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NRW Traditions Masters 2009: Wolfgang Weber organisiert die „Geißböcke“
Viva Colonia!

NRW Traditions Masters 2009: Wolfgang Weber organisiert die „Geißböcke“

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Wolfgang Weber ist Porzer, kein Kölner! Trotz seiner fünfzehn Jahre und unzähligen Erfolge mit und für den 1. FC. Außerhalb des Rheinischen bedarf diese lapidare Feststellung jedoch einer Begründung.

Von 1951 bis zur nordrhein-westfälischen Kommunalreform 1975 war Porz am Rhein eine eigenständige Stadt, danach wurde man zum Stadtteil von Köln degradiert.

Ein Aderlass, den auch die Wattenscheider und Wanne-Eickeler bis heute beklagen. Dabei ist der WM-Teilnehmer von 1966 und 1970 äußerst engagiert: Er verwaltet das verlorene Stadtarchiv von Porz und versucht, den alten städtischen Stolz in Erinnerung zu halten. „Zwei Herzen schlagen in meiner Brust“, so Weber, „eins für Porz und die hiesige Sportvereinigung und eins für den 1. FC.“

Beim Fußball schlägt aber wohl Webers FC-Herz schneller. Zusammen mit Welt- und Europameister Bernd Cullmann ist er für die Traditionself verantwortlich. Weber & Cullmann, Spieler einer vergangenen Tradition: Beide kamen von der SpVg. Porz und kickten anschließend als Profis nur für den 1. FC Köln – zusammenaddiert in fast 1.000 Pflichtspielen. Eine Vereinstreue, die über die aktive Laufbahn hinausgeht. „Wir haben einen relativ engen Zusammenhalt. Der FC versorgt seine Ehemaligen vorbildlich mit Ehrenkarten und so treffen wir ‚Alten’ uns während der laufenden Saison fast vierzehntägig im Stadion. Die jüngeren Spieler unserer Traditionself sind ja zum Teil noch beim FC beschäftigt“, erzählt Weber.

Unlängst beim Traditionsturnier in Aschaffenburg erreichte man das Finale und unterlag Borussia Mönchengladbach. „Wieder mal, aber diesmal hat sich Günter Netzer nicht selbst eingewechselt“, grinst Weber und spielt damit auf das unvergessene Pokalfinale 1973 an, bei dem Bernd Cullman und er zu den Unterlegenen dieser fußballerischen Sternstunde gehörten.

Apropos Fußballgeschichte. Hobbyarchivar Weber gehört natürlich dazu. Er markierte 1966 im WM-Finale gegen England kurz vor Schluss den 2:2-Ausgleich und machte dadurch erst die Verlängerung möglich, in der dann das „Wembley-Tor“ zu ewigem Ruhm gelangte. 1965, ausgewechselt werden durfte noch nicht, spielte er im Europacup gegen den FC Liverpool mit einem gebrochenen Wadenbein weiter und wurde fortan aufgrund seiner unerbittliche Härte gegen sich selbst mit Spitznamen wie „Bulle“ oder „Eisenfuß“ belegt.

„Ich kann mich noch daran erinnern, was für ein schlechtes Gefühl ich anfangs hatte, für Geld zu spielen. In der ersten Bundesligasaison gab es mit allen Prämien 1.200 DM monatlich. Aber Widerstände gegen den Profifußball hörte man allerorts und der Amateurgedanke eines Turnvater Jahns war auch durch die Nazizeit noch sehr bestimmend“, erinnert sich Weber an die Zeit, als auch die Rivalität zwischen dem Rheinland und dem Ruhrgebiet durch die Jahre der Oberliga West noch Derbycharakter trug.

Damals waren die Geißböcke wohl der modernste Club Deutschlands. Präsident Franz Kremer hatte die Gründung der Bundesliga maßgeblich initiiert und mit dem Geißbockheim eine Trainingsstätte geschaffen, die in Deutschland einmalig war. Nicht umsonst wurden die Kölner in der Saison 1963/64 zum ersten Meister der Bundesligageschichte. Mit Wolfgang Weber: „Franz Kremer war seiner Zeit weit voraus. Er hat bereits die Bedeutung des Fußballs erkannt, als alles Drumherum noch in den Kinderschuhen steckte. Unsere Vereinsfarben sind rot und weiß, aber wir spielten oft nur in weiß und das war wohl eine gewollte Anlehnung an das legendäre Real Madrid, denn Zufälle gab es bei Kremer nicht.“

Auch im aktuellen Fußballgeschehen ist der 64-jährige zu Hause: Samstags bei Kölner Heimspielen in der Bundesliga und sonntags beim Landesligisten SpVg. Porz. Die Probleme des Amateurfußballs liegen ihm besonders am Herzen. „Die Vereine in den Amateurklassen ringen um Anerkennung und um jeden Cent für ihr sportliches Überleben. Das ist schwer angesichts der Ligenreformen, in der manche Vereine immer weiter nach unten geschoben werden. Vielleicht sollte man die Deutsche Amateurmeisterschaft wieder reaktivieren, damit die Attraktivität auch dort wieder steigt“, denkt Weber über Wege aus der Krise nach.

Aber zumindest beim Budenzauber in Mülheim ist das alles nebensächlich. Der Ball rollt, und Wolfgang Weber will sich mit der FC-Traditionself behaupten. Das Fans mit Sicherheit auch auf ihn zukommen werden, um sich vielleicht sogar alte Bergmann-Sammelbilder signieren zu lassen, freut ihn eher. „Es ist doch schön“, sagte er, „wenn die Leute einen nicht vergessen haben.“

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