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Sportstadt Essen: VV Human ist der etwas andere Volleyballklub
Abgebrannte "Randsportler" mit Kämpferherz

Sportstadt Essen: VV Human ist der etwas andere Volleyballklub
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„Ich brauche wenig Schlaf“, bekennt Peter Bach. Da ist ein Telefoninterview um kurz vor 23 Uhr für den Trainer des VV Humann das geringste Problem. Mit dem Familienvater zu anderen Tageszeiten ins Gespräch zu kommen, ist schon aufgrund seines Berufs nicht einfach.

Als Oberarzt der Urologie sind Bachs Arbeitszeiten unregelmäßig und umfangreich. Trotzdem steht der Mittdreißiger so oft es geht für seinen VVH in der Halle. „Ich bin volleyballverrückt, ansonsten kann man das gar nicht machen“, gibt Bach zu. Der Coach übernimmt von Natur aus gerne Verantwortung: „Ich habe als 24-Jähriger zum ersten Mal das Seniorenteam trainiert, die Hälfte der Spieler war älter als ich. Sport ist auch oft ein Machtspiel, diese Erfahrung hat mich unheimlich geprägt. Ich bin druckimmun.“ Eine Eigenschaft, die Bach im OP-Saal und auf dem Parkett gleichermaßen zu Gute kommt.

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Bezug zur Jugend prägt den Verein

Sein Verein ist der etwas andere Volleyballklub und das hat mehrere Gründe. „Im Gegensatz zu allen anderen Klubs der Ersten und Zweiten Liga sind wir ein reines Amateurteam. Kein Spieler bei uns bekommt Geld, nicht mal eine Aufwandsentschädigung. In unserer Wettkampfhalle haben wir mit der Männermannschaft eine einzige Trainingseinheit am Montagabend von acht bis zehn. Was das bedeutet, wenn man in der Nacht zuvor vom Spiel aus Leipzig zurückgekehrt ist, kann man sich vorstellen“, gerät Bach fast in Rage.

Der Essener ist seit Jugendtagen ein „Humann“, hat das Gymnasium besucht, das dem Verein den Namen gab. Die Bindung des Klubs zur Schule ist immer noch so eng wie zu Zeiten der Gründung vor 42 Jahren. „Wir sehen uns als Ausbildungsverein. Von rund 250 Aktiven sind sicher 75 oder 80 Prozent Jugendliche. Dass wir einen kubanischen Olympiasieger holen, wird es bei uns nicht geben.“

Volleyball-Leidenschaft in Person: VV Humann-Coach Peter Bach (Foto: Tom Schulte).

Auf der Trainerbank wechselt sich Bach mit Kai Annacker ab. „Das ist wahrscheinlich auch ein einmaliges Modell“, schmunzelt der 35-Jährige. „Kai hat das Sagen, die Trainingsarbeit teilen wir uns. Wir beide haben unsere Idee von Volleyball und versuchen sie dem Team zu vermitteln.“ Das klappt im Moment besser als erhofft – nach 15 von 24 Spielen steht der in Steele heimische VVH auf Rang vier. „Einfach super – vor der Saison war eigentlich der Klassenerhalt das Ziel. Wenn wir am Ende auf Rang sechs oder sieben landen, bin ich vollkommen einverstanden“, ist Bach auf seine Schützlinge stolz. Die sich auch schon mal – wie jüngst in Kiel – selber coachen.

VVH im Netz: vvhumann.de

„Da muss man den Hut vor ziehen, viele Spieler sind noch sehr jung und es ist nicht so einfach, alles zu organisieren und dann noch auswärts zu gewinnen. Routiners hätten da vielleicht keinen Sieg eingefahren - aber die verlieren dafür die Eierspiele nicht“, lacht der Mediziner. Generell fällt auf, dass Humann und Humor offenbar untrennbar zusammen hängen. „Flachsen und Ironie sind ganz wichtig. Nicht nur bei uns im Verein, überhaupt. Wer über sich selbst lachen kann hat schon viel gewonnen“, philosophiert Bach.

Auch nur mit einer gewissen Portion Galgenhumor konnten sich die Volleyballer mit einer Katastrophe im Mai 2008 abfinden. Die Halle am Carl-Humann-Gymnasium wurde bei einem Brand vollkommen zerstört. „Noch immer müssen wir wahnsinnig viel improvisieren, es ist ein unglaublicher logistischer Kraftakt, den Trainingsbetrieb zu gewährleisten“, berichtet Bach – mehr als Vorstandsmitglied denn als Co-Trainer. „Die Geschichte hat den Verein aber auch enorm zusammengeschweißt.“ Für 50 Euro kann eine „Brandaktie“ erworben werden, die als „Dividende“ drei Eintrittskarten enthält und die Option für weitere Tickets bietet.

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“

Das Motto des 2. Vorsitzenden, „wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, schwingt bei „Bacher“ in fast jedem Satz mit. Egal, ob er erklärt, warum die Essener gar nicht in die Erste Liga wollen („Die wollen uns gar nicht haben, unsere Halle ist zu klein und unser Amateurkonzept passt denen auch nicht“) oder über den Status seines Sports sinniert („Für mich ist Volleyball ganz klar eine Randsportart, auch wenn wir an guten Tagen 500 Zuschauer haben“). Das Größte für den Enthusiasten ist und bleibt aber „wenn es mal wieder einer von den Jungs packt, sich in der erste Mannschaft zu etablieren.“

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