Nach langer Suche hat der FC Schalke 04 in Frank Kramer seinen neuen Trainer gefunden. Am Dienstag wurde der 50-Jährige im Rahmen einer Pressekonferenz als neuer Chefcoach vorgestellt. Teile des Fanlagers der Königsblauen sahen Kramers Verpflichtung durchaus kritisch, das suggerierte zumindest der Blick in viele Kommentarspalten in den Sozialen Medien.
Sportvorstand Peter Knäbel stellte sich auf der Antritts-PK am Dienstag daher schützend vor den neuen Trainer. "Persönliche Anfeindungen im Netz unter Vereinskameraden gehen meiner Meinung nach nicht", sagte Knäbel. Er rief alle Schalker dazu auf, "mit Schalkern so umzugehen, wie sich wünschen, von ihrem Vereinskameraden behandelt zu werden".
Es gebe eine rote Linie, für die es zu kämpfen gelte, betonte Knäbel. "Das erschreckt mich im Einzelfall, wir wissen aber auch, dass es eine Minderheit ist. Wir müssen unseren Weg mit Überzeugung weitergehen. Im letzten Jahr waren auch nicht alle Entscheidungen bequem. Aber wir können nicht vor der Realität davon laufen."
Es hat mich nicht gewundert. Manche Menschen predigen Respekt und Demut und sind gegen Vorverurteilung - und machen jetzt genau das. Das muss jeder vor dem Spiegel mit sich selbst ausmachen.
Rouven Schröder zu Vorverurteilungen gegenüber Kramer
Denn klar ist: Schalkes finanzieller Spielraum ist arg begrenzt - auch nach dem Wiederaufstieg in die Bundesliga. Der Revierklub ist weiterhin hochverschuldet. Dass die Ansprüche im Umfeld mitunter deutlich höher greifen als die Realität es zulässt, hatte sich zuletzt schon beim Abschied von Ko Itakura gezeigt. Schalke hätte den Aufstiegshelden per Kaufoption verpflichten können, war offenbar aber nicht in der Lage, die erforderliche Ablöse zu bezahlen. Und bei der Besetzung des Trainerpostens waren in Fankreisen sogar Namen wie Adi Hütter oder Raul gefordert worden.
"Wir sind nicht auf ein Trampolin gefallen. Es war ein massiver Absturz, den wir erlebt haben", sagte Knäbel. "Die Tatsache, dass wir den in nur einem Jahr wieder wettgemacht haben, darf nicht dazu verleiten, dass wir in höchste Höhen steigen mit unseren Erwartungen. Natürlich ist Schalke 04 ambitioniert und will jedes Spiel gewinnen. Aber es gibt Grenzen." Knäbel zeigte sich aber zuversichtlich, dass "die meisten Schalker unseren Weg mitgehen".
Das ärgert mich nicht. Im Gegenteil, es spornt mich an. Ich musste mir immer alles hart erarbeiten, habe nichts geschenkt bekommen. Daher ist mir die Situation nicht unbekannt.
Frank Kramer über Fan-Skepsis gegenüber seiner Person
Sportdirektor Rouven Schröder wollte in dem größtenteils negativen Echo gar ein "gesamtgesellschaftliches Thema" erkennen. "Es ist eine Entscheidung, die getroffen wurde und jetzt bewertet wird", erklärte er. "Es hat mich nicht gewundert. Manche Menschen predigen Respekt und Demut und sind gegen Vorverurteilung - und machen jetzt genau das. Das muss jeder vor dem Spiegel mit sich selbst ausmachen." Der Verein sei weiter überzeugt von seinem Weg, sagte Schröder.
Kramer selbst versuchte, Positives aus den negativen Reaktionen auf seinen Wechsel nach Gelsenkirchen zu ziehen. "Das ärgert mich nicht. Im Gegenteil, es spornt mich an", sagte der Coach, der zuletzt bei Arminia Bielefeld tätig war. Wenige Wochen vor dem Abstieg am Saisonende war er freigestellt worden. "Wir wollen durch unsere Arbeit die Stimmung anders gestalten. Das muss man als Herausforderung sehen. Ich musste mir immer alles hart erarbeiten, habe nichts geschenkt bekommen. Daher ist mir die Situation nicht unbekannt."