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NRW Traditions Masters 2009: Essens Pokalfinalisten von 1994
„Die rennen wie die Bekloppten“

NRW Traditions Masters 2009: Essens Pokalfinalisten von 1994

„Nein“, winkt Dieter Bast gelassen ab, „als Spieler muss ich das nicht mehr machen, denn die Jungens rennen doch wie die Bekloppten.“ Der 57jährige, der für Rot-Weiss Essen, den VfL Bochum und Bayer Leverkusen über 400 Bundesligaspiele in den Knochen hat, beschränkt sich beim diesjährigen Masters allein auf das Coaching der Rot-Weissen-Traditionself.

Selbst tritt er nur noch altersgemäß gegen den Ball: bei Einlagespielen oder gegen Spieler seiner Generation. „Technisch könnte ich wohl noch mithalten, aber die Körperlichkeit und schlichtweg der Ehrgeiz sind nicht mehr da“, ergänzt der Routinier.

Aber auch als Trainer steht er gerne hinter der Bande. Dabei weiß Bast um die Schwächen seiner Mannen ganz genau: „Man muss aufpassen, dass nicht alle nach vorne rennen. Sonst kriege ich wieder Ärger mit unserem Torhüter Frank Kurth, wenn die gegnerischen Angreifer vor seinem Kasten mit ihm Jojo spielen.“ Und den Missmut von „Curtis“, so der Spitzname des einstigen Essener Keepers, der selbst bei Wohltätigkeitsspielen noch ungeheuer bissig wirkt, will nun wirklich niemand heraufbeschwören.

Den Stamm der Essener Traditionself, die dieses Jahr in Mülheim auflaufen wird, stellen dabei Spieler, die 1994 für den letzten Höhepunkt der dramatischen 102-jährigen Vereinsgeschichte sorgten: Kapitän Ingo Pickenäcker & Co. unterlagen damals im Finale des DFB-Pokals Werder Bremen nach großen Kampf mit 1:3. Schon Wochen vor dem Endspiel hatte der DFB dem Essener Traditionsverein die Lizenz entzogen und zum Zwangsabstieg aus dem Profifußball verurteilt. Auf und Ab, Erfolg und Leid, die Hauptthemen der rot-weissen Geschichte, lagen vielleicht nie so eng beieinander wie in jenem Jahr.

All das ist passé, und heute kicken die Profis von gestern nur noch zum Vergnügen. Tatsächlich? Dieter Bast äußert in dieser Hinsicht leise Zweifel: „Ihr glaubt doch nicht wirklich, das bei solchen Turnieren etwas verschenkt wird? Vor dem Spiel und nach dem Spiel ist alles okay. Aber wenn man gegen die alten Rivalen auf dem Rasen steht und der Anpfiff ertönt, dann brennt das alte Feuer wieder lichterloh.“

Je oller desto doller, würde der Volksmund sagen, aber die Wahrheit trifft es trotzdem. So war auch beim letzten Masters neben technischen Raffinessen, so manche Grätsche zu bestaunen. „Abschießen lassen will sich jedenfalls keiner. Das war doch ein peinlicher Auftritt, als der BVB beim Derbyfieber 2009 in der Westfalenhalle gegen den VfL Bochum sang- und klanglos mit 0:6 unterlag“, kommentiert Bast das aktuelle Hallengeschehen.

Und natürlich ist das Dauer-SOS an der Hafenstraße ein Top-Thema bei den Oldies. Selbst in der viertklassigen Regionalliga West verschwindet für Rot-Weiss der einzige Aufstiegsplatz schon am Horizont. „Wir haben einfach eine relativ unerfahrene Mannschaft, und in der Liga gibt es viele Zweitvertretungen von Profiklubs, die Spiele durch den Einsatz von Reservisten aus dem Erstligakader immer etwas schieben können“, betrachtet Bast den Zustand nüchtern.

Trotzdem erwartet man in der Ruhrmetropole einfach mehr. Die Devise hieß, im Kulturhauptstadtjahr 2010 mindestens zweitklassig zu sein. Eine Seifenblase, die angesichts der langfristigen sportlichen Misere längst zerplatzt ist. Als Resümee spricht Bast, der zehn Jahre Rot-Weiss und zwei Abstiege miterlebt hat, eine persönliche Erkenntnis ganz gelassen aus: „Träume sind halt Schäume. Und nirgendwo merkt man das so schnell wie an der Hafenstraße.“

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