadion! „Bumm, bumm, bumm“, sagt Diallo im Rückblick lachend und zupft in der Herzgegend an seinem T-Shirt. Auch Haydar Özdemir flattern an jenem Abend die Knie. SVR-Trainer Mario Ermisch begrüßt die beiden Gäste per Handschlag und hält erst mal den Ball flach. „Von der Kreisliga B in die Regionalliga – du weißt schon, dass das ein Riesensprung ist, oder? Sechs Klassen Unterschied!“ Manche Probespieler, so Ermisch, hätten schon nach zehn Minuten wieder ihre Sachen packen können. „Aber mal schauen“, sagt er noch. „Die Wahrheit liegt auf dem Platz.“

Und auf dem Platz zeigt Diallo trotz aller Nervosität, was er kann. Özdemir steht am Spielfeldrand und fiebert mit. Möglichst unauffällig wandert sein Blick zwischen Diallos Aktionen und Ermischs Reaktionen hin und her. Der SVR-Trainer scheint beeindruckt, die neuen Mitspieler ebenso. Auch von den drei Toren, die Diallo gleich in seinem ersten Trainingsspielchen schießt. „Respekt“, sagt der SVR-Coach nach dem Training. „Den Jungen würde ich gerne weiter beobachten – mal gucken, wie er zwei Einheiten hintereinander verträgt.“

Wer eine interkontinentale Odyssee wie Diallo hinter sich hat, dem machen auch zwei ostwestfälische Trainingseinheiten am Stück nichts aus. Der junge Mann überzeugt auch beim zweiten Mal. Und beim dritten und vierten. „Die haben ihn dort wirklich alle super aufgenommen“, freut sich Özdemir. Dass Diallo nach eigener Aussage nie in einem Verein gespielt hat, sagt er dem Rödinghauser Coach erst später. Ermisch kann das kaum glauben. In der Folgezeit juckeln Özdemir und Diallo mindestens einmal wöchentlich für ein paar Stunden durch die Provinz – von Steinheim nach Rödinghausen und zurück. Und nach ein paar Wochen heißt es dann tatsächlich: Cellou Diallo bekommt seinen Vertrag. Eine kleine Wohnung in Rödinghausen besorgt ihm der Verein ebenfalls. Der junge Afrikaner ist überglücklich.

Im Fokus der Fotografen und Kiebitze

Ende Juni 2015: An einem kühlen Samstagvormittag bittet der SV Rödinghausen die Spieler der 1. Mannschaft zum Auftakttraining 2015/2016. Der lokalen Presse und einigen Kiebitzen, die sich am Spielfeldrand auch zu früher Stunde schon Bratwurst und Pils schmecken lassen, wird der Kader für die kommende Saison vorgestellt. Mit dabei: Cellou Diallo, Rückennummer 29. Der Junge aus Guinea - beim Trainings-Kick zwischen all den gestandenen Regionalliga-Spielern gibt er eine ziemlich gute Figur ab - ist natürlich ein Gesprächsthema. „Ballgefühl hat er, das muss man sagen“, lautet einer von vielen Kommentaren. „Und einen ordentlichen Schuss auch“, meint ein anderer Zaungast und nickt anerkennend.

Stefan Grädler, Sportlicher Leiter beim SVR, gießt ein paar Tropfen Wasser ins Bier. „Bislang haben wir nur eine Spielberechtigung für die zweite Mannschaft.“ Die spielt immerhin Westfalenliga. „Wir hoffen, dass wir bis zum Saisonbeginn auch für die Regionalliga grünes Licht bekommen.“ Trainer Mario Ermisch würde sich sehr darüber freuen: „Sportlich hat Cellou definitiv das Zeug dazu.“ Abgesehen davon, da sind sich Trainer und Sportlicher Leiter einig, habe die ganze Geschichte ja auch einen menschlichen Aspekt. „Wir würden gerne das fortsetzen, was Haydar Özdemir in Steinheim angefangen hat.“ Dem Deutschen Fußballbund (DFB) müsste das eigentlich recht sein. „Die haben ja ein Förderprogramm zur Integration von Flüchtlingen“, sagt Grädler. „Da würde der SVR gerne mit gutem Beispiel vorangehen.“ Cellou Diallo bescheinigt er auch in dieser Hinsicht Bestnoten: „Unglaublich, wie gut der Junge nach der kurzen Zeit schon Deutsch spricht.“

Anfang Juli 2015: Das erste Testspiel – und gleich gegen Bundesliga-Absteiger SC Paderborn. Die Haupttribüne im Wiehenstadion ist an diesem lauen Sommerabend gut gefüllt, Diallo steht in der Startelf. Der Kick endet 1:1, Diallo ist nicht am Tor beteiligt. Aber er macht ordentlich Tempo, und eine Zaubereinlage an der Seitenlinie gegen zwei Paderborner Profis reißt das Publikum für ein paar Sekunden von den Plastikschalen. Szenenapplaus und ungläubiges Gelächter. „Wo kommt der her?“, will ein Zuschauer wissen. „Ghana, glaub‘ ich“, mutmaßt sein Sitznachbar. Non messieurs, Guinea ist nicht Ghana. Aber das wird man schon noch lernen, im Laufe dieser Saison.

Und der Hochgelobte selbst? Träumt er immer noch von München oder Madrid? Oder hat sich sein Fußball-Traum in Ostwestfalen bereits erfüllt? Cellou Diallo lacht verlegen. „Erst mal Regionalliga“, sagt er. Rödinghausen ist nicht Real. Aber Rödinghausen ist real. Und das ist in Anbetracht der vergangenen Monate schon surreal genug.

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