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Schalke: Für Hildebrand braucht es ein "dreckiges" Erfolgserlebnis

Im Abstiegskampf benötigt Schalke laut Ex-Keeper Timo Hildebrand vor allem Mentalitätsspieler, wie es einst Jermaine Jones auf Schalke war.
Im Abstiegskampf benötigt Schalke laut Ex-Keeper Timo Hildebrand vor allem Mentalitätsspieler, wie es einst Jermaine Jones auf Schalke war. Foto: dpa.
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Zu aktiven Zeiten stand Timo Hildebrand in den Jahren von 2011 bis 2014 beim FC Schalke 04 unter Vertrag. Seitdem hat sich einiges verändert. 

Als Timo Hildebrand Torwart des FC Schalke 04 war, waren die Ziele noch ganz andere als heute: In der Bundesliga oben mitspielen, international für Furore sorgen. Der 41-Jährige stand zwischen 2011 und 2014 bei S04 zwischen Pfosten. Nun geht es einzig und allein um den Klassenerhalt. Gegen die TSG Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr), bei der Hildebrand ebenfalls eine Saison gespielt hatte, muss der erste Sieg in der Fußball-Bundesliga nach 30 Spielen her. Im Interview mit der WAZ spricht der WM-Dritte von 2006 über einstige Führungsspieler, Hoffnungsträger Sead Kolasinac, Vorbild Ralf Fährmann und das Duell seiner ehemaligen Klubs.

Herr Hildebrand, Ihr erstes Bundesliga-Spiel für Schalke 04 war ein 4:0 über den VfL Wolfsburg im Februar 2012. Die Torschützen: Klaas-Jan Huntelaar, Raúl und Joel Matip. Das klingt wie aus ein anderen Zeit, oder?

Das ist richtig (schmunzelt). Es zeigt auch gut, was Schalke im Moment abgeht: diese Mentalität, die Identifikation mit dem Verein, dass etwas gewachsen ist. Joel kam gerade aus der eigenen Jugend, hat anschließend eine tolle Karriere hingelegt. Raúl war ein Welt-Star, Huntelaar auch ein Top-Profi. Allen voran aber Jermaine Jones, der wirklich mit Haut und Haaren Schalker ist. Solche Typen fehlen.

Mit Sead Kolasinac hat Schalke nun jemanden zurückgeholt, der genau diesem Profil entspricht.

Sead ist ein Mentalitätsspieler, der eine besondere Einstellung auf den Platz bringt. Auf ihn werden nun natürlich alle Hoffnungen projiziert, alleine wird er jedoch das Ding auch nicht rumreißen können. Ich würde Schalke wünschen, dass er ein Feuer entzündet und einen Push reinbringt. Sead hat in seiner Karriere einiges erlebt, geht voran. Solche Spieler braucht Schalke nun – nicht jene, die es mit Hacke, Spitze,1,2,3 versuchen.

Als Kolasinac zum Profi wurde, standen auch Sie bei Schalke unter Vertrag. War damals schon absehbar, dass er ein Führungsspieler werden würde?

Das nicht unbedingt. Aber er hat eine gute Karriere hingelegt, hatte das Herz immer am rechten Fleck. So etwas steht im Fußball oft über Talent oder spielerischer Qualität. Mit solchen Jungs gewinnst du Spiele. Jermaine aber war da unter meinen Mitspielern herausstechend, auch Marcelo Bordon, Krasimir Balakov oder Pavel Pardo beim VfB Stuttgart.

Fußball ist oft Kopfsache. Sie halten noch immer den Rekord der längsten Serie ohne Gegentor in der Bundesliga: 884 Minuten in den Saison 2002/2003 bzw. 2003/2004. Was macht das mit einem?

Es war eine Phase, in der wirklich alles funktioniert hat - bei mir persönlich und bei der Mannschaft. Denn alleine holt man so einen Rekord nicht. Damals hatte ich mich wirklich gefühlt, als sei ich unbezwingbar: Ihr könnt ruhig schießen, das macht mir gar nichts.

Schalke ist nun seit knapp 3000 Minuten ohne Liga-Sieg. Wie kommt man aus diesem mentalen Loch?

Ich glaube, man braucht mal so einen dreckigen 1:0-Sieg, bei dem sich jeder in die Schüsse wirft, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Wenn alle sich dafür einsetzen, zu gewinnen, dann kann es auch schnell mal in die andere Richtung gehen.

Ist dafür ein Trainer-Typ wie Christian Gross der richtige Mann?

Es ist gut jemanden zu haben, der klare Strukturen und Vorgaben macht, an denen sich die Spieler in so einer schwierigen Phase orientieren können. Der auch wenig Freiheiten zulässt. Ich weiß nicht, wie Manuel Baum trainiert hat, aber das scheint von Anfang an nicht gefruchtet zu haben

Sie haben auch Trainer erlebt, denen ein ähnlicher Stil wie Gross nachgesagt wird: Felix Magath, Huub Stevens, Giovanni Trapattoni.

Ich glaube, mit Magath kann man ihn nicht vergleichen. Ich habe Christian Gross zwar nie erlebt, würde ihn aber eher als umgänglich bezeichnen. Klar, auch er ist jemand der alten Schule. Trotzdem hinkt der Vergleich.

Zuletzt gab es auf Schalke oft Wechsel auf der Torwartposition, es war ein Hin und Her. Erst Nübel, dann Schubert. Im Sommer sollte Alexander Schwolow kommen, dann wurde es Frederik Rönnow. Gegen Hertha BSC stand wieder Ralf Fährmann im Tor.

Die vielen Wechsel sind eine Katastrophe. So kann sich niemand einspielen. Generell ist es wichtig, ein Grundgerüst zu haben.

Freuen Sie sich für Fährmann, mit dem Sie gemeinsam auf Schalke gespielt haben?

Ralf ist ein feiner Typ. Ich glaube, er hätte allen Grund, sich negativ über Schalke zu äußern. Er war Identifikationsfigur, wurde verliehen, kam zurück und wurde nicht beachtet. Dann wieder eine Leihe. Aber er hat nie aufgehört, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Das zeugt von großem Respekt und Demut dem Fußballer gegenüber. So etwas kann man nicht hoch genug anrechnen. Es freut mich wirklich für ihn.

Was verbindet Sie noch mit Schalke?

Es war eine besondere und schöne Zeit, nachdem ich aus der Vereinslosigkeit kam. Schließlich habe ich es da noch mal in die Champions League geschafft. Klar, es war immer turbulent, schon damals gab es viele Wechsel oder Verletzungen. Die Jahre auf Schalke habe ich genossen. Ich kenne heute noch den einen oder anderen Akteur im Management und Co-Trainer Rainer Widmayer. Ich habe Schalke immer noch im Blick und leide mit - obwohl mein Herzensverein der VfB ist.

Gelingt gegen Hoffenheim nun die Wende?

Es kann wirklich alles passieren, je nachdem, ob Schalke in Rückstand gerät und wie sie den verkraften können.

Beim Gegner lief es zuletzt auch nicht rund.

Hoffenheim hatte viele Verletzte und Corona-Fälle, das bringt eine Mannschaft durcheinander. Mit dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß hat sich das Team eigentlich gut gefunden, ist trotz dieses Tiefs stabil. Den Sieg gegen die Bayern allerdings darf man auch nicht zu hoch hängen. Das war am Anfang der Saison, es ist wichtiger über einen längeren Zeitraum gut zu spielen als einmal die Bayern zu schlagen. Ich hoffe, dass Schalke die schwarze Serie durchbricht. Irgendwann müssen sie ja mal damit anfangen, sonst wird es am Ende wirklich eng mit dem Klassenerhalt.

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