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Bochum: Marcel Koller und Stefan Kuntz im Interview
„Er will, ich will“

Schnupperkurs: Stefan Kuntz und Marcel Koller mussten sich erst einmal aneinander gewöhnen. (Foto: firo)
Schnupperkurs: Stefan Kuntz und Marcel Koller mussten sich erst einmal aneinander gewöhnen. (Foto: firo)
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Stefan Kuntz und Marcel Koller haben dem VfL Bochum mit Platz 8 eine der erfolgreichsten Spielzeiten seiner Geschichte beschert. Hier erklären Manager und Trainer, wie sie das gemacht haben, ob vielleicht sogar mehr drin ist und warum beide einige Zeit benötigten, um sich aneinander zu gewöhnen.

Warum sind Sie mit dem Trainerjob nicht glücklich geworden? Kuntz: Es ist nicht immer leicht, geduldig zu sein, wenn man als Spieler eine gewisse Klasse hatte. Ich habe als Trainer Dinge vorausgesetzt, die in der Liga nicht vorhanden waren. Und dann haben mir letztlich auch die Konsequenz und das Einfühlungsvermögen gefehlt, um die richtigen Maßnahmen zu treffen. Dafür bewundere ich Marcel absolut. Er gibt mir zwar manchmal recht, wenn ich sage: »Gut, dass ich meine Dienstpistole von früher nicht mehr habe« (Kuntz war Polizist, Anm. d. Red.). Aber grundsätzlich ist es richtig, dass die Rollen jetzt so verteilt sind.

Waren Sie denn vorher überzeugt, dass Trainer das Richtige für Sie ist? Kuntz: Als ich meinen Schein gemacht habe, habe ich das noch gedacht. Doch ich habe mir sicher auch etwas vorgemacht, weil das der schönste Beruf ist: Fußball. Da gibt es nichts Besseres.

Koller: Außer Spieler. Spieler zu sein ist das Allerbeste.

Wären Sie gerne noch mal Spieler, mit dem Wissen, dass Sie jetzt über Fußball haben? Koller: Das wäre nicht schlecht. Dann wären wir noch besser. Kuntz: Dann wären die Schränke bis oben voll (beide lachen).

"Der packt das nicht": VfL-Trainer Marcel Koller. (Foto: firo)

Gab es einen Trainer, der Sie besonders beeindruckt hat?

Koller: Wenn du als Trainer gleich etwas Erfolg hast, fragst du dich nicht groß, wer dein Vorbild ist. Ich habe schon als Spieler mit 27, 28 Jahren die Trainingseinheiten genau beobachtet und mir meine Gedanken gemacht. Etwa: Wir spielen jetzt 4-4-2, aber trainieren wir eigentlich auch so? Und dann kam ein Trainer, bei dem Training und System komplett deckungsgleich waren. Das war fantastisch.

Wer war dieser Trainer?

Koller: Leo Beenhakker. Bei einem Roy Hodgson war es ähnlich. Es gab aber auch die Trainer der alten Schule, die im Training nur ein bisschen spielen ließen und keine Struktur hatten. Nervt es Sie, dass der Fußball so ein kurzlebiges Geschäft ist? Man braucht Zeit, um Dinge zu entwickeln, doch man bekommt sie nicht.

Koller: Ich stecke da jetzt schon so lange drin. Du musst halt flexibel sein. Man hat ein langfristiges Ziel, wie die Mannschaft weitergebracht werden kann, muss aber trotzdem jeden Tag kurzfristig Entscheidungen treffen. Die Spieler verhalten sich nicht immer so, wie man es gerne hätte. Das ist aber doch auch das Spannende an der Geschichte. Sonst wäre ja alles kalkulierbar.

Koller: Es braucht aber viel Kraft und Geduld. Da gibt es Momente, wo du denkst: Schieße ich den jetzt auf den Mond?

Kuntz: Man sagt ja immer, der Trainer motiviert die Spieler. Aber wer motiviert den Trainer? Er muss stets eine Quelle der Zuversicht sein, steht aber oft alleine da. Deshalb hat sich bei mir in den letzten Monaten ein Gefühl dafür entwickelt, dass ich als Manager den Trainer stark machen muss. Es gibt keinen Menschen, dem ein nettes Wort nicht gut tut. Was nicht heißt, dass ich ihm auf die Schulter klopfe und erzähle, er sei der größte Trainer der Welt. Dann sagt er: »Lass mich los und sieh zu, wo du bleibst.« Eher geht es darum, ihm zu zeigen, dass ich vom Kopf bei ihm bin. Das bringt mehr, als wenn man im Trainingslager Karten spielt oder säuft. Es gab in Ihrer Bochumer Zeit kritische Situationen, Herr Koller. Sie haben dabei immer eine große Gelassenheit ausgestrahlt.

Koller: Was bleibt mir denn anderes übrig? Mein Job ist es, die Mannschaft dahin zu bringen, dass sie wieder Spiele gewinnt. Es bringt nichts, wenn ich aufgeregt bin, weil die Spieler das auch spüren würden. Wenn die merken, dass ich unsicher bin, wäre das schlecht.

Sie haben Ihre Trainerlaufbahn in der Schweiz erfolgreich begonnen, dann kam das unglückliche Kölner Gastspiel. Hat Sie das in Selbstzweifel gestürzt?

Koller: Ich habe ja auch meinen Teil dazu beigetragen. Es war meine erste Trainerstation in Deutschland, und die Information, die ich hatte, war die, mich in der Öffentlichkeit zurückzuhalten. Das habe ich wohl etwas zu sehr beherzigt. Man musste mir jeden Satz aus der Nase ziehen.

Hatten Sie danach Sorgen, abgeschrieben zu sein? Nach dem Motto: »Guter Mann für die Schweiz, aber für die Bundesliga reicht es nicht.«

Koller: Es war natürlich eine schwierige Zeit. Ich habe das auch zu Anfang meiner Bochumer Zeit mal gehört: »Der packt das nicht, dann kommt halt der Nächste.«

Jetzt, wo Sie es gepackt haben: Wollen Sie der Guy Roux von Bochum werden und bis in alle Ewigkeit beim VfL arbeiten? Oder werden Sie doch irgendwann Schweizer Nationaltrainer?

Koller: Wie lange war Roux bei Auxerre? 40 Jahre? Ich weiß nicht ... Für das Nationalteam hatte ich schon nach meinem ersten Jahr beim FC St. Gallen eine Anfrage. Damals habe ich gesagt: Ich will mich noch jeden Tag aufregen, nicht nur alle sechs Wochen. Das gilt auch heute noch.

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