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Zurück in renovierte Kabine und Frühstück bei Tina
Bonan kommt mit "richtig Bock"! Füße geküsst werden aber nicht

Im Interview: Heiko Bonan (Neuer Trainer RWE)
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Von Haldensleben nach Essen! Heiko Bonan, Nachfolger von Trainer Lorenz-Günther Köstner an der Hafenstraße, ist gewappnet, hat genug Eindrücke gesammelt, so auch als diplomierter Sportlehrer (fünfjähriges Fernstudium an der Deutschen Hochschule für Körperkultur, Außenstelle Magdeburg). Im Interview mit RevierSport spricht er über seine Rückkehr, eine renovierte Kabine und das Frühstück im Büdchen bei Tina....

Es hat sich baulich in der Bruchbude Georg Melches-Stadion nichts verändert!

Das stimmt nicht ganz, der Vorstand hat mir gesagt, die eigene Kabine wurde renoviert, das ist ja schon einmal ein riesiger Schritt. Allerdings war ich auch noch nicht drin, ich weiß es also nicht ganz genau. Aber wenn es noch so wie früher ist, dann riecht es noch ein bisschen nach mir. Das ist ein Vorteil, man denkt, man kommt nach Hause.

Können wir davon ausgehen, Sie haben alle Arten von Urlaub schon abgesagt?

Sie werden lachen, ich hatte gar keinen Urlaub geplant. Ich bin jetzt neu im Geschäft, man sollte flexibel sein. Es kommt noch eine Zeit, dann hat man auch die Chance, auszuspannen. Jetzt ist die Periode nicht. Es wird irgendwann die Möglichkeit geben, sich auch einmal Freiräume zu schaffen.

Prognose: Kein freier Tag in nächsten knappen Jahr?

Nein! Ich verspreche, den nehme ich mir. Sonst hat man in der Zeit, wenn man für RWE arbeitet, nicht genügend Nerven. Das bringt uns alle nicht weiter. Unter der Woche habe ich schon stundenlang mit zwei Mobiltelefonen gleichzeitig telefoniert. Aber ich bin auch nur ein Mensch, auch mein Akku muss aufgeladen werden. Das kriege ich gebacken.

Bleiben Sie in Gütersloh wohnen oder gibt es eine Bleibe in Essen?

Das ist eine entscheidende Frage, mir war tausendprozentig klar, dass auch der Club das fragt. Das war früher immer ein nettes Thema zwischen dem damaligen Coach Harry Pleß und mir. Als ich mit dem Club sprach... ...mit Professor Dr. Markus Buchberger, Vorstandsmitglied,...

habe ich das sofort gesagt. Mir war klar, wenn es was wird, dann werde ich mir eine Wohnung nehmen. Ich habe das in Ahlen gemerkt, man muss vor Ort sein. Und Essen ist im Vergleich eine ganz andere Hausnummer. Eine Rückzugsmöglichkeit ist wichtig, um Kraft zu schöpfen, man macht die Tür zu und dann ist Ruhe. Ohne 90 Minuten vorab noch Auto zu fahren. Außerdem geht man der Familie dann nur auf die Nerven.

Sie haben auf der Hafenstraße während Ihrer Zeit als Kicker immer gerne in einem Büdchen gefrühstückt, lebt diese Tradition wieder auf?

Das war bei Tina, den Nachnamen weiß ich schon gar nicht mehr. Ich werde vorbei schauen, wenn sie noch da ist, denkt sie bestimmt, sie hat ein deja vue-Erlebnis. Naja, ich werde bestimmt nicht jeden Tag dort mit meinen Spielern frühstücken, wie es früher mit Holger Karp oder Andy Fischer war. Ich kenn die Hafenstraße und das ganze Umfeld. Es wird sich bestimmt ein nettes Stübchen finden, wo man am Morgen, bevor der Job los geht, noch einen Kaffee trinken kann.

Dann läuft doch alles!

Ich freue mich unheimlich auf die Aufgabe. Es wird bestimmt nicht einfach, aber ich habe richtig Bock darauf. Es ist alles, definitiv eine Chance, auch eine Mission. Ich will nicht auf Understatement machen.

Sie müssen sich nicht verstecken!

Zur Person

In der Kreisstadt Haldensleben am Rande der Colbitz Letzlinger Heide wurde Heiko Bonan, neuer Coach von RW Essen, am 10. Februar 1966 geboren. In der Revier-Metropole tritt der zweifache DDR-Nationalspieler (13. Februar 1989 in Kairo gegen Ägypten / 12. September 1990 in Brüssel gegen die CSSR - 2:0, das offiziell letzte DDR-Länderspiel, zweifacher Torschütze war Matthias Sammer) ab dem 1. Juli seinen - wenn man so will - vierten Trainerjob an. Nachdem er in der Jugend bei Medizin Haldensleben das kicken lernte.

Weitere Clubs waren der 1. FC Magdeburg, wo er die Kinder- und Jugendsportschule besuchte, als größtes Talent des Clubs in den achtziger Jahren galt. Der damalige Magdeburger Chef-Trainer Claus Creul machte den 18-jährigen Abiturienten zum Teil der Oberliga-Auswahl. 119 Oberligaeinsätze absolvierte der Mittelfeldakteur von 1984 bis 1989 (14 Tore). Bonan wechselte zum 1989 zum BFC Dynamo, verbuchte Europapokal-Erfahrung (Gegner: Reykjavik, AS Monaco). Seine Bundesliga-Clubs im "Westen" waren der VfL Bochum und der Karlsruher SC (122 Spiele - 12 Tore), es gab die Zweitligastation FC Gütersloh (28 - 4), mit dem er vorab aus der Regionalliga West-Südwest aufstieg sowie die Regionalliga-Etappen LR Ahlen, SV Wilhelmshaven und RWE. Coach war er vorab beim FC Gütersloh (Frauen-Zweitligist - zusammen mit Dirk van der Ven), bei den Amateuren von RW Ahlen sowie zum Abschluss - seit dem 30. Oktober 2006 - als Chef der Regionalligaauswahl.

Man hat sich beim Club Gedanken gemacht, warum man mich holen wollte. Ich hoffe, ein Großteil hängt damit zusammen, dass man glaubt, ich bin ein guter Trainer. Ich komme jetzt aber nicht als kleiner Junge zur Hafenstraße und schaue einmal, was man sich so mit mir vorstellt. Ich habe meine klaren Vorstellungen und meine Philosophie, was ich von meinen Spielern möchte, wie ich mir eine Zusammenarbeit zum Beispiel mit Olaf Janßen vorstelle. Das gilt auch für Vorstand und Fans. Ich komme nicht als Bittsteller, der sich ein ganzes Jahr bedankt und überall Füße küsst. Mit Janßen waren Sie in einem Lehrgang zum Fußball-Lehrer.

Genau! Seit dem kennen wir uns, Sven Demandt war ja auch da... ...Essens U19-Trainer...

mit Markus John, seinem Co, habe ich zusammen beim Regionalligisten Wilhelmshaven gespielt.

Und dort auch im gleichen Hotel gewohnt.

Das stimmt auch! Einige Personalien sind neu an der Hafenstraße, aber ich habe auch schon mit einigen Kontakt, dir mich per SMS beglückwünschten. Einer schrieb, willkommen zuhause, die Autobahn zwei hätte mich wieder. Schön, ich bin nicht der einzige, der sich auf eine Zusammenarbeit freut.

Stichwort Co-Trainer, in Ahlen ist es Christian Wück, wird er es auch in Essen?

Ich möchte Christian definitiv gerne haben, aus einer gewissen Konstellation heraus. Wir werden extrem viel Arbeit haben, das fängt jetzt mit der Kaderzusammenstellung an. Wir müssen uns alle aneinander gewöhnen. Am Anfang werden es 22 Akteure sein, ein Kader, aber noch kein Team. Wenn Christian kommt, brauche ich mir über Philosophie keine Gedanken zu machen, das ist klar. Dazu kommen Abläufe, die abgestimmt sind, es sind keine Erklärungen notwendig. Ich weiß, er kann im Training selbständig arbeiten. Das ist auch ein Zeitgewinn. Der Club befürwortet das, allerdings ist auch irgendwas geplant. Sie stellen zum ersten Mal selbstständig eine komplett Truppe zusammen, korrekt?

Ich habe in Ahlen sowohl den Oberligakader als auch den Regionalligakader vor die Nase gesetzt bekommen. Diesmal beeinfluss ich extrem mit, alles in Abstimmung mit Olaf Janßen. Wir haben uns lange darüber unterhalten, wir haben sehr identische Vorstellungen, wie Fußball auszusehen hat, wie die Typen sein sollen. Darüber mache ich mir gar keine großartigen Gedanken. Unser Ziel ist es, im Team Erfolg zu haben, also muss man auch im Team Entscheidungen treffen.

Am 30. Juni ist die Jahreshauptversammlung, es könnte sein, dass Sie um eine Ansprache nicht drumherum kommen. Haben Sie sich schon vorbereitet?

Nein, habe ich nicht, aber wenn ich eines gelernt habe, dann ist es quatschen, das konnte ich immer schon.

Haben Sie jetzt nicht permanent die Spielerberater am Ohr?

Bevor in Ahlen Stefan Grädler als Sportlicher Leiter dazu kam, war das ja schon extrem so. Man telefoniert täglich fünf Stunden. Ich weiß, das Olaf in Essen unglaublich akribisch arbeitet, das wusste ich vorher, jetzt hat sich das wieder bestätigt, er nimmt mir extrem viel Arbeit ab. Unsere Telefongespräche über Akteure sind immer prägnant und kurz. Aber trotzdem klebt mir mein Handy wohl am Ohr.

Alles andere als den Aufstieg kann man in Essen nicht verkaufen, oder?

Was die Essener Fans als allererstes erwarten, ist, dass unten auf dem Platz eine Mannschaft steht, die ganze Arbeit abliefert. Das muss unser erster Anspruch sein. Mit Beginn der Spielzeit muss eine Einheit mit der Kulisse da sein. Das ist ja das schöne am Publikum in Essen, die Anhänger sind fair.

Zurück an der Hafenstraße: Heiko Bonan. (Foto: firo)

Sie kennen die Atmosphäre genau!

Man kann ein Match verlieren, so lang man alles gegeben hat. Dafür gibt es ein sehr gutes Gespür. Wenn man einen Kader neu zusammenstellt, muss man sagen: Passt auf, wir wissen noch nicht genau, wie gut wir sind, alles wird sich herausstellen. Es muss eines klar sein: Wir werden alles für die rot-weissen Farben tun. Das ist der erste Schritt, der zweite Schritt ist dann, erfolgreich zu agieren, der dritte wäre, auch tollen, schönen Fußball zeigen zu können. Mit dem Lohn des direkten Wiederaufstiegs!

Der vierte ist dann der Erfolg, den sich alle wünschen. Wie unterscheidet sich der Trainer Bonan vom ehemaligen Spieler Bonan?

Der Akteur hatte überhaupt keine Vorstellungen, von dem, was auf ihn zukommt. Ich habe in den letzten zwei Jahren extrem viel dazu gelernt. Ich musste absolut umdenken.

Komplett?

Naja, so ein bisschen Kleinkind habe ich mir bewahrt. Wenn ich beim Programm mitmache, dann bin ich immer noch der bekloppte Kicker, der sich unheimlich aufregt, wenn er ein Trainingsspiel verliert.

Sie liebten immer die fünf gegen zwei Zockerei, oder?

Ich freue mir immer noch ein Loch in die Hose, wenn ich einen Beinschuss setzen kann. Dieses gewisse Etwas habe ich mir noch gesichert.

Was ist noch wichtig für Sie?

Ich hatte nie Probleme damit, Fehler zuzugeben, das werde ich auch nie haben. Ein Freund sagte mir: Wer viel arbeitet, macht auch Fehler, wer keine Fehler macht, der arbeitet nicht. Ich mache mir in dieser Hinsicht überhaupt keine Sorgen.

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