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Gladbach: Ziege und Luhukay im Interview
"Es gab nur auf die Schnauze"

Gladbach: Ziege und Luhukay im Interview
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Christian Ziege und Jos Luhukay über die Last der Tradition, Basar-Verhandlungen und die Kondition von Oliver Neuville.

Wie war es eigentlich, als Sie aus dem verhältnismäßig entspannten Job als U17-Trainer über Nacht zum Sportdirektor eines Bundesligisten wurden?

Ziege: Da liegen Sie schon mal komplett falsch. Wenn ich einen Job mache – auch den des U17-Trainers –, mache ich den mit voller Kraft, liege nächtelang wach und sinniere über die Aufstellung. Einziger Unterschied ist, dass ich als Sportdirektor in der Öffentlichkeit stehe und es viele gibt, die meinen, es besser zu wissen als ich.

Das ist aber ein großer Unterschied.

Ziege: Für mich nicht, denn solange ich davon überzeugt bin, dass ich etwas Richtiges und Vernünftiges mache, ist mir egal, was andere sagen.

Foto: firo.

Dann ist der Stress auch nicht schlimmer als zu Ihren Zeiten als Jugendtrainer?

Ziege: Nicht wirklich. Das Einzige, was sich wirklich zum Negativen verändert hat: Ich hasse telefonieren. Und das muss ich in meinem neuen Job leider häufig tun.

Wo mussten Sie sich noch umstellen?

Ziege: Ich musste mir Verhandlungsgeschick aneignen. Ich bin von Natur aus kein Basar-Typ. Wenn mir früher jemand sagte, dass etwas fünf Euro kostet, habe ich fünf Euro dafür bezahlt. Hier musste ich lernen, dass ein Angebot immer erst der Anfang einer Verhandlung ist. Ein Berater setzt viel weiter oben an, um auf ein Niveau herunterzukommen, und als Sportdirektor muss ich entsprechend tiefer ansetzen. Es ist ein Spiel, aber nicht mein Spiel.

Aber Sie haben doch als Profi auch mit Uli Hoeness über Gehalt verhandelt.

Ziege: Eben nicht, das haben immer andere für mich gemacht. Deswegen bin ich froh, dass hier Stephan Schippers neben mir sitzt, der solche Gespräche schon tausend Mal geführt hat.

Warum haben Sie als Spieler Ihre Verhandlungen nicht selbst geführt?

Ziege: Weil das Finanzielle nie im Vordergrund stand. Ich habe mich gefreut, wenn es wieder mal etwas mehr gab, und artig danke gesagt.

Wir haben den Eindruck, dass es derzeit einen Generationswechsel bei den Trainern gibt. Den autoritären Trainer vom Schlage eines Rinus Michels oder Hennes Weisweiler gibt es heute nicht mehr.

Luhukay: Ich habe nie unter Michels oder Weisweiler trainieren dürfen, aber dass sich im Fußball einiges ändert, ist ja klar.

Der Bereich Taktik ist viel komplexer.

Luhukay: Taktik ist immer ein großes Wort. Glauben Sie, dass Michels oder Weisweiler keine Taktik hatten, keine Vorstellung davon, wie sie spielen wollten?

Ist Taktik ein Modethema?

Luhukay: Die Frage ist, was Taktik beinhaltet. Wir können darüber stundenlang diskutieren, aber am Ende muss man es auf dem Platz sehen.

Ziege: Im Übrigen fällt es sogar mir mit 36 manchmal schwer, die neuen Spieler in ihren Verhaltensweisen nachzuvollziehen.

Wie meinen Sie das?

Ziege: Die haben andere Prioritäten im Leben: Handy, iPod, Computer. Bei mir gab‘s nur Fußball auf der Straße, aber wo können Kids heute noch auf der Straße spielen?

Foto: firo.

Viele Bundesligisten unterhalten Nachwuchszentren, in denen junge Spieler nach strikten Verhaltensregeln erzogen werden. Welchen Gesetzen sind Ihre Profis unterworfen?

Ziege: In der Kabine und auf dem Trainingsplatz bleibt das Handy aus. Die sollen sich auf den Fußball konzentrieren, alles andere ist mir egal. Ich habe eine 17-jährige Tochter. Ich verstehe nicht, wie sie mit ihren Freunden kommuniziert. Sie schreibt dauernd SMS. Warum ruft sie nicht an, wenn es ein Problem gibt? Oder wie heißen diese virtuellen Räume, in denen sich Leute miteinander unterhalten?

Chatrooms. Müssen Sie nicht ab und zu in den Internetchat bei Borussia?

Ziege: Mir reicht es schon, permanent E-Mails abzurufen. Sorry, so bin ich nicht aufgewachsen.

Wenn Sie es schon nicht mehr verstehen, wie soll es ein Trainer mit 60 verstehen.

Ziege: Ich verstehe es ja, ich muss es aber doch nicht selbst praktizieren. Als U17-Trainer habe ich mal einen Zehnkilometer-Lauf angeordnet. Die Spieler fragten, ob sie währenddessen ihren MP3-Player benutzen dürften. Da habe ich gesagt: »Warum wollt ihr Musik hören? Ihr sollt laufen!« Aber es schien Konsens zu sein, dass alle mit Kopfhörer laufen wollen. Sollen sie also in drei Teufels Namen mit dem iPod laufen, Hauptsache, sie reißen vernünftig ihre Kilometer runter.

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