Er brach mit einer Kicker-Generation zur Europameisterschaft auf, die Begriffe wie „Rumpelfußball“ prägte. Wir unterhielten uns mit „Sir Erich“ über Härtefälle und übereilte Einbürgerungen.
Erich Ribbeck, sind Sie neidisch auf Jogi Löw, der aus einem breiten Angebot an Spitzenfußballern auswählen kann?
Ach, er hat es ja auch schwierig. Es gibt immer mehr als 23 Spieler, die ähnlich stark sind. Da bleiben immer welche auf der Strecke, wo man als Trainer das Gefühl hat: „Das ist nicht ganz gerecht.“ Bei mir gab es auch Härtefälle, auch wenn die Problematik da ein wenig anders gelagert war.
Wie meinen Sie das?
Jogi Löw ist in der glücklichen Lage, dass er eine Riesenauswahl hat. Beim letzten Spiel der Bayern standen neun deutsche Nationalspieler plus Ribéry und Robben auf dem Platz. Und auch mit den Spielern von Borussia Dortmund bekäme man ein halbes Nationalteam zusammen. Zu meiner Zeit waren die Spitzenvereine noch nicht so mit einheimischen Spielern bestückt. Stattdessen wurde kurz vor Ihrem Amtsantritt beim DFB noch der mäßig talentierte Brasilianer Paulo Rink eingebürgert.
Er war schon am Flughafen und wollte in die Heimat reisen, als er von seiner Nominierung für die Nationalmannschaft erfahren hat. Es war damals einfach eine ganz andere Situation. Schon unter meinem Vorgänger Berti Vogts wurden die Weichen für eine neu strukturierte Nachwuchsförderung gestellt. Das ist 14 Jahre her und betraf die 10-Jährigen. Die Besten sind heute 24 und spielen unter Jogi Löw.
Was trauen Sie der Nationalmannschaft denn zu?
Die Mannschaft ist Mitfavorit, aber der Erfolg ist von vielen Zufällen abhängig. Es gehört immer auch ein Quäntchen Glück dazu. Wenn Marco Bode 2000 gegen Portugal nach 20 Minuten nicht den Pfosten, sondern das Tor getroffen hätte, wären wir vielleicht sogar weitergekommen. Dann stünde alles, was so super schlecht war, in einem ganz anderen Licht. Ist es ein Vorteil, schon in der Vorrunde auf starke Gegner zu treffen?
Wenn ich von mir ausgehe, war es eher schlecht (lacht). Es ist insofern leichter, als dass man die Kontrahenten nicht unterschätzt. Bei Weltmeisterschaften hat man auch schon mal Gurkenmannschaften dabei, so dass es leicht ist, die Gruppenphase zu überstehen. Bei einer EM sieht das schon anders aus. Da hängen Erfolg und Misserfolg von Kleinigkeiten ab.
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