Ahlen-Neuzugang Fiore

"Italien war wie Sklavenhandel"

"Mit dem Wissen von heute würde ich das wohl nicht wieder machen. Ohne vermutlich schon", erzählt der 27-Jährige von den Erfahrungen, die er in Italien sammelte. 2010 weilte der damalige Regionalliga-Spieler des SV Wilhelmshaven im Urlaub in Italien, nahm an einem Hobbyturnier teil und machte Eindruck: Nach einem kurzen Gespräch mit einem Scout absolvierte Fiore ein Probetraining und plötzlich war der damalige Erstligist Catania Calcio am gebürtigen Mendener interessiert.

Eine riesige Chance, die Fiore logischerweise beim Schopfe greifen wollte. Doch wie es in Italien nicht unüblich ist, wurde der Deutsch-Italiener zunächst einmal bei einem Satellitenklub "geparkt". Fiore lief also nicht für die Sizilianer auf, sondern spielte vorerst für den Viertligisten SS Milazzo. "In Italien ist auch in der 4. Liga alles Vollprofitum", erläutert Fiore. Catania holte Fiore 2012 aufgrund von Streitigkeiten mit Milazzo jedoch aus dem Vertrag heraus und bezahlte dafür 250.000 Euro - für einen Spieler, der eigentlich ohnehin dem Erstligisten gehörte. "Völlig bekloppt", empfand Fiore den Vorgang als absurd. Erneut hatte Catania jedoch keine Verwendung für den Spieler und lieh ihn insgesamt noch zwei weitere Male aus.

2013 sollte es dann endlich in Catania klappen, doch diesmal machte eine hartnäckige Verletzung an der Leiste Probleme, wegen der Fiore monatelang ausfiel. Der Verein wollte ihn - obwohl nicht fit - erneut ausleihen, was der Spieler deshalb gegenüber dem Sportlichen Leiter ablehnte. Von da an war das Tischtuch endgültig zerschnitten. "Es war wie im Sklavenhandel", berichtet Fiore, bei dem nun nicht nur der Körper streikte, sondern immer häufiger auch der Kopf. "Obwohl ich nur auf der Tribüne saß, wollte der Verein mich auch nicht aus dem Vertrag lassen. Es war wie eine Strafe", fährt er fort und gibt zu, dass er zwischenzeitlich mit dem Gedanken gespielt hat, komplett mit dem Fußball aufzuhören.

Als im vergangenen Sommer Fiores Vertrag in Catania auslief, brach der zentrale Mittelfeldspieler, der jahrelang in der Jugend des FC Schalke 04 auflief, seine Zelte in Italien komplett ab und kehrte nach Deutschland zurück. "Es war trotzdem eine tolle Erfahrung", kann Fiore dem Abenteuer dennoch seine guten Seiten abgewinnen. "Beim Training war es ein Erlebnis und etwas ganz anderes vom Niveau her."

Diese Phase ist nun jedoch abgehakt und Fiore will nur noch nach vorne schauen. Ahlens Trainer Marco Antwerpen und Fiore kannten sich noch aus früheren Tagen, wodurch der Kontakt zustande kam. Im November trainierte er zum ersten Mal mit. "Ich war nicht mal bei 50 Prozent und brauchte einfach eine Vorbereitung", hatte Fiore große Rückstände aufzuholen. Die Wersestädter gaben ihm jedoch die Möglichkeit, auch an der Vorbereitung teilzunehmen, wo Fiore überzeugte und schließlich einen Vertrag bis zum Saisonende unterzeichnete. "Ich hatte dann auch noch ein paar andere Angebote. Aber der Verein hat mir vertraut, weshalb ich Ahlen jetzt bis zum Sommer helfen möchte", ist er dankbar für die sich bietende Chance. Schon am Freitagabend könnte Fiore beim Auswärtsspiel in Oberhausen in der Startelf stehen. Bereit ist er auf jeden Fall: "Ich freue mich richtig, endlich wieder spielen zu können. Wir haben keine schlechte Truppe, sondern eine spielstarke Mannschaft."