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Dortmund: 1989 war der BVB wieder wer
DFB-Pokalsieg "wie eine Wiedergeburt"

Wolfgang "Teddy" de Beer erinnert sich an die Klasse von 1989 (RS-Foto: Stefan Bunse).
Wolfgang "Teddy" de Beer erinnert sich an die Klasse von 1989 (RS-Foto: Stefan Bunse).
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In den vergangenen 20 Jahren hat Norbert Dickel in unzähligen Interviews einen Satz stets wiederholt - von seiner Wahrheit hat er deshalb bis heute nichts eingebüßt.

Bei großen Mannschaften spricht man oft auch von einem besonderen Geist, der in ihnen steckt. War das in Ihrem Team genau so?

Wir waren keine elf Freunde. Aber wir haben uns auch privat gut verstanden und haben mal abends zusammen ein Bier getrunken. Wir waren Arbeitskollegen, eine Interessengemeinschaft, die in der Lage war, gemeinsam für das gleiche Ziel zu kämpfen, und die sich gegenseitig respektiert hat. Und das war das Wichtigste. Man denke nur an Norbert Dickel, der vor dem Endspiel nach sechswöchiger Verletzungspause nur einmal mit der Mannschaft trainiert hat und uns dann zum Sieg schoss. Je weiter wir im Pokal kamen, desto mehr entwickelte sich diese Eigendynamik. Wir wollten etwas besonderes leisten. Wir haben nie darüber gesprochen, aber jeder spürte das. Wir haben alle den gleichen Traum geträumt. Dafür haben wir gemeinsam gekämpft, bis das entsprechende Ergebnis da war.

Was spielte sich in Berlin ab?

Das war einfach überwältigend. Die Nationalhymne, 40.000 Borussenfans auf den Rängen. Jeder wusste, das ist ein ganz besonderer Tag. Wir kannten große Kulissen zwar aus dem Westfalenstadion, aber das war dann doch noch einmal etwas ganz anderes. Ich hatte mit dem MSV schon gegen die Hertha, die damals noch zweitklassig war, und auch gegen Blau-Weiß 90 Berlin im Olympiastadion gespielt. Aber da waren nur ein paar tausend Zuschauer im Stadion. An diesem Tag war alles anders. Die Umkleidekabinen waren damals noch im obersten Rang der Gästetribüne untergebracht. Wir mussten bestimmt 200 Meter durch die monumentalen Gänge rund um das halbe Stadion laufen, bis wir auf das Spielfeld kamen. Von drinnen hast du die Kulisse gehört. Ich kam mir vor wie ein Gladiator. Für die Halbzeitpause gab es übrigens extra Umkleidekabinen, weil du es in 15 Minuten kaum geschafft hättest, wieder bis nach ganz oben zu latschen.

Und dann gab es noch die Wiedergeburt der Ringelsocken?

Ja! Ich weiß gar nicht mehr, wer die Idee damals hatte, aber die Stutzen, in denen der BVB seine großen Erfolge gefeiert hatte, gaben uns noch mal ein zusätzliches Gefühl für die Bedeutung des Spiels. Auch wenn ich gar keine anhatte. Meine Socken waren weiß zu einem blauem Trikot und einer blauen Hose.

Nach dem Spiel gab es dann kein Halten mehr, oder?

Die Feier mit den Fans im Stadion war schon sensationell. Aber als wir dann nach Dortmund zurückgekehrt sind, standen die Menschen schon an der Landstraße am Flughafen bis zur Innenstadt Spalier. Normalerweise brauchst du für die Strecke 20 Minuten, wir haben Stunden gebraucht, weil sich hunderttausende Menschen in der Stadt versammelt und diesen Siegeszug begleitet hatten. Wir sind dann zum Rathaus weiter gefahren und anschließend auf einem offen LKW zum Borsigplatz. Aber die gesamte Strecke konnten wir im nur Schritttempo fahren. Es war der Wahnsinn.

Haben Sie sofort realisiert, was Sie als Mannschaft geschafft hatten?

Als ich oben auf der Pritsche stand, war ich eigentlich nur überwältigt. Du hast den Pokal hin und her gereicht und immer wieder in die Menge gehalten. Die Leute haben gejubelt. Es war eine einzige Glückseligkeit. Ein Siegestaumel, in dem du wie gefangen warst. Erst einige Tage später konnte ich begreifen, was passiert war. Dann entstand dieses tiefe Gefühl der Zufriedenheit, etwas besonderes geschafft zu haben. Es erfüllt mich bis heute mit Stolz, dass ich für immer ein Teil dieser Dortmunder Vereinsgeschichte, die nun schon 100 Jahre andauert, bin.

Können Sie heute als Torwarttrainer etwas von dieser Erfahrung weiter geben?

Ich habe das Glück gehabt, dass erfolgreichste Jahrzehnt in der Vereinsgeschichte des BVB mitzuerleben. Wenn auch nach 1991 nur noch als Nummer zwei hinter Stefan Klos und später Jens Lehmann. Insgesamt habe ich von 1987 bis 2001 181 Spiele bestritten. Aber dieses Spiel war die Initialzündung für alles. Was am Ende einer Laufbahn als Spieler zählt, sind Titel. Das sind die Mannschaften, die in die Historie eingehen.

Haben Sie heute noch Kontakt zu ihren früheren Mitspielern?

Außer zu Michael Zorc und Norbert Dickel, denen ich ständig auf dem Vereinsgelände begegne, eigentlich wenig. Als Mannschaft haben wir uns nie wieder getroffen. Aber das wird sich in Kürze ändern. Anlässlich des Traditionsabends im Borusseum am 1. Juli, in dessen Rahmen unser Spiel gegen Bremen nach Einbruch der Dunkelheit im Signal-Iduna Park noch einmal in voller Länge gezeigt werden soll, ist das gesamte Team eingeladen worden. Ich hoffe, dass möglicht viele kommen, und wir einen tollen Abend miteinander verleben werden.

Auf der nächsten Seite: "Teddy" de Beer stellt die Klasse von 1989 vor!

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