Startseite » Fußball » 1. Bundesliga

Bundesliga: Klubs sind amerikanisiert
Klinsmann hat es vorgemacht

Bundesliga: Klubs sind amerikanisiert

Oliver Bierhoff und Hansi Flick hätten sich ihre jüngste Studienreise in die USA eigentlich sparen können.

Anstatt sich in den Trainingszentren von Baseball-, Football- sowie Eishockeyteams Anregungen für ihre Arbeit zu holen, hätten sich der Nationalmannschafts-Manager und der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw auch bei den Fußball-Bundesligisten umsehen können. Schließlich sind die Arbeitsabläufe in der deutschen Eliteklasse längst amerikanisiert.

Ganz nach dem Vorbild der US-Sportarten beschäftigen zahlreiche Klubs mittlerweile ein Heer von Trainern, Therapeuten, Analysten und Beobachtern. Wer sich zwei Wochen vor dem Rückrunden-Beginn am 30. Januar in den Trainigslagern der Vereine umschaut, dem begegnen meist ebenso viele Profis wie Betreuer. Auf rund 450 Spieler kommen laut einer Liste der Bild-Zeitung über 300 Experten für alle denkbaren Bereiche des Fußballs. "Die Spieler sollen von qualifizierten Leuten weitergebildet werden. Ich kann nicht überall Spezialist sein", erklärt Trainer Ralf Rangnick von Herbstmeister 1899 Hoffenheim die Zahl von knapp 30 Betreuern, die mit ins Trainingslager nach La Manga (Spanien) gereist sind.

Rangnick liegt mit seiner Einstellung ganz auf der Wellenlänge seines Kollegen Jürgen Klinsmann. Schließlich hat der Coach von Rekordmeister Bayern München, der sich seine Anregungen bereits frühzeitig im US-Sport holte, schon während seiner Zeit als Bundestrainer die Arbeit der Spezialisten etabliert. Damit wollte der Weltmeister von 1990 seinem auch heute noch gültigen Credo ("Wir wollen jeden Spieler jeden Tag ein bisschen besser machen") Rechnung tragen.

Die aus den USA importierte Individualisierung des Trainings gilt mittlerweile auch in der Bundesliga als Schlüssel zum Erfolg. "Wir versuchen auf diese Art, stärker auf die Bedürfnisse der einzelnen Spieler einzugehen. Im Fußball wurde bisher noch nicht alles rausgeholt, was in den Spielern steckt", kommentiert Sportchef Dietmar Beiersdorfer vom Hamburger SV die Professionalisierung. Ein mitunter heikler Bereich im Betreuerwesen der Klubs ist allerdings die Beobachtung der Kontrahenten, die in den Händen von Videoanalysten ruht.

Klinsmann äußerte zuletzt sogar den Verdacht, dass der Titelkonkurrent aus Hoffenheim die Trainingseinheiten des Meisters filmen würden. "Davon habe ich gehört", sagte Klinsmann in der Sport-Bild. Hoffenheims Manager Jan Schindelmeiser bestreitet diese Praxis zwar ("Wir haben noch nie eine Trainingseinheit eines Gegners gefilmt"), gibt aber gleichzeitig zu, dass "wir Dossiers über den Gegner erstellen, die intern ausgewertet und verdichtet an den Trainerstab weitergegeben werden".

Zu diesem Zweck arbeiten die Hoffenheimer mit Studenten der Universität Heidelberg zusammen. "Wir wollen immer perfekt auf das nächste Spiel eingestellt sein", begründet Schindelmeiser den Arbeitsaufwand, den sich allerdings nicht alle Bundesligisten in diesem Umfang leisten können oder wollen. Energie Cottbus kommt während der Rückrunden-Vorbereitung jedenfalls mit insgesamt "nur" zehn Betreuern aus.

Deine Reaktion zum Thema
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Neueste Artikel