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Dattenfeld: Jüngster Trainer der Liga hat sich bereits Respekt verdient
Boris’ Eigenmotivation gegen den Zuschauerschwund

Dattenfeld: Jüngster Trainer der Liga hat sich bereits Respekt verdient

Er ist der jüngste Trainer in der NRW-Liga, gilt als Christoph Daum der Amateure und steht immer unter Strom. Die Rede ist von Michael Boris.

Der 33-Jährige hat sich in seiner noch sehr jungen Laufbahn an der Seitenlinie bereits einen Namen gemacht. Und erstmals in der Vereinsgeschichte der Germania aus Dattenfeld, hat der Klub den Vertrag mit seinem Trainer schon in der Winterpause bis zum 30. Juni 2010 verlängert. RS unterhielt sich mit dem Coach über seine Ziele und die Sorgen.

Herr Boris, es ist für Sie das erste Mal, dass Ihr Trainervertrag verlängert wurde. In Homberg kam es ja nicht so weit. Ist dies ein besonderes Gefühl?

Ja. Aber hier passt auch alles. Der Klub hat in seinem Jubiläumsjahr 2010 einiges vor und ich freue mich darauf, ihm zu helfen. Außerdem ist es in meinem Alter unrealistisch, einen Regionalligisten zu bekommen.

Dort wollen Sie hin?

Ja.

Mit Dattenfeld?

Wenn es möglich ist, ja. Aber dafür müssen wir noch hart und viel arbeiten. Und das nicht nur sportlich, sondern auch infrastrukturell, denn das Stadion liegt rund 25 Autominuten von der Autobahn entfernt. Das geht gar nicht.

Aber die NRW-Liga ist doch vom DFB als elitäre Klasse eingeführt worden. Sind Sie damit nicht zufrieden?

Ich denke nicht, dass es sich um eine Topliga handelt. Die Amateure und Bonn sind wieder oben. Also hat sich an der Zweiklassengesellschaft nichts geändert. Zudem fehlen die Derbys. Wir haben gerade einmal Bonn und Fortuna Köln in unserer Nähe. Also fehlt die Attraktivität, um eine echte Knaller-Liga zu haben.

Die Zuschauerzahlen unterstützen das, denn sie sind im Vergleich zu den Oberligen Nordrhein und Westfalen rückläufig. Woran liegt das?

Wir hatten immer 900 Fans, jetzt sind es nur noch 600. Das Interesse nimmt immer weiter ab, weil die Liga eine Rückstufung nach der nächsten erfährt. Wir sind nur noch in der fünften Klasse. Also haben wir trotz der Qualifikation und der hohen Auflagen auch nur noch Besucher wie in der letztjährigen Verbandsliga.

Woher zieht man denn dann noch seine Motivation, fast täglich zu schuften, wenn man am Ende doch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielt?

Das ist die Eigenmotivation und deswegen habe ich auch so früh zugesagt.

Aber ist es nicht deprimierend, dass der hohe Aufwand sonntags nicht belohnt wird, während die Bundesliga-Stadien platzen?

Nicht unbedingt. Mein Freund und Kollege von Rot-Weiss Essen, Michael Kulm, ist auch eigenmotiviert. Wenn es läuft, hat er zwar 10.000 Anhänger im Rücken, aber wenn es nicht läuft, auch alle gegen sich. Und in diesem Fall habe ich lieber meine fünf, sechs Rentner an der Bande, die mit mir motzen, als gnadenlos von zigtausend Mann ausgepfiffen zu werden. Aber uns verbindet eben unsere Freude am Sport, denn wir beide versuchen, nach oben zu kommen.

Sie gelten ja ohnehin als Motivationskünstler und haben mit Videofilmen oder Musikeinlagen die Mannschaftsbesprechungen in Homberg immer zu einem Highlight gemacht. Ziehen Sie das auch in Dattenfeld durch?

Natürlich, aber nicht bei jedem Spiel. In der Englischen Woche habe ich zum Beispiel Rocky II gezeigt. Denn nach den Partien gegen den BSC und Gütersloh kam Oestrich. Und wir mussten die Sportfreunde einfach ausknocken. In Homberg war es allerdings extremer, weil die Qualität nicht so groß war wie hier. Diesen Stil werde ich aber auch beibehalten.

Und wie sind Ihre Methoden bislang angekommen?

Grundsätzlich stehen da doch alle Akteure drauf. Die wollen doch wachgerüttelt werden. Wenn man dadurch ein paar Prozent mehr herauskitzelt und die Punkte holt, ist auch alles in Ordnung. Manchmal kommen sogar die Verantwortlichen rein und hören es sich an. Die denken zwar, dass ich verrückt bin, haben damit auch nicht unbedingt Unrecht.

Haben Sie denn aufgrund Ihres noch jungen Alters schon Vorbehalte seitens der Spieler oder Zuschauer gehört?

Es kann schon mal sein, dass wen ich auswärts einlaufe, die anderen Vereine fragen, wo denn der Trainer sei. Aber spätestens nach fünf Minuten wissen alle, dass ich brenne. Ich habe sonst noch keine Probleme. Denn ob ich 33 oder 55 bin, der Spieler kriegt es mit, wenn ich Mist erzähle. Die Jungs sind schließlich nicht blöd. Aber Respekt hat auch nichts mit dem Alter, sondern nur mit Qualität zu tun. Man muss sich als Coach wie in jedem Beruf, einfach nur beweisen.

Wie lassen Sie sich denn von Ihrer Mannschaft ansprechen?

Die jungen Spieler sagen Sie. Mein Kapitän Markus Voike, der nur drei Monate jünger ist, duzt mich. Aber nie mit Namen, sondern mit ‚Trainer, Du...’ So eine Aktion wie von Manuel Neuer, der in einem Interview sagte, dass Mirko ihm etwas erzählt habe, geht nicht. Da ist es dann auch kein Wunder, wenn Herr Slomka Probleme hat.

Die haben Sie anscheinend ja nicht, denn mit dem bisherigen Saisonverlauf können Sie zufrieden sein, oder?

Wir hatten uns sicherlich ein wenig mehr erhofft, aber der Verein hat mir alle Wünsche erfüllt und ich habe mit Marco Quotschalla sogar einen Wunschspieler bekommen. Wir werden uns im Sommer dann noch einmal punktuell verstärken, damit wir nicht um Platz acht spielen, sondern oben angreifen werden. Wir wollen auf jeden Fall eine bessere Rolle spielen als in diesem Jahr.

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