Und der Trainer könnte das erste Opfer werden. Sollte die Mannschaft am heutigen Donnerstag (21.05 Uhr/live bei Sat.1 und Sky) bei Standard Lüttich ihren 2:1-Vorsprung aus dem Hinspiel nicht halten können und im Viertelfinale der Europa League scheitern, steht Labbadia nach zehn Monaten beim HSV vor dem schnellen Aus.
Lüttich ist Labbadias letzte Hoffnung, das Saisonende als Cheftrainer bei den Hanseaten zu erleben. Nur ein Weiterkommen gegen den belgischen Meister kann die Träume vom Finale in der eigenen Arena am 12. Mai aufrecht erhalten. Dieses große Ziel, und nur dieses, kann die Saison noch retten. Doch selbst bei einem europäischen Triumph ist die Weiterbeschäftigung des ehemaligen Leverkuseners eher unwahrscheinlich. "Abgerechnet wird am 13. Mai", sagte der ehrgeizige HSV-Chef Bernd Hoffmann, "dann kommt hier alles auf den Prüfstand." Dazu zählen neben Spielern, die den HSV nur als Durchgangsstation zu anderen Klub sehen, auch der Trainer. Der hat zwar noch einen Vertrag bis 2012, und Hoffmann hatte die Hoffnung, mit dem 44-Jährigen kontinuierlich etwas aufzubauen. Doch inzwischen dämmert ihm, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen kann: "Fakt ist, dass wir mit Labbadia gerne zusammenarbeiten möchten, aber es gibt in diesem Geschäft keine Persilscheine."
Wie im Vorjahr in Leverkusen hat Labbadia es sich mittlerweile mit einem Großteil der Mannschaft verscherzt. Meldungen, dass Spieler sich bei Hoffmann und dessen Vorstandskollegin Katja Kraus über den Coach beschwerten, blieben unwidersprochen. Der von Labbadia immer wieder ohne Erklärung auf die Bank verbannte Piotr Trochowski erklärte bereits vielsagend: "Ich bin überzeugt, dass sich die Situation zu meinen Gunsten ändert."
Noch aber ist alles dem Erfolg in der Europa League untergeordnet. "Wir haben eine einmalige Chance, im eigenen Stadion einen großen Titel zu gewinnen", sagt der Klubchef immer wieder. Auch den Profis macht allein die Europa League noch Beine. Starke Leistungen auf internationalem Parkett wurden meist von erbärmlichen Vorstellungen in der Liga umrahmt. Für den internationalen Erfolg hat der HSV im Fall Guerrero auch seine eigenen Maßstäbe über Bord geworfen, die er mit zwei Spielen Sperre vor vier Jahren bei der "Stinkefinger-Affäre" von Thimothee Atouba gesetzt hat. Guerrero, da ist sich in Hamburg ohnehin jeder sicher, wird für die Bundesliga gesperrt. Doch in Lüttich und eventuell im Halbfinale gegen den VfL Wolfsburg oder den FC Fulham wird er gebraucht. "Es war kein Thema, ihn nicht mit nach Lüttich zu nehmen", sagte Labbadia, "das gibt unser Kader gar nicht her."
Die etatmäßigen Angreifer Ruud van Nistelrooy und Mladen Petric meldeten sich nach Muskelproblemen und Leistenbeschwerden zwar wieder gesund, Guerrero ist aber eine gute Alternative. Sorgen bereiten Labbadia noch Joris Mathijsen (Adduktoren) und Ze Roberto (Rückenschmerzen). "Wir werden erst im Abschlusstraining in Lüttich sehen, wer auflaufen kann", sagte Labbadia.
Gastgeber Standard Lüttich kann sich so oder so auf einen angeschlagenen Gegner einstellen, der vier seiner letzten fünf Auswärtsspiele in Europa verloren hat. Das 25.000 Zuschauer fassende Maurice-Dufrasne-Stadion ist ein Hexenkessel, Trainer Domenico D'Onofrio schonte zudem am Sonntag bei der 0:1-Niederlage gegen RC Genk nicht weniger als neun Stammspieler. "Die Chancen stehen für uns nicht schlecht", sagte der Coach, "wir haben schon im Hinspiel gesehen, dass wir gegen den HSV zu Torchancen kommen können."