"Geschafft! 50 Jahre keine Meisterschaft" (Schalke Unser Nr. 58)
Seit April 1994 erscheint das von Schalke-Fans erstellte Heft "weiterhin unregelmäßig", mittlerweile in einer Auflage von 6.000 Exemplaren. Herausgeber ist die Schalker Fan-Initiative e.V. (Schalker gegen Rassismus). Verkauft wird es zum Preis von 1,50 Euro an zahlreichen Stellen in Gelsenkirchen und bei den Heimspielen nach dem Erscheinungstag.
Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit SCHALKE-UNSER-Redakteur Roman Kolbe über Ärger mit Rudi Assauer, Lieblingscover und die Meisterschaft - vor allem aber über das "anerkannte Fachblatt für Roda, Trabzon, Brügge sowieso, Valencia, Teneriffa, Inter Mailand und Shows" namens SCHALKE UNSER.
Roman Kolbe, herzlichen Glückwunsch zu 75 Ausgaben SCHALKE UNSER. Sind Sie von Anfang an dabei gewesen?
Ich bin seit Beginn dabei. Die erste Ausgabe habe ich nur verkauft, seit Nummer 2 bin ich in der Redaktion dabei.
Beschreiben Sie bitte mal, wie eine SCHALKE-UNSER-Ausgabe entsteht.
Der Zeitaufwand beträgt etwa vier komplette Wochenenden pro Ausgabe für die redaktionelle Arbeit und die Schlussredaktion, das Setzen und das Layout. Dazu kommt noch das eigentliche Schreiben. Wenn man dann noch einen Interview-Termin hat, geht natürlich noch mehr Zeit drauf. Ich habe zum Beispiel vor Kurzem das große Interview mit Rudi Assauer (Nr. 74, Anm. d. Red.) gemacht – wenn man sich darauf gewissenhaft vorbereitet, geht dafür ein ganzer Tag drauf. Aber soetwas macht man natürlich gerne. Andere Interviews machen nicht mehr so großen Spaß, weil die Spieler mittlerweile einen Maulkorb verpasst bekommen und jetzt ein Mitarbeiter von der Geschäftsstelle daneben sitzt und unter Umständen eingreift. Man kann den Verein zwar einerseits verstehen, aber manch kreativer Input bleibt so außen vor.
Sie meinen, dass der Verein Sie regelrecht zensiert?
Zensur würde ich es nicht nennen, es wird vieles einfach glattgebügelt und alles, was nach Kritik riecht, darf bloß nicht veröffentlicht werden.
Damit sprechen Sie schon die Ausrichtung des SCHALKE UNSER an. Viele Themen geht das Fanzine sehr humorvoll an, teilweise behandeln Sie aber auch sehr ernste Angelegenheiten. Ist das in etwa der Spagat, der das SCHALKE UNSER auszeichnet?
Genau – wobei sich diese Mischung auch erst mit der Zeit entwickelt hat. Doch wenn man heute noch mal in die allererste Ausgabe guckt – die hat aber kaum noch jemand, da es nur 2.000 Exemplare gab – stellt man fest, dass wir auch schon damals sehr lustige Sachen drin hatten, aber auch ein sehr ernstes Interview mit Evelyn Fricke, die damals Gegenkandidatin des späteren Präsidenten Bernd Tönnies war, gebracht haben. Sie hatte überhaupt keine Chance, trat aber mit einem königsblauen Herzen an. Man sieht also, dass wir damals schon ernste und heitere Themen im Blatt hatten und ich denke, dass diese Mischung das SCHALKE UNSER auch lesenswert macht. Wenn man nur lustige Themen macht, verkommt man zu einem Comic-Heft. Nur ernste Themen wollten wir aber auch nicht machen. Das Leben ist nunmal ein Auf und Ab - und das spiegelt sich in unserem Heft auch wieder.
Sie gehören also durchaus zu den Fans, die über ihren Verein und ihr Fan-Sein auch mal lachen können und nicht immer alles rund um Schalke und den Fußball bierernst nehmen...
Genau. Aus dem Grund ist damals auch die Serie „Die schönsten Skandale des FC Schalke 04“ entstanden. Allein der Titel sagt schon viel aus: Skandale sind etwas Ernstes, schöne Skandale haben aber auch etwas Liebenswertes. Die Leute, die damals „skandalös“ agiert haben, haben es ja auch nicht böse gemeint, sondern hatten eigentlich Gutes im Sinn – dann ging der Schuss aber nach hinten los. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Vereinsgeschichte, auch aktuell.
"Allesfahrer kommen überall hin" - das Cover der 75. Ausgabe.
Was gibt es denn momentan für Dinge, die aus Ihrer Sicht im Argen liegen?
Unser Verein ist ja immer wieder für Überraschungen gut. Einige Dinge sind nach dem Ende der Ära Magath sicherlich auf dem Weg der Besserung, keine Frage. Danach konnte es ja auch nur besser werden. Aber Dinge wie die Situation der Kartenpreise, vor allem die der Dauerkarten, wie die Fans bei dem Thema ignoriert wurden, das muss angesprochen werden. Schließlich hat man wohl auch beim Verein gemerkt, dass die Erhöhung wohl ein bisschen happig war und die soziale Komponente, die im Leitbild formuliert wird, da eigentlich keine Rolle mehr spielt. Wer sich auf der Geschäftsstelle auch immer soetwas ausdenkt, dem sagen wir: „Nehmt die Fans mit ins Boot!“ Im Moment haben wir den Eindruck, die Fans müssen für die Misswirtschaft der Vergangenheit bezahlen. Wenn man mal eine Liste mit allen Fehleinkäufen der letzten fünf Jahre machen würde, würde man leicht auf 30 Namen kommen. Für solche Fehler kann ich doch nicht die Fans so heftig bluten lassen! Ein bisschen zu bluten ist ja okay, aber bitte nicht in solch einem Maße. Ein anderes Thema ist der Schalker Fanclub-Dachverband, der mittlerweile in den Verein integriert worden ist. Wenn der Verein nun sagt, dass die Ticketpreise mit dem Fanverband abgestimmt wurden – na, dann kann ich auch in den Spiegel gucken und irgendetwas mit mir selbst ausdiskutieren.
Auf Seite 2: "Brot statt Möller", das SCHALKE UNSER im Doppelpass und die "Schöne und das Biest" auf der Cranger Kirmes