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Legendäre Revierteams: RW Oberhausen Bundesliga-Tabellenführer 1970
„Todeskampf“ mit Highlight

Die Aufstiegself 1969 (v.li): F.Kobluhn, Scheid, Dick, R.Kobluhn, Hentschel, Karbowiak, Wilbertz, Ohm, Dausmann, Brozulat, Krauthausen.
Die Aufstiegself 1969 (v.li): F.Kobluhn, Scheid, Dick, R.Kobluhn, Hentschel, Karbowiak, Wilbertz, Ohm, Dausmann, Brozulat, Krauthausen.
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Vier Jahre spielte RW Oberhausen in der Bundesliga. Es war überwiegend ein permanenter Abstiegskampf, und dennoch wurde in den Jahren von 1969 bis 1972 das größte Kapitel der Oberhausener Vereinsgeschichte geschrieben. Denn überhaupt zu den besten 18 Clubs des Landes zu gehören, das war für die Nobodys von der Landwehr schon eine überragende Leistung.

Große Spieler prägten diese Jahre ebenso wie knorrige Trainer und eine Vorstandslegende, die mit allem Licht und Schatten für das RWO dieser Jahre stand: Peter „Pascha“ Maaßen. Und für die später so leiderprobten Fans auf immer unvergesslich: RWO stand schon einmal für eine Woche an der Spitze der Bundesliga-Tabelle. Da hing auch mal für die Kleeblätter der Fußball-Himmel voller Geigen. „Wir wollen in die Bundesliga“, stellte Peter Maaßen, der noch zu Zeiten der alten Oberliga West keine Gelegenheit ausgelassen hatte, gegen die damals geplante Eliteliga zu wettern, seine Ansprüche klar. Dabei waren mehrere Anläufe nötig, bis RWO endlich auch Zutritt zum erlauchten Kreis fand. 1967 wurde die Qualifikation zur Bundesliga-Aufstiegsrunde um ein einziges Tor verpasst. Und das schoss Verteidiger Wilbertz beim entscheidenden Spiel gegen RW Essen in den eigenen Kasten. So zog der ewige Rivale aus der Nachbarstadt am letzten Spieltag doch noch an den Kleeblättern vorbei, scheiterte aber in der Qualifikationsrunde.

Die Aufstiegself 1969 (v.li): F.Kobluhn, Scheid, Dick, R.Kobluhn, Hentschel, Karbowiak, Wilbertz, Ohm, Dausmann, Brozulat, Krauthausen.

Ein Jahr später lieferten sich die Rot-Weißen aus Oberhausen und Essen gemeinsam mit dem VfL Bochum abermals ein packendes Rennen um die heiß begehrten Plätze in der Bundesliga-Aufstiegsrunde, aber diesmal setzte sich RWO durch und fuhr die Westmeisterschaft ein. Die Aufstiegsrunde wurde allerdings zu einer Zitterpartie. Am letzten Spieltag traf RWO zu Hause auf den punktgleichen Freiburger FC, der aufgrund des schlechteren Torverhältnisses einen Sieg benötigte. Die Sport-Illustrierte schrieb über dieses entscheidende Spiel: „Der Schlusspfiff erlöste die fast 40.000 Zuschauer, die sich bis dicht an das Spielfeld herangeschoben hatten, von der Qual des Hoffens und Bangens. Nur zögernd und knarrend öffnete sich das Tor zur Bundesliga dem Verein, der die oberste Spielklasse so oft verdammt hatte. Doch es öffnete sich, und die Rot-Weißen strömten hindurch.“

Dausmann schießt in der Aufstiegsrunde das wichtige Siegtor zum 1:0 gegen den VfB Lübeck.

Das 0:0 war der Aufstieg. Vizepräsident Ewald Diel verkündete nach dem Schlusspfiff über den Stadionlautsprecher: „Unsere Heimatstadt Oberhausen, die Wiege der Ruhrindustrie, hat einen Bundesligaverein. Der SC Rot-Weiß gehört der höchsten deutschen Fußballklasse an.“ Die Fans stürmten den Rasen und den Spielern wurden die Trikots vom Leib gerissen. „Karneval im Juni“ titelte die NRZ und in der Stadt wurden einige Häuser und die Styrumer Straße rot-weiß gestrichen. Die Aufstiegs-Helden – ganz überwiegend echte Oberhausener Jungs – waren auch die Korsettstangen in dem turbulenten vierjährigen Erstliga-Abenteuer von RWO, das überwiegend aus einem andauernden „Todeskampf“ bestand.

Abenteuer Bundesliga

Von der Konkurrenz schwer unterschätzt, begann RW Oberhausen seine Bundesligazeit auf der Tabellen-Sonnenseite. Nach dem Startsieg über Eintracht Frankfurt (3:1), einem beachtlichen Unentschieden am „Betze“ und weiteren Siegen gegen Dortmund und in Braunschweig fand man sich am fünften Spieltag nach einem 3:1-Sieg über Werder Bremen an der Tabellenspitze wieder: der Stoff, aus dem die Träume sind!

Trainer Adi Preißler hatte eine kampfstarke Truppe zusammen, die auch zu spielerischen Highlights in der Lage war. Überragende Akteure im Team waren Torhüter „Yogi“ Scheid, der souveräne, spielstarke Libero Dick, der offensive Außenläufer Lothar Kobluhn, der in der Saison 1970/71 sogar Torschützenkönig der Bundesliga werden sollte, der vom FK Pirmasens geholte Mittelstürmer Hugo Dausmann und vor allem Franz Krauthausen auf dem linken Flügel. Als dieser mal des Nachts vor einem Spiel über die Stränge schlug, stimmte sogar Peter Maaßen mit den Worten „Selbst ein besoffener Krauthausen ist immer noch besser als viele andere nüchtern!“ für dessen Einsatz. Er war der unumstrittene Publikumsliebling an der Landwehr und sollte später noch glänzende Jahre bei Bayern München erleben und dann als Dauerverletzter seine Karriere beim FC Schalke beenden. Krauthausen, der „schwarze Franz“, war ein temperamentvoller, schneller, trickreicher und torgefährlicher Stürmer – aber auch ein Hitzkopf vor dem Herrn, stets am Rande des Platzverweises, schimpfend wie ein Rohrspatz.

Ausdruck der Anhänger-Wut im Abstiegskampf: Brennende Fahnen nach der Pleite gegen Fortuna Düsseldorf im Mai 1973.

Nach der kurzzeitigen Tabellenführung ging es mit RWO relativ schnell bergab, bis man in den Kellerregionen landete, die bis zum Abstieg 1973 überwiegend die Heimat der Oberhausener werden sollte. Zudem kam eine nicht unerhebliche Beteiligung am Bestechungsskandal ans Licht der Sonne. Peter Maaßen wurde in seinem Mercedes 600 zum Dauergast im Frankfurter DFB-Haus. Aber aus „Mangel an Beweisen“ wurde der Verein freigesprochen, obwohl zumindest Bestechungsversuche nachgewiesen werden konnten. In der Saison 1972/73 – bei einem traurigen Zuschauerschnitt von 6.000 pro Heimspiel – war dann der sportliche Abstieg nicht mehr zu verhindern. Den wenigen verbliebenen Fans blieb bald nichts mehr als die Erinnerung an die schönen Tage der Tabellenführung. Lang ist es her. Mehr legendäre Revierteams gibt es im "Der Pott ist rund. Das Lexikon des Revierfußballs" zu lesen

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