Zwei Tage hatte sich die Mannschaft von Borussia Dortmund in der letzten Woche in die „Klosterpforte“ zu Marienfeld zum Kurztrainingslager zurückgezogen, um nach den unerfreulichen letzten Wochen „die Stop-Taste“ (Jürgen Klopp) zu drücken. Doch der Plan eines Neustarts ging bei Hannover 96 - wenn überhaupt - nur zum Teil auf. In einer über weite Strecken durchwachsenen und an Höhepunkten armen Partie trennten sich beide Teams mit einem 1:1 (0:1)-Unentschieden, mit dem sich sowohl Gäste-Coach Klopp als auch Hannovers Trainer Andreas Bergman arrangieren konnten.
Der Befreiungsschlag, den die Dortmunder vor der K.O.-Partie beim Zweitligisten Karlsruher SC und dem anschließenden Revierderby gegen Schalke 04 bewältigen wollten, verpassten sie allerdings bei den ersatzgeschwächten Hannoveranern. Denn die Führung von Nuri Sahin, der kurz vor der Pause - also zum „psychologisch wichtigen Zeitpunkt“ - H96-Keeper Florian Fromlowitz überwand (45.), hielt nur kurz. Keine drei Minuten waren nach dem Wechsel absolviert, da setzte sich Hannovers Ya Konan zunächst gegen Mats Hummels durch, um den Ball Sekunden später aus spitzem Winkel im kurzen Eck zu versenken (48.). Es war die erste echte Chance für die Gastgeber, die anschließend deutlich die Initiative übernahmen und dem Sieg näher waren als die schwarz-gelben Gäste aus Dortmund.
„Wir konnten den Ball zu wenig vorne festmachen“, bilanzierte Bergmann folgerichtig, weil sein Team es nicht schaffte, die optische Überlegenheit in weitere Treffer umzumünzen. Und dennoch vermied er es, mit dem Ergebnis zu hadern: „Wir können mit dem Zähler zufrieden sein.“ Denn in Halbzeit eins waren es die Borussen, die mit Engagement und Ehrgeiz in die Partie gingen und schon früh zu guten Gelegenheiten durch Nuri Sahin (8.), Tinga (22.) und Tamas Hajnal (24.) kamen.
„Unser 1:0 hätte das 3:0 sein müssen“, hatte Klopp nach der Partie gegen Bayern geschimpft, am Samstag hätte er den Spruch getrost wiederholen können. Doch obwohl sein Team zum vierten Mal in sechs Saisonpartien eine Führung aus der Hand gab, stellte der 42-Jährige - wie schon nach der München-Partie - in den Vordergrund: „Wir wollten unsere Situation verbessern, und das ist zum Teil auch gelungen. Wir waren in Marienfeld, um uns neu auszurichten. Wir wollten gegen Hannover den ersten Schritt tun. Drei Zähler hätten sich sicher besser angefühlt. Aber auch mit dem einen Punkt können wir leben.“
Anders als gegen die Bayern, als der frühere Mainzer seine Mannschaft in einer 4-3-3-Formation auf das Feld schickte, vertraute Klopp in Hannover wieder auf die gewohnte Mittelfeldraute mit Tamas Hajnal als „Kopf“. Dennoch hielt die BVB-Aufstellungen gleich drei Überraschungen parat: Tinga ersetzte Jakub Blaszczykowski, Mats Hummels rückte für Felipe Santana in die Innenverteidigung und Sven Bender übernahm den Posten des „Sechsers.“
Dass der 20-Jährige in seinem ersten Bundesliga-Einsatz überhaupt seine Sache ausgesprochen ordentlich löste, war dann auch die einzige wirklich positive Erkenntnis, die das Match in Hannover aus Dortmunder Sicht einbrachte.
„Sven hat sich im Training gezeigt und den Eindruck erweckt, dass er uns helfen kann“, nannte Klopp anschließend die Gründe für die überraschende Aufstellung des Youngsters, der nun eventuell doch nicht zur U20-WM abgestellt wird. „Fördern und fordern“ könne man den früheren „Sechziger“ schließlich auch in Dortmund, „so leid mir das für Horst Hrubesch tut.“