Den ganzen Tag lang hatten die 5000 nach Porto mitgereisten Anhänger des FC Schalke 04 gezeigt, wie sehr sie sich auf dieses Fußballspiel gefreut hatten. Sie sangen, sie hüpften, sie lachten, sie flaggten die portugiesische Hafenstadt am Atlantik in Blau und Weiß aus. Noch einmal freuten sie sich, als sie vor dem Anpfiff des vorletzten Gruppenspiels der Champions League beim FC Porto erfahren hatten, dass die Königsblauen vorzeitig ins Achtelfinale eingezogen waren – weil Lokomotive Moskau so freundlich war, Galatasaray Istanbul mit 2:0 zu schlagen. Das war es dann aber mit der guten Laune.
Trainer Tedesco griff ein
Als sich Schalkes Fußballer nach dem Schlusspfiff, der die 1:3-Niederlage besiegelte, nur zögerlich in Richtung der Fans begaben, gab es teilweise Pfiffe. Die Unmutsäußerungen wurden lauter, nachdem etwa die Hälfte der Schalker Profis abdrehte und Richtung Kabine laufen wollte. Trainer Domenico Tedesco bemerkte das, griff ein und beorderte die Spieler zum Fanblock.
Die Leute waren sauer, weil sie selbst eine weite Reise auf sich genommen hatten, um ihr Team zu unterstützen, dieses Team aber aus ihrer Sicht nicht alles abgerufen hatte, was nötig gewesen wäre, um vielleicht noch den Gruppensieg zu schaffen. Die Schalker spielten, als seien sie mit Platz zwei zufrieden. Die Fans waren es nicht.
Etwas irritierend meinte Domenico Tedesco nach dem Spiel: „Wir haben hochverdient gegen einen sehr starken Gegner verloren, aber unsere Fans haben nicht gepfiffen.“ Da hatte er nicht richtig hingehört. Der österreichische Nationalspieler Alessandro Schöpf berichtete sehr wohl von Negativ-Reaktionen aus der Kurve: „Die Fans nehmen einen sehr, sehr langen Weg auf sich. Wir verlieren hier 1:3. Ich glaube, die Pfiffe kamen, weil einige von uns früher abgehauen sind.“ Schöpf kann die Missfallensbekundungen der Anhängerschaft nachvollziehen: „Natürlich verstehe ich das. Wenn sie so weit mit uns mitfliegen, dann kann man auch zu den Fans gehen, klatschen und Danke sagen. Und dann ist auch alles gut, glaube ich. Das hat einfach auch ein bisschen was mit Respekt zu tun.“ Dass nach Spielende noch „Oh, wie ist das schön“ gesungen wurde, war eine deutliche ironische Botschaft an die Profis.
Manager Christian Heidel sagt dazu Grundsätzliches: „Die Fans haben immer das Recht, ihren Unmut zu äußern, wenn sie nicht zufrieden sind. Wenn sie dieses Gefühl haben, dann muss man das so akzeptieren.“ Aber Heidel sagt auch: „Wir wollen es wieder besser machen, so dass es keinen Grund zum Pfeifen gibt. Im Spiel fand ich die Atmosphäre überragend. Da habe ich gar nicht damit gerechnet, dass so etwas kommt.“
Zu schwach gegen Schwergewichte
Schalke hat sich nun unnötig eine zusätzliche Baustelle aufgemacht. Bisher war der Schulterschluss mit den Fans das große Plus für die Königsblauen. Das weitgehend ideenlose Spiel über 94 Minuten in Porto stieß vielen Anhängern sauer auf. Wie schon in der Bundesliga gegen Frankfurt (0:3), Bayern (0:2), Berlin (0:2) und Mönchengladbach (1:2) blieb Schalke den Beweis schuldig, gegen Schwergewichte etwas ausrichten zu können.
Der Angriff mit Franco Di Santo und dem angeschlagen ausgewechselten Steven Skrzybski (Muskelverletzung im Brustbereich) war harmlos, die Abwehr offenbarte erneut erhebliche Schwächen. Naldo und Benjamin Stambouli bekamen den Laden nicht in den Griff, auch Matija Nastasic hatte schon deutlich bessere Tage. Am Samstag (18.30?Uhr/Sky) muss Schalke bei der TSG Hoffenheim antreten. Und in allen Bereichen zulegen.
Autor: Thomas Tartemann