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Marcus Wedau: Menschwerdung down under
Einmal Australien und zurück

Marcus Wedau: Menschwerdung down under
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Nach jahrelangem Hin- und Hergewechsel in Deutschland wagte Markus Wedau 2006 den großen Sprung: Er ging zu Queensland Roar nach Australien. Und auch wenn er mit Kröten und Schlangen kämpfte – das Wagnis ließ ihn reifen. »Es war keine Schnapsidee, keine Entscheidung, die ich plötzlich und über Nacht traf. Ich hatte schon oft den Gedanken, mal im Ausland zu spielen, und häufiger dachte ich dabei an Australien. In Australien wirst du mit Fußballspielen natürlich kein Millionär, das war mir klar.

Es fiel mir aber auch nicht schwer, auf die Leute zuzugehen. Ich wurde überall mit offenen Armen empfangen. Schon in den ersten Wochen gewann ich den Eindruck, dass der Zusammenhalt ein ganz anderer ist als in Deutschland. Und dieser Eindruck sollte sich bestätigen. Es gibt weniger dieses Konkurrenzdenken und diese Grüppchenbildungen, die ich aus Deutschland gewohnt war. So entwickelten sich schnell Freundschaften.

Marcus Wedau. (Foto: firo)

Australien ist einerseits sehr europäisch, andererseits aber auch eine vollkommen andere Welt. Das merkt man schon beim Essen: Wie in den USA gibt es sehr viel Fastfood, kein dunkles Brot, sondern fast nur Toast. Die Bohnen zum Frühstück sind wohl ein englischer Einfluss. So sehnte ich mich manchmal nach einem deutschen Frühstück. Als wir in der Vorbereitung in den Norden in einen kleinen Ort in der Nähe des Great Barrier Reefs fuhren, wurde mir dann endgültig bewusst, dass ich ganz weit weg von zu Hause bin. Wir waren dort von einem Dorfverein zu einer Art Testspiel eingeladen – eigentlich hatte das Spiel aber eher PR-Charakter. Es war ein Abendspiel unter Flutlicht. In der Kabine hüpfte mir eine fette Kröte entgegen, und als ich das Spielfeld betrat, fielen mir die Netze auf, die weitläufig um das gesamte Spielfeld gespannt waren. Ein Mitspieler grinste und sagte: „Die sollen uns vor den Schlangen schützen, die hier vom Flutlicht angezogen werden und aufs Spielfeld drängen.“

Fußball ist in Australien im Kommen. Ähnlich wie in den USA galt Fußball in Australien lange als Mädchensport. Ein ungeschriebenes Gesetz lautete: Wer Fußball spielt, ist nicht hart genug für Rugby und Aussie Rules Football. Doch durch die Weltmeisterschaft und das gute Abschneiden der Australier ist Fußball heute mehr im Fokus. Gerade Kinder und Jugendliche haben nun Blut geleckt und die Vereine und der Verband vermarkten den Fußball schon recht professionell. Man versucht die Leute ins Stadion zu locken. Und die Zuschauerzahlen steigen stetig. Wir hatten einen Schnitt von 17.000 Besuchern pro Spiel. Das Finale der letzten Saison verfolgten 60.000 Fans. Dennoch steht Fußball in der Popularität immer noch hinter Football, Rugby und vielleicht sogar hinter Cricket. Vermutlich liegt das auch daran, dass Fußball in Australien keine Tradition hat, es gibt keine mit Europa vergleichbaren Fanstrukturen, die über Jahrzehnte gewachsen sind.

Im Gegensatz dazu steht Aussie Rules, ein Spiel, das eine über 150-jährige Geschichte hat. Aussie Rules – manche nennen es auch einfach Football oder „Footy“ – ist vergleichbar mit dem American Football, da es auch mit einem ovalen Ball gespielt wird. Die Regeln sind aber vollkommen anders. Die australischen Kids lernen das Spiel schon in der Schule. Wir haben auch gelegentlich im Training Rugby oder Aussie Rules gespielt, allerdings sah ich dabei nicht besonders gut aus. Ich war auch mal bei einem Spiel, in Brisbane gibt es ein AFL- und ein Rugby-Team. Da geht es richtig hart zur Sache, und ich glaube, der Charakter und die Attitüde, die man in diesen Sportarten zeigt, überträgt sich auch auf den Fußball. Ich habe es in den Spielen der Fußball-A-League jedenfalls nie erlebt, dass jemand theatralisch zu Boden fällt, weil er leicht am Trikot gezupft wurde. In der australischen Fußballliga will sich niemand die Blöße geben. Und ich glaube, dass diese Einstellung vom Rugby und Aussie Rules rührt. Dort ist es das oberste Gebot, Stärke zu zeigen.

Wirklich Zeit, um das Land zu erkunden, hatte ich dem Jahr nicht. Durch die Spiele kommt man ein bisschen rum, doch es ist ein ähnliches Dilemma wie in Deutschland: Man sieht das Hotel und hat nach und vor dem Spiel kaum Zeit. Oftmals ist es noch extremer: Wir spielten auch in Perth, an der Westküste, und da fliegst du ja fast sechs Stunden hin. Und in Neuseeland hatten wir auch Spiele. Das war eine ähnliche Odyssee. Vor Weihnachten hatten wir mal eine Woche frei, da bin ich mit meiner Freundin zum Tauchen ans Great Barrier Reef gefahren – das war schon sehr beeindruckend. Die spielfreien Wochenenden haben wir genutzt, um mal nach Sydney oder Melbourne zu fliegen. Ab und zu hatten wir auch Besuch aus Deutschland, mein Vater war mal da, und wir erkundeten die Umgebung rund um Brisbane.

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