Hansi Flick nahm noch einmal einen kräftigen Schluck aus seinem Wasserglas, bevor er ungefragt zu einer umfangreichen Erklärung in Sachen Bundestrainer-Job ansetzte. Doch zu einem klaren Nein wie zuvor Jürgen Klopp konnte sich der Favorit auf die Nachfolge von Joachim Löw nicht durchringen. „Ich möchte mich dazu nicht äußern. Ich habe alles dazu gesagt“, betonte der Erfolgstrainer von Bayern München am Freitag auf eine entsprechende Nachfrage.
Der 56-Jährige sagte vor dem Spiel des deutschen Fußball-Rekordmeisters am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Werder Bremen in der Tat viel zum aktuell wichtigsten Fußball-Thema im Land. Ein Hintertürchen blieb bei seiner wortreichen Einlassung zu einem künftigen DFB-Engagement aber gefühlt immer offen - auch wenn Flick redlich bemüht war, einen anderen Eindruck zu vermitteln.
„Ich habe Vertrag bis 2023 und möchte hier bei Bayern München noch sehr erfolgreich arbeiten und mehrere Titel gewinnen“, sagte der frühere Löw-Assistent. Er habe beim DFB eine „sehr schöne und erfolgreiche Zeit“ gehabt, „aber jetzt bei Bayern ist das genauso“. Vor allem habe er eine Mannschaft, „die top ist. Es gibt viele Dinge, die mir sehr viel Spaß machen.“
Der Rekordmeister erwarte zu Recht von ihm, „dass ich mich zu 100 Prozent auf Bayern München und die Mannschaft konzentriere“, hob er hervor. Aber wie lange? Er habe, so Flick, „von Anfang an gesagt, dass mich das Hier und Jetzt interessiert. Darin lebe ich.“ Und deshalb „verbieten sich Spekulationen darüber, wie meine Zukunft ausschaut“.
Die gibt es aber längst, seitdem Löw am Dienstag seinen Rückzug nach der EM publik gemacht hatte. Nach der Absage von Klopp (FC Liverpool) gilt Flick als heißester Kandidat für das Erbe seines früheren Chefs. Nach seinem Auftritt am Freitag im Pressestüberl an der Säbener Straße dürfte sich daran so schnell nichts ändern.
Konfliktpotenzial ist garantiert. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte schon Anfang Februar betont, es sei für den FC Bayern „überhaupt kein Thema“, Flick vorzeitig aus seinem Vertrag zu entlassen: „Wir werden nicht die Probleme des DFB lösen.“
Der mit der Suche nach einem Löw-Nachfolger betraute DFB-Direktor Oliver Bierhoff hatte dagegen bekundet, er wäre „verrückt“, wenn er bei der Trainerfindung nicht auch an Flick dächte. „Ob ich ihm das zutraue? Absolut“, betonte er.
Dem DFB und Bierhoff könnte in die Karten spielen, dass Flick dem Vernehmen nach nicht das beste Verhältnis zu Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidzic pflegt. Dies räumte Flick am Freitag sogar ein. Es herrsche nicht „immer Einigkeit, aber das ist in einer Partnerschaft ganz normal“, sagte er und ergänzte: „Ich wüsste nichts, was uns in der Zusammenarbeit stören könnte.“ Wirklich?
Salihamidzic soll schon Julian Nagelsmann von RB Leipzig als möglichen Flick-Nachfolger ins Auge gefasst haben. Der 33-Jährige, der laut RB-Sportdirektor Markus Krösche keine Ausstiegsklausel besitzt, wollte sich dazu am Freitag nicht äußern. Er kenne das „Fußball-Business“, sagte er, es sei „respektlos, über diese Themen zu sprechen“.
Auch Flick wollte das leidige Thema Zukunft so schnell wie möglich abhaken. „Ich kümmere mich jetzt um mein Team und um das Spiel gegen Werder. Wir wollen den größtmöglichen Erfolg“, sagte er. Ob die Diskussionen den nicht gefährden könnten? In seiner Münchner Anfangszeit sei die Unruhe „viel größer“ gewesen, hielt Flick dagegen.
Ob er denn wenigstens einen Wunschkandidaten für die Löw-Nachfolge sehe? Das, betonte Flick, „ist nicht meine Aufgabe. Oliver hat noch Zeit genug, das zu lösen.“ sid