Der Mann des Abends verließ in einem blauen Jeanshemd und vor allem wortlos das Estadio Bernabéu. Cristiano Ronaldo hatte in den vorangegangenen 120 Champions-League-Minuten ja schon genügend Taten sprechen lassen, mit drei Treffern am Dienstagabend und fünf Toren insgesamt im Viertelfinale wurde er zum Albtraum für den FC Bayern München. Dass zwei Treffer des Portugiesen im Rückspiel, zwei entscheidende noch dazu, gar nicht hätten zählen dürfen, brachte den Deutschen Rekordmeister nach der 2:4 (1:2, 0:0)-Niederlage auf die Palme. “Der Schiedsrichter hat eine deutlich schlechtere Leistung gebracht als wir”, war Trainer Carlo Ancelotti sauer, “ich weiß, das kann passieren, aber: Das war eine Serie von Fehlern, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen. Es darf nicht sein, dass solche Fehler ein Spiel entscheiden.”
Der Italiener bezog sich auf die ersten beiden Treffer der Verlängerung, jeweils erzielt von Ronaldo. Der Europameister stand beim 2:2 (105. Minute) klar, beim 3:2 (110.) immerhin knapp im Abseits. “In Sachen Schiri-Entscheidungen hatten wir heute etwas Pech”, erklärte Philipp Lahm nach seinem letzten Auftritt in der Königsklasse. “Bitter, dass wir dann ausscheiden.” Auch Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge sah in den Fehlentscheidungen des Ungarn Viktor Kassai sowie von dessen Assistenten den Hauptgrund fürs Viertelfinal-Aus: “Wer heute der Mannschaft einen Vorwurf macht, ist im falschen Film. Das war großartiger Fußball.” Gelb-Rot gegen Arturo Vidal (84.) bezeichnete Rummenigge als “Killer”, und auch Ancelotti betonte: “Das war niemals ein Foul, er spielt ganz klar den Ball.”
Selbst Real Madrid musste das Glück bei den beiden Ronaldo-Treffern eingestehen, verspürte beinahe so etwas wie ein schlechtes Gewissen. “Ich spreche grundsätzlich nie über die Schiedsrichter, aber ich verstehe, wenn die Bayern sich ärgern”, sagte Trainer Zinedine Zidane. Toni Kroos, deutscher Weltmeister in Diensten der Königlichen, erklärte: “Es war ein tolles Spiel, auch wenn es unglücklich ist, wenn ein Spiel durch eine Fehlentscheidung entschieden wird. Dennoch bin ich der Meinung, dass wir insgesamt verdient weiter sind.”
Das sahen die Münchner anders. “Wir haben alle Reserven genutzt und versucht, das Ding hier zu schaffen - wir waren sehr nah dran”, sagte Mats Hummels. Auch er ärgerte sich über Kassai: “Ich bin seit Jahren für den Videobeweis. Es ist wichtig, dass gerade solche Entscheidungen richtig getroffen werden. Es wäre sehr spannend gewesen zu sehen, wie das Spiel verläuft, wenn es in der 115. Minute weiter 2:1 steht.”
Was die meisten Bayern-Spieler bei ihrer Anklage vergaßen, war, dass die selbst einen irregulären Treffer erzielt hatten: beim 2:1 durch Sergio Ramos’ Eigentor stand Robert Lewandowski im Abseits, nur so ging es in die Verlängerung. “Echt?”, fragte Hummels, nachdem er erstmals davon erfahren hatte: “Naja, das wäre zumindest ein kleiner Trost.”