Es lief die dritte Minute im Testspiel einer aus Amateuren und Profis zusammengewürfelten BVB-Mannschaft gegen eine U23-Auswahl des niederländischen Ehrendivisionärs AZ Alkmaar. Ein junger AZ-Kicker will im Mittelfeld den Ball kontrollieren, als er von Sebastian Kehl mit voller Wucht zur Seite geschoben wird. Der Schiedsrichter entscheidet auf Foul und Freistoß für Alkmaar – und doch hatte die Szene aus Dortmunder Sicht etwas Gutes. Denn sie zeigte überdeutlich: Der Kapitän ist wieder da!
Sechs Minute hatte Kehl im Revierderby gegen Schalke versucht, das Ruder noch herumzureißen. Erfolglos zwar, aber an diesem Tag zählte ohnehin mehr, dass der 30-Jährige nach neun quälend langen Monaten überhaupt wieder in der Bundesliga auflaufen konnte. Es folgten 90 Minuten im Testspiel gegen Wattenscheid 09 und weitere 45 Minuten am Dienstag gegen Alkmaar.
Sie brachten die letzte Gewissheit, dass ein Einsatz am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach möglich ist. „Ich fühle mich gut“, berichtete Kehl anschließend: „Die Dynamik und die Spritzigkeit kommen zurück. Von meiner Seite aus stehe ich am Wochenende zur Verfügung.“
Es ist die wohl beste Nachricht, die diese Woche BVB-Coach Jürgen Klopp erreichte. Denn nach dem Ausfall von Sven Bender, der aufgrund einer langwierigen Reizung im Knie zwei Wochen komplette Ruhe verordnet bekam, und der Kiefer-OP von Mats Hummels (sechs Wochen Pause) bleiben ihm mit Nuri Sahin und eben Kehl nur noch zwei Alternativen für die beiden „Sechser“-Positionen im angestammten 4-2-3-1-System.
Doch nicht nur systembedingt ist die Rückkehr von Kehl, der sich im Duktus in diesen Tagen ungewohnt offensiv und kämpferisch gibt, von Bedeutung. „Ich werfe mich rein, mit allem, was ich habe“, formulierte der 30-Jährige seinen eigenen Anspruch am Dienstag und gab anschließend selbstbewusst zu Protokoll: „Ich werde zwangsläufig Verantwortung übernehmen und vorweg gehen. Das habe ich mein ganzes Leben getan, und das werde ich auch jetzt wieder tun.“
Seinen jungen Kollegen dürfte es gut tun, dass ihnen jemand einen Teil der Last, die nach vier Niederlagen aus den vergangenen fünf Spielen auf den Schultern lastet, abnimmt. Ob es insgesamt dabei hilft, zur alten Lockerheit zurückzufinden, muss sich indes am kommenden Samstag erst noch zeigen.
Kehl ist optimistisch, wenngleich er weiß, dass die Zuschauer eine Reaktion der Schwarz-Gelben erwarten: „Allein durch meine Präsenz auf dem Platz wird sich der eine oder andere anlehnen und Sicherheit verspüren. Wir haben Druck bekommen, aber es gilt jetzt, Ruhe zu bewahren und unsere Stärken wieder auf den Rasen zu bringen.“ Kehl ist sich sicher: „Dabei kann ich mit meiner Erfahrung helfen.“