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Interview: Jupp Tenhagen über seine Zeit beim VfL Bochum
„Für den VfL war es fünf vor zwölf, für mich fünf vor zwei!“

Interview: Jupp Tenhagen über seine Zeit beim VfL Bochum
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Emmerich, eine kleine Stadt im Kreis Kleve, ist im Ruhrgebiet vor allem als Ausgangspunkt für die Wochenendausflüge mit dem Fahrrad nach Holland bekannt. Dabei lohnt es sich durchaus, in der niederrheinischen Stadt zu verweilen. Inmitten der schmucken Fußgängerzone liegt das Sportgeschäft „Tenhagen“.

Denken Sie darüber nach, was gewesen wäre wenn?

Ata Lameck, Jochen Abel und Jupp Tenhagen in den legendären Osborne-Trikots des VfL, Juli 1977.

Einerseits ist es müßig, darüber nachzudenken, weil ich auch so mit meiner Karriere zufrieden bin. Andererseits spekuliert jeder Mensch gerne. Mit Sicherheit hätte meine Karriere als Spieler des FC Bayern München einen anderen Verlauf genommen, gerade auch im Hinblick auf die Nationalmannschaft. Es war und ist bis heute unbestreitbar ein größeres Plus, Bayern München auf seinem Spielerpass stehen zu haben als VfL Bochum. Es ist toll, in Bochum von den Fans bis heute als Legende verehrt zu werden. Das schmeichelt mir und dafür bin ich auch dankbar, aber trotzdem bleibt in manchen Momenten die Frage, ob ich nicht eine andere sportliche Herausforderung hätte suchen sollen.

Vor der WM 1978 in Argentinien standen Sie im Kader der Nationalmannschaft.

Ich habe am Abschlusslehrgang in Malente teilgenommen, und dann ist der Kader noch einmal reduziert worden. Rudi Seliger, Manfred Burgsmüller und ich sind schließlich nicht berücksichtigt worden.

Viel verpasst haben Sie nicht.

(Lacht.) Nein, das kann man nicht sagen. Ich war seit 1972 im Umfeld der Nationalmannschaft, erst bei den Junioren, dann in der B-Elf und schließlich wurde ich 1977 erster Nationalspieler des VfL Bochum. Im Sommer 1977 nahm ich an der Südamerika-Reise teil mit Spielen in Mexiko, Argentinien, Uruguay und im Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro vor 160.000 Zuschauer. Dort wurde ich eingewechselt und habe nur 15 Minuten auf dem Platz gestanden, aber die werde ich nie vergessen. Natürlich ist man nach solchen Erlebnissen auch ambitioniert, und hofft, an der WM teilzunehmen. Welcher Fußballer will das nicht? Davon träumen tausende.

Als Sie 1973 zum VfL Bochum kamen, war der Verein längst noch nicht etabliert.

Der Verein wurde in den Medien als „graue Maus“ bezeichnet und das ist ja bis heute nicht abgelegt worden. Der VfL Bochum steht hier in der Region schon im Schatten der Traditionsvereine Borussia Dortmund und Schalke 04, aber deswegen müssten die Erfolge eigentlich umso höher bewertet werden. Für uns war es in den 1970er Jahren Saison für Saison ein Überlebenskampf. Mit sehr geringen Mitteln hielten wir uns in der höchsten Spielklasse. Wir hatten nur das alte Ruhrstadion mit der kleinen Tribüne und einem Fahrradschuppen. Das große Plus des Vereins bestand darin, dass er durch die Person Ottokar Wüst ganz anders geführt wurde. Er sprach immer von „der großen Familie des VfL Bochum“, und das war kein Schlagwort, sondern die hat es wirklich gegeben. Jahrelang war Heinz Höher unser Trainer, der bei aller Sachkompetenz ein kumpelhaftes Verhältnis zu uns pflegte. Es gab Freiräume, Höher drückte schon mal ein Auge zu, aber jeder kannte auch die Grenzen. Er arbeitete gerne mit der Mannschaft, und das haben wir beim Training, beim Spiel und nach dem Spiel in der Vereinskneipe auch gemerkt. Wir sind mit den Frauen und Kindern ins Trainingslager nach Gran Canaria gefahren. So etwas gab es bei keinem anderen Bundesligisten.

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