Dennis Aogo hält es für falsch, dass Jens Lehmann nach seiner rassistischen Äußerung gegen ihn den Posten im Aufsichtsrat des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC verloren hat. „Dass Hertha ihn so schnell von allen Ämtern ausschließt, hätte ich nicht erwartet. Das empfinde ich auch in der Kürze der Zeit als Überreaktion“, sagte der 34-Jährige in einem „Spiegel“-Interview (Donnerstag).
Der frühere Nationalkeeper Lehmann hatte in einer irrtümlich an Aogo verschickten Whatsapp-Nachricht geschrieben: „Ist Dennis eigentlich euer Quotenschwarzer?“ Versehen war das mit einem Lach-Smiley vor dem Fragezeichen.
Er habe Lehmann (51) nie unterstellt, „dass er ein Rassist sei“, er glaube nicht, „dass er solche Ansichten vertritt“, sagte der frühere Nationalspieler Aogo, der sich in solchen Fällen einen objektiven und intensiven Dialog wünscht: „Danach kann man ja immer noch darüber nachdenken, ob eine Zusammenarbeit noch möglich ist oder eben auch nicht. Aber von vornherein zu sagen, man wolle mit dem nichts mehr zu tun haben, finde ich nicht in Ordnung. Wie sagt man heute? Das ist Cancel Culture“, sagte Aogo.
Aogo geriet einen Tag später selber unter Druck
Der 34-Jährige geriet selber unter Druck, nach einer Äußerung („Trainieren bis zum Vergasen“) während einer Sendung des TV-Senders Sky lässt er seine Tätigkeit als Experte derzeit ruhen. Er und seine Frau seien in den vergangenen Tagen massiv beschimpft worden. „Es ist extrem. Es gab Morddrohungen und äußerst rassistische Beleidigungen gegen mich und meine Frau. Unterste Schublade.“
In einem Fall erstattete Aogo Strafanzeige: Auf seiner Facebook-Seite hatte jemand behauptet, Aogo habe das N-Wort in Zusammenhang mit einer obszönen Anmache selbst gebraucht. „Für die Behauptung gab es keine Grundlage, es war sogar ein Fake-Profil. Das ist eine Gefahr“, sagte Aogo.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Die Grünen) hatte diesen Post aufgegriffen und laut eigener Aussage ironisch verwendet. Daraufhin wurde Palmer (48) nicht nur von seinen Parteikollegen Rassismus vorgeworfen, er soll nun aus der Partei ausgeschlossen werden. „Inhaltlich habe ich nichts gegen seine Aktion, denn er richtet sich ja auch gegen die Cancel Culture“, sagte Aogo. Für ihn sei nur die sprachliche Ebene „problematisch. Wenn ich das im Kontext betrachte, kann ich die Ironie aber natürlich erkennen. Für mich ist das Thema damit durch.“ dpa