Christian Flüthmann (39) ist seit rund fünf Monaten Leiter des Nachwuchsleistungszentrum beim Fußball-Regionalligisten Rot-Weiss Essen. Im ersten Teil des Interviews mit RevierSport spricht der gebürtige Münsteraner über seine Aufgabengebiete, den Umgang in der tagtäglichen Arbeit und das Potential innerhalb des Vereins.
Herr Flüthmann, Sie sind bei Rot-Weiss Essen offiziell Leiter des Nachwuchsleistungszentrum. Wie sehen Ihre Aufgabengebiete konkret aus? Christian Flüthmann: Ich beschäftige mich bei RWE zum einen schwerpunktmäßig mit tagtäglichen organisatorischen Dingen, die in einem Nachwuchsleistungszentrum anfallen wie zum Beispiel sportpolitische Themen, Video-Meetings mit den Verbänden, Fortbildungen für unsere Mitarbeiter etc. Zum anderen obliegt mir die sportliche Leitung, insbesondere bei den U17- und U19-Mannschaften. Der regelmäßige Austausch über die Eindrücke und Entwicklung der einzelnen Spieler mit Jörn Nowak ist überragend und ist sehr hilfreich für alle Beteiligten.
Über zu wenig Arbeit können Sie sich also nicht beklagen… Richtig. Und das ist auch gut so. Vorher war ich ausschließlich im sportlichen Bereich als Trainer tätig, durch diese Aufgabe lerne ich viele neue Dinge dazu. Jetzt sehe ich mal die andere Seite und kann Dinge tatsächlich auch besser nachvollziehen. Als Leiter NLZ musst du alle Mannschaften beziehungsweise Mitarbeiter miteinbeziehen und ihnen gleich viel Aufmerksamkeit schenken. Wenn ich damals als Trainer eine Frage an die sportliche Leitung hatte, hat es mit der Antwort auch mal zwei, drei Tage gedauert. Mittlerweile kann ich nachvollziehen, warum das so ist. Deswegen ist es auch total interessant und hilfreich für mich, das System NLZ so nochmal besser zu verstehen.
Fördert dies auch Ihr persönliches Empathievermögen in diesem Job? Klar. Das habe ich früher auch als Trainer schon großgeschrieben gegenüber Spielern und Funktionsteam, aber da war der Kreis natürlich viel kleiner. Als sportlicher Leiter musst du die Spieler und die Mannschaften sowie alle Mitarbeiter involvieren. Und die haben ganz unterschiedliche Interessen.
Sie sind inzwischen seit rund fünf Monaten im Verein. Was haben Sie bislang für Eindrücke gesammelt und was hat sich in dieser Zeit vielleicht auch verändert bei RWE? Erstmal muss man sagen, dass ich hier ein gutes Fundament vorgefunden habe. Die Leute haben in der Vergangenheit gute Arbeit geleistet. Das sieht man unter anderem daran, dass wir mit allen Junioren-Teams in den jeweils höchsten Spielklassen unterwegs sind. Geändert haben wir in dieser Zeit einige Organisationsprozesse sowie die interne Kommunikation. Das läuft jetzt schneller und flexibler ab als zuvor. Ich stehe für eine offene Kommunikationskultur, weil im Fußball hinter verschlossenen Türen immer viel erzählt wird. Dinge konkret ansprechen, Tipps geben und konstruktive Kritik äußern wird bei mir großgeschrieben. Das fordere ich von allen Mitarbeitern ein. Dazu gehört auch eine Fehlerkultur, die jeden Mitarbeiter in seiner täglichen Arbeit, vor allem in Sachen Mut und Kreativität, fördern soll.
Mit Blick auf das Umfeld schlummert in dem Verein Rot-Weiss Essen ein riesiges Potenzial. Würden Sie dieser These zustimmen? Alleine wenn man sich die Struktur der Stadt anschaut mit den Einwohnerzahlen, ist dieses Potenzial einfach gegeben. Als großer Sportverein weißt du, dass da viele Talente schlummern müssen, und diese gilt es zu erkennen und zu entwickeln. Wir möchten die besten Essener Jungs bei uns haben. Bei RWE kommt noch hinzu, dass das Ruhrgebiet fußballerisch einfach unfassbar viel Potenzial hergibt. Da muss man gefühlt nur 40 Kilometer weiter nördlich oder südlich schauen. Das kann sowohl ein Vor- als auch ein Nachteil sein. Ich sehe es erstmal als Vorteil. In der Vergangenheit wollten unsere Top-Talente im U14- oder U15-Alter den Schritt ins nächstgrößere NLZ machen. Unsere Aufgabe ist es, das zu verhindern. Da müssen wir uns besser aufstellen.
[article=525412]HIER[/article] geht es zum zweiten Teil des Interviews. Dort spricht Flüthmann über die anspruchsvolle Aufgabe, hoffnungsvolle Talente in Essen zu halten sowie die Folgen der Corona-Krise für den Jugendfußball.