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Aachen: Abschied vom Kultstadion Tivoli
"Das Licht muss an sein und die Wiese nass"

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Abschied vom altehrwürdigen Tivoli, Vorhang auf für den neuen Tivoli.

Wenn am Sonntag das Kultstadion des Fußball-Zweitligisten Alemannia Aachen gegen den FC Augsburg (14.00 Uhr/live bei Premiere) das letzte Pflichtspiel erlebt, werden zahlreiche Fans wehmütig eine Träne verdrücken. So auch Alemannia-Präsident Horst Heinrichs. "Es gibt bestimmte Dinge im Leben, die man sehr lieb gewinnt", erzählt der Klub-Chef, der vor 53 Jahren sein erstes Spiel am Tivoli verfolgte: "So wie das erste Auto. Und wenn sie dann weg sind, ist man sehr traurig."

In Zeiten der hypermodernen Multiplex-Arenen war die enge, stimmungsvolle Arena eine der letzten Oasen für Nostalgiker. Veränderungen gab es nur, wenn es gar nicht anders ging, oder der Zufall sie ermöglichte. Beispiel: Als der niederländische Nachbar Roda Kerkrade 2001 ein neues Stadion bekam, erhielt die Alemannia die Sitzschalen aus dem alten. "Der Tivoli hat seinen Grundcharakter seit dem Bau 1928 immer erhalten", sagt Heinrichs. Es ging alles etwas langsamer auf dem Tivoli, der zum Beispiel erst 2002 Fangzäune hinter den Toren erhielt - offiziell, "um die Zuschauer vor den harten Schüssen der Profis zu schützen". Erst 2003 wurde eine elektronische Anzeigentafel eingeweiht.

"Wir kaufen alle Spieler bei Marl-Hüls"

Prof. Horst Heinrichs und die Aachener Fans (Foto: firo).

Doch Tradition galt auf dem Tivoli immer schon ein wenig mehr als woanders. Als vor dem legendären DFB-Pokal-Viertelfinale 2004 gegen Bayern München (2:1) die alte Stadionuhr aus fernsehtechnischen Gründen abmontiert werden musste, kämpften Faninitiativen so lange, bis der Zeitmesser wieder an seinem angestammten Platz war. Die Alemannia-Fans singen vor dem Spiel stets ihr uraltes Fanlied "Wir brauchen keinen Seeler, keinen Brülls, denn wir kaufen alle Spieler bei Marl-Hüls." Als mittels eines Wettbewerbs ein neues ausgeschrieben wurde, pfiffen die Fans dabei so lange, bis das Projekt verworfen wurde. Ein klassisches Szenario gibt es am Tivoli seit jeher. "Das Licht muss an sein und die Wiese nass", sagt der einstige Publikumsliebling Willi Landgraf. Fritz-Walter-Wetter, also Regen, heißt hier einfach Tivoli-Wetter. Und wenn das Licht an war und die Wiese nass, hat so manch erfahrener Schiedsrichter oder Profi weiche Knie bekommen.

Zu Ausschreitungen kam es selten in dem reinen Fußball-Stadion, in dem Aachen 2004/05 keine UEFA-Cup-Spiele austragen durfte. Der schlimmste Zwischenfall datiert vom "Skandalspiel" im November 2003, als Nürnbergs Trainer Wolfgang Wolf vom einem Wurfgeschoss am Kopf getroffen wurde. Die Partie wurde im Januar 2004 unter Ausschluss der Öffentlichkeit wiederholt.

Einstige Publikumslieblinge kommen zum Abschied

Der Abschied vom Kultstadion läuft praktisch schon die gesamte Rückrunde. Vor dem vorletzten Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern stiegen 22.222 Luftballons mit der Aufschrift "Tschö Tivoli" in die Luft. Die Partie gegen Augsburg ist seit drei Monaten ausverkauft, die Fans haben eine große Choreographie geplant.

Vor dem Spiel werden einstige Publikumslieblinge wie Erik Meijer, Günter Delzepich oder Jupp Martinelli einlaufen. Es wird ein besonderes Stadionheft geben und ein großes Fest nach dem Schlusspfiff. Die Spieler werden in einem Retro-Trikot aus dem Jahr der deutschen Vizemeisterschaft 1969 auflaufen, auf dem sich Fans verewigen konnten - fast 2000 folgten dem Aufruf. Im kommenden Jahr wird der Tivoli noch als Spielstätte der Amateure dienen, dann wird das Grundstück ausgeschrieben. Das Kultstadion wird dann wohl abgerissen und Standort für Geschäfts- oder Wohnräume.

Die neue Arena entsteht direkt neben der alten. Zum Namen Tivoli gab es keine Alternative. Und bei aller Vorfreude hofft man in Aachen vor allem auf eines: "Wir werden versuchen, ein großes Stück der Atmosphäre hinüberzuretten", sagt Heinrichs. Die Nostalgie soll eben auch im modernen Tivoli weiterleben.

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