SGW-Kommentar

Zartes Pflänzchen auf verbrannter Erde

Nach Buckmaiers Doppelpack steht den Schwarz-Weißen das Wasser wieder bis zum Hals, denn dass Schalke II noch an der Sportgemeinschaft vorbeizieht, scheint angesichts der letzten Resultate so gut wie sicher.

Der ehemalige 09er Buckmaier, der nur einen Steinwurf vom Lohrheidestadion entfernt aufgewachsen ist, hätte seine Tore - immerhin sechs an der Zahl - in dieser Saison allerdings auch genau so gut für die SGW schießen können. 22 Jahre jung, engstens mit dem Verein verbunden - solch ein Spieler passt doch bestens ins Konzept des Klubs, sollte man meinen. Allerdings nicht in das Konzept von Christoph Jacob, der im vergangenen Sommer den vielbeschriebenen Radikalschnitt machte und sich nun mit dem Wiederabstieg in die Oberliga zu verabschieden droht.

Das zarte Pflänzchen Hoffnung, dass im Frühjahr unter Farat Toku erblühte, hat die Mannschaft mit ihren kläglichen Auftritten in den letzten Partien selbst wieder zertrampelt. Aber es wuchs auch auf verbrannter Erde. Den Boden wieder urbar zu machen, muss das Ziel der Jahreshauptversammlung am Mittwoch sein. Im letzten Jahr haben es die Mitglieder verpasst, verfilzte Strukturen aufzulösen. Das Schreckenszenario des wirtschaftlichen und sportlichen Exitus' war schlichtweg zu verängstigend und schien nur durch eine Kooperation mit Galatasaray Istanbul abzuwenden zu sein.

Es wird eine Gratwanderung bleiben

Regionalliga-Fußball wird für den Ex-Bundesligisten allerdings immer eine Gratwanderung bleiben. Egal, welche Personen Aufsichtsrat und Vorstand besetzen, am Ende geht es in erster Linie darum, 09 irgendwie über Wasser zu halten.

Oder geht es doch um mehr? Vielleicht auch um Verankerung des Vereins im Stadtbild, ja im Wattenscheider "Lebensgefühl"? Geht es um die Förderung des Nachwuchses, immer noch ein Aushängeschild der SG? Um den Aufbau und die Pflege einer Vereinsfamilie? Diese könnte auch in der Oberliga gedeihen, nach den Erfahrungen der letzten beiden Jahre vielleicht sogar besser als unter den professionellen Anforderungen der vierthöchsten Klasse. Identifikation wird nicht allein über sportliche Erfolge erzeugt, zumal die erste Mannschaft aktuell ohnehin nicht in der Lage zu sein scheint, diese einzufahren.

Insofern war in den letzten Tagen die einzige positive Nachricht von der Lohrheide jene, dass das bisherige Jugendzentrum an der Berliner Straße nun auf den Namen "Paul-Cohn-Haus" hört. Das bemerkenswerte Engagement - in erster Linie von Christian Mose - um die Geschichte des Vereins (Gründungsmitglied Cohn war Jude und wurde in der NS-Zeit zum "unerwünschten Mitglied" erklärt) beweist auch, dass Wattenscheid 09 stärker als viele andere Klubs auf ähnlichem Niveau auf die Tatkraft seiner Basis angewiesen ist. Genau so dringend wie auf die (fünfstelligen) Summen von plötzlich auftauchenden Renommierklubs, Sponsoren und Würdenträgern.