Denn der Mannschaft um Jens Lehmann, Olaf Thon, Jiri Nemec und Marc Wilmots hat man anfänglich kaum zugetraut, die Anfangsrunden im ersten europäischen Wettbewerb nach 19 Jahren zu überstehen. Und dann dieser Höllenritt durch Europa, der bis nach Mailand führen sollte. Und dort – im legendären zweiten Endspiel gegen Inter – den Pokal nach Gelsenkirchen bringt.
In sechs Folgen wollen wir an die Kapitel von Roda bis San Siro erinnern und damit einen Beitrag leisten zu all den Jubiläums-Veranstaltungen der kommenden Wochen. Erinnerungen an unvergessliche, dramatische Fußball-Wochen im Revier, an die Eurofighter und den wohl größten Erfolg der Schalker Vereinsgeschichte.
Hinspiel Selten einmal waren zwei Trainer in der Beurteilung eines Spiels so einig wie Huub Stevens und sein Brügger Kollege Hugo Broos nach den 90 Minuten im belgischen Neuschnee: „Diese Begegnung hätte niemals angepfiffen werden dürfen.“ Und sie machten ihren 22 Spielern ein großes Kompliment, wie sie mit den widrigen, irregulären Bedingungen dennoch klar gekommen waren. Denn es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, ohne viel Taktieren unter dem Motto: „Die Kugel muss irgendwie weg.“
Schalke – in weißen Leibchen wie Schneehasen – entwickelte von Beginn an mehr Initiative und hatte gute Chancen durch Max und Wilmots – die Führung wurde auch vom Matsch im Strafraum der Brügger verhindert. Auf der anderen Seite profitierte Brügges Torjäger Stanic vom Untergrund. Er nutzte den Umstand, dass Müller den Ball im Schnee nicht weg bekam und netzte zur Führung ein. Und als Olaf Thon dann auch noch einen Elfmeter verschoss, sah es für einige Minuten nicht richtig gut aus für S04. Doch nach der dem Elfer folgenden Ecke landete das rote Leder bei Mike Büskens und der traf aus 18 Metern volley in den Winkel – ein Traumtor. Zwar gelang den Hausherren acht Minuten später die erneute Führung. Doch deren Trainer wusste später, wie er das einzuordnen hatte: „Es ist nicht das beste Ergebnis für uns. Das Auswärtstor eröffnet den Schalkern für das Rückspiel viele Perspektiven.“
Rückspiel Und die Reise geht weiter. Nach dem 2:0-Erfolg über einen starken belgischen Meister stand Schalke im Viertelfinale des UEFA-Pokals. Ein Erfolg, der dem Team nach all den Querelen und Schwierigkeiten in der Liga nicht zuzutrauen war. Aber im europäischen Wettbewerb zeigten Olaf Thon und Co. Mit schöner Regelmäßigkeit ihr anderes, strahlendes Gesicht.
Es war abermals ein Kampf auf schwierigem Geläuf. Machte 14 Tage zuvor ein Schneesturm das Spiel eher zu einer Rutschpartie, war in Schalke der Rasen nach Dauerregen tief und pfützig. Schalke kam, angefeuert von den Zuschauern, die die Witterung vollends ignorierten, mit den Platzverhältnissen besser zurecht, setzte die Gäste von Beginn an unter Druck. Der Lohn stellte sich durch die frühe Führung durch Martin Max schnell ein (9.). Bis zum Pausenpfiff sollten weitere Chancen folgen. Ab dann wurde es zu einem schmalen Grat. Denn ein Tor der Belgier hätte alles wieder verändern können. Huub Stevens erklärte die abwartende Spielweise später so: „Gegen so einen guten Gegner darfst du nicht ins offene Messer rennen.“
Zu wirklichen Chancen kam Brügge nicht. Und so war es Youri Mulder vorbehalten, in der letzten Minute den Sack zuzumachen und für grenzenlosen Jubel auf Rasen und Rängen zu sorgen. Vergleiche drängten sich auf zum Spiel gegen die Bayern im Mai, als man sich überhaupt erst für jenes UEFA-Cup-Rennen qualifizierte, in dem Schalke jetzt für Furore sorgt.
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