Man mag es kaum glauben, aber Fußball ist manchmal doch nicht alles.
Vor 18 Jahren habe ich, meiner Mutter und dem wiederholten Nasenbluten zum Trotz, fast jedes Spiel der Weltmeisterschaft in den USA am Bildschirm verfolgt. Live versteht sich, zu Unzeiten des europäischen Alltags. Meine Mutter mag zwar die Generation des bulgarischen Weins gewesen sein, hatte jedoch wenig Verständnis für meine Leidenschaft für einen, zugegeben etwas proletisch wirkenden Helden Bulgariens. Schon eher für mein Mitleid mit den Kamerunern, mit denen ich damals, so schien es mir jedenfalls, eine gemeinsame Leidenschaft entdeckte: Trikots selber basteln.
Inzwischen merke ich, dass ich älter geworden bin. Während ganz Deutschland gestern zweifach jubeln durfte, bewegte ich mich ausnahmsweise am Rande des Fußballwahnsinns und doch voll mittendrin, wie sich herausstellen sollte. Beim Auftaktspiel der Gruppe B gab es aus meiner Sicht zwei verdiente Sieger: die Dänen und meine Müdigkeit. Darum verfolgte ich das Geschehen in einer eigens konstruierten Unterbewusstsein-Konferenz. Ich wurde nur bei den wichtigsten Momenten des Spiels wach. Abends freute ich mich doppelt: für Deutschland und den Kölner Förderverein für krebskranke Kinder. Um in seinem Dienste bei der Business & Fashion Charity Gala aufzutreten, verzichtete ich gerne auf die Großteile des Spiels. Was ich davon mitkriegte, genügte: Gomez, Hummels und der Papierkugelhagel. Was bei der Spendengala kam, überraschte selbst mich.
Ein Bielefelder Comedian begrüßte von der Bühne aus eine „Frau Boateng“. Ich staunte nicht schlecht, als daraufhin eine Blondine (uneingeladen) Bühne und Mikro stürmte: Gina-Lisa Lohfink. Bitte was? In flammender Rede wechselte sie zwischen Spendenaufrufen, Spendenversprechen und Unschuldsbeteuerungen. Nicht mal einen Kuss soll es für Boateng gegeben haben. Nicht mal einen Euro gab es allerdings auch für unseren Förderverein.
Allzu gerne hätte ich Gina-Lisa nach ihrer Spende, nach einem Foto für diese Kolumne und nach dem Wasser von Jerome gefragt. Stilles oder doch Mineral? Sie gefragt, ob sie auch Panini-Bilder sammelt (brauche nämlich noch 59). Dies täte ich auch, hätte man die Dame nicht unsanft von der Bühne geholt. So unsanft, dass kurz ein Hauch von Promiboxen in der Luft hing. So unsanft, dass Gina-Lisa wutentbrannt die Gala verließ. Ohne unser Gespräch. Ohne unser Foto. Ohne eine Spende. Ich werde sie an ihr Spendenversprechen erinnern, bis dahin können auch Sie jederzeit spenden: krebskrankekinder-koeln.de - Fußball ist manchmal doch nicht alles!