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St. Paulis Fanclub-Sprecherrat Roger im 11-Freunde-Interview
„Das Ding muss weg“

St. Pauli wehrt sich gegen "Millerntaler": „Das Ding muss weg“
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Gegen die neue Stadionwährung auf St.Pauli stemmen sich die Fans mit aller Kraft. Doch was ist am Millerntaler denn eigentlich so schlimm? 11-Freunde-Redakteur Maximilian Hendel sprach mit Roger, dem Sprecherrat der offiziellen Fanclubs des FC St.Pauli.

Ist der Bogen zwischen Anhängern und Verein überspannt?

Wir haben zum Beispiel kaum Aktionen gegen Trikotsponsoring unternommen, so lang es halbwegs vertretbar mit der ideologischen Ausrichtung eines Großteils der Fans ist. Aber es gibt immer wieder marginale Punkte, an denen wir sagen: „Stopp!“ Zum einen aufgrund inhaltlicher Gründe wie jetzt bei den Talern, aber um auch immer mal wieder ein Zeichen zu setzen: „Mit uns nicht.“ Einen weiteren Ausverkauf unserer Ideale lassen wir nicht zu, denn irgendwann wird sich der FC St.Pauli von keinem anderen Verein mehr unterscheiden, und wenn der FC St.Pauli nicht mehr der FC St.Pauli ist, dann wird er uninteressant, auch für die Marketingstrategen.

Ist es möglich, dass nach dem Millerntaler weitere Maßnahmen dieser Art folgen werden?

Man kann sich viele Sachen vorstellen. Das fängt an mit irgendwelchen leicht bekleideten Mädchen, die als Cheerleader durchs Stadion hüpfen. Es geht weiter mit den unsäglichen Ansagen im Stadion: „Diese Ecke wird ihnen präsentiert..., in die Halbzeitpause führt sie...“ Diese Berieselung der Fans mit Werbeansagen. Man sieht das jede Woche in anderen Stadien. Es ist völlig klar, dass einiges davon bei uns kommen wird.

Bei allem Idealismus: Der Profi-Fußball lässt es beinah nicht anders zu, wenn man überleben will.

Aber die Frage ist immer, was davon ist vereins- und vor allem fankompatibel? Unser Verein muss sich ganz einfach dran gewöhnen, dass er die Fanszene hat, die er hat, und damit macht er ja auf der anderen Seite auch gutes Geld. Es ist völlig klar, dass gewisse Kompromisse gemacht werden müssen, um im Profi-Fußball zu bestehen, aber es gibt immer wieder Sachen, wo es eine klare Grenze geben muss. Ohne diese Fanszene gäbe es diesen Verein seit 2003 nicht mehr. Auch die Vereinsführung muss eben Kompromisse eingehen, und nicht nur wir. Nachdem jetzt gerade der Verkauf des Stadionnamens vorübergehend gestoppt werden konnte, ist das der nächste Schritt, um weiter Richtung Kommerz zu gehen, was beim Großteil der Fanszene auf Ablehnung stößt.

Ist abzusehen, wie viele Fans sich am Boykott beteiligen werden?

Das ist bei 17000 Zuschauern schwer einzuschätzen. Aber man kann anhand der ersten Tage schon eine kleine Hochrechnung machen. Es wird im Moment auf drei Ebenen gearbeitet: Es gibt einen Flyer, der verteilt wurde und wird, es wird Plakate geben, Banner und Spruchbänder. Außerdem wird im Moment via Internet eine Petition herumgereicht, die binnen eineinhalb Tagen schon über 2000 Unterschriften hat, Tendenz steigend. Und das sind nur die Leute, die ins Forum gehen. Sobald sie auch in Papierform die Runde macht, wird die 10000-Marke überhaupt kein Problem sein. Der offene Brief wurde den eingetragenen Fanclubs zugesandt. Binnen einem Tag haben 80 der 250 Fanclubs darauf unterschrieben, das heißt, wahrscheinlich komplett alle werden darauf unterschreiben. Ich schätze, 30% – 50% der Stadiongänger werden sich am Boykott beteiligen.

Was kann er bewirken?

Wenn es diese Prozent sind, dann wird sich ein Caterer gut überlegen, was er macht. Es ist geplant, den Boykott längerfristig zu konzipieren über mehrere Heimspieltage, und vor allem auch sich nicht auf Kompromisse einzulassen. Sprich: Ein Nebeneinander von Millerntaler und Euro, wie es gerade verkündet wurde, sehen wir nicht ein.

Werten Sie dieses Nebeneinander als einen Teilerfolg?

Wir sehen es nicht als Teilerfolg, weil es wahrscheinlich von Anfang an so konzipiert-, nur schlecht kommuniziert wurde. Wir streben auch keine Teilerfolge an, sondern das Ding muss weg - und zwar ersatzlos. Wenn wir das erreicht haben, sind wir zufrieden, und so lange wird der Boykott fortgeführt werden.

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