Es war schon ein bisschen mehr als eine Frischzellenkur, die die Verantwortlichen des Hammer Bezirksligisten SVF Herringen ihrem Kader im Sommer 2010 verabreichten. Etliche Leistungsträger wie Oliver Jahncke, Christian Grewe oder Daniel Rafalski verließen den Verein, dafür wurde die Mannschaft mit zahlreichen jungen Spielern bestückt. Allein sechs Akteure fanden von der U23 der Hammer SpVg. den Weg an die Schachtstraße.
Dass das SVF-Puzzle sich derart schnell zu einem harmonierendem Gebilde zusammenfügen würde, überrascht auch Herringens Trainer Ralph Oberdiek: „In der Vorbereitung wurden wir ja von vielen als Absteiger Nummer eins deklariert, aber mittlerweile passt ein Mosaikstein zum anderen.“ Und so kommt es, dass sich das Team nach nur zwei Niederlagen aus 15 Partien auf Rang drei vorgeschoben hat und dabei sogar noch drei Spiele mehr zu absolvieren hat als das Spitzenduo Hammer SpVg II und Westfalia Soest. Die Westfalia räumte Herringen übrigens im direkten Duell am letzten Sonntag mit 2:1 beiseite – trotz eines 0:1-Rückstandes.
Erfolgsrezept: Teamgeist statt Einzelkünstler
Während dem SVF in der vergangenen Saison gegen Ende die Luft ausging, profitiert die jetzige Mannschaft von ihrem Teamgeist. „Jetzt ist Kameradschaft da. Egal, ob einer spielt oder nicht, da hängen alle mit drin. Letztes Jahr hingegen hatten wir sechs oder sieben Spielmacher auf dem Rasen, die alle nur mit schönem Fußball glänzen wollten“, erklärt Oberdiek die neue Mentalität im Hammer Westen. Davon abgesehen profitiert Herringen vor allem von seiner Defensivabteilung: „Wir haben mit Thomas Olbrich einen sensationellen Torhüter verpflichtet, davor passt die Dreierkette um Matthäus Paracz perfekt zusammen. Und vorne haben wir mit Damian Manka, Modibo Doumbia und Irfan Uzungelis drei gefährliche Leute.“
Die Konsequenz ist, dass die Oberdiek-Elf bisher erst 15 Gegentreffer schlucken musste – nur der Spitzenreiter Hammer SpVg II ist noch besser. Zwar haben die Blau-Roten aktuell noch sechs Zähler Rückstand auf die zweitplatzierten Soester, doch mit Siegen in den zahlreichen Nachholspielen ist dieser Rückstand schnell egalisiert: „Wenn du da gewinnst, dann bist du in der Tombola mit drin!“ Andererseits stellen die vielen kommenden englischen Wochen auch die körperliche Verfassung der Kicker auf die Probe. „Ich sehe das nicht als Belastung, denn die Jungs sind fit. Das einzige Problem ist das Muss, zu gewinnen. Denn die Spieler setzen sich Ziele, daraus kann sich ein gewisser Druck entwickeln“, mutmaßt Oberdiek.
Oberdiek: Sendenhorst-Spiel ist richtungsweisend
Zudem wittert der Coach noch ein weiteres Fragezeichen, denn: „Wir haben noch kein Tief erlebt, aber das wird sicher mal kommen. Aber ich hoffe, dass das nicht allzu früh passieren wird.“ Dem Nachholspiel am kommenden Sonntag bei der SG Sendenhorst, die ebenfalls noch im Rennen um die vorderen Plätze ist, schreibt der Übungsleiter vorentscheidenden Charakter zu: „Wir sind mit ihnen auf Augenhöhe, deswegen entscheidet die Tagesform. Es ist eine richtungsweisende Begegnung.“
Zu Beginn der Saison hatte Oberdiek sich immer zurückhaltend zu möglichen Saisonzielen geäußert. Doch angesichts der derzeitigen Konstellation, die seinem Team ermöglicht, durch Punktgewinne in den Nachholspielen sogar in den Aufstiegskampf einzugreifen, hat der Linienchef ein wenig den Fuß von der Bremse genommen: „Ich mache mich ja sonst auch unglaubwürdig. Als Trainer schielst du immer nach oben, weil es dann ja auch von der Leistungsbereitschaft her leichter wird. Du musst die Euphorie aufrecht erhalten, so lange es geht.“