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Ex-Aachen-Trainer: "Spiele ohne Fans waren für RWE ein Vorteil"

Fuat Kilic war viereinhalb Jahre Trainer bei Alemannia Aachen.
Fuat Kilic war viereinhalb Jahre Trainer bei Alemannia Aachen. Foto: Thorsten Tillmann
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Einige Trainernamen, die vielen Fußball-Fans der Regionalliga West in den letzten Jahren ein Begriff waren, sind aktuell ohne Verein. So auch Fuat Kilic, der viereinhalb Jahre bei Alemannia Aachen das sportliche Sagen hatte.

Fuat Kilic verabschiedete sich mit dem coronabedingten Saisonabbruch 2019/2020 aus Aachen. Seitdem befindet sich der Fußballlehrer auf Vereinssuche.

Viereinhalb Jahre war der gebürtige Türke, der in Köln lebt, Trainer und auch Sportlicher Leiter der Alemannia. Kein Wunder, dass sein Herz immer noch für die Kaiserstädter schlägt.

RevierSport hat mit dem zweifachen Familienvater vor dem Sonntagsspiel (14 Uhr) zwischen Alemannia Aachen und Rot-Weiss Essen gesprochen.

Fuat Kilic, wie geht es Ihnen und Ihrer Familie? Danke der Nachfrage. Uns allen geht es Gott sei Dank gut. Wir sind gesund und munter, und müssen die Situation so annehmen, wie sie ist.

Haben Sie in den letzten Monaten einiges aufholen können, was in den Jahren als Alemannia-Trainer ein bisschen zu kurz gekommen ist? Auf jeden Fall. Mein 9-jähriger Sohn kann sicherlich einiges dazu erzählen (lacht). Als die Schulen coronabedingt geschlossen wurden, gefiel es ihm nicht so sehr, dass der Papa plötzlich die Mathe-Hausaufgaben kontrolliert hat und der Ersatz-Lehrer war. Ich genieße die freie Zeit mit den Kindern, da man im Job selber kaum Zeit dazu findet und teilweise die Entwicklung seiner eigenen Kinder nicht richtig miterleben kann. Das ist in den letzten Jahren auf der Strecke geblieben. In Aachen war ich um 8 Uhr aus dem Haus und wenn frühestens um 20 Uhr wieder zu Hause oder habe unter der Woche oft in Aachen übernachtet. Als ich in Saarbrücken gearbeitet habe, war ich nur alle zwei Wochen daheim. Ich liebe meinen Job und bin auch wieder so aufgeladen, dass ich mir etwas Neues vorstellen kann.

Gab es denn in der jüngeren Vergangenheit schon die Möglichkeit etwas Neues in Angriff zu nehmen? Ja, die gab es. Ich wollte aber keinen Schnellschuss vollziehen und das nächstbeste Angebot wahrnehmen. Ich muss von einer Aufgabe überzeugt sein. Ich bin nicht nervös, um auf der Strecke zu bleiben oder dergleichen. Es muss einfach stimmen. Ich will nachhaltig arbeiten, etwas entwickeln. Ich bin kein Typ Trainer-Groundhopper. Bei den letzten Anfragen und Gesprächen hatte ich nicht das Gefühl, dass es zu mir passt.

Wie vertreiben Sie sich denn aktuell die Zeit? Durch Corona hatte ich auch die Zeit, um runterzukommen und selber viel Sport zu treiben. Ich habe Dinge gemacht, auf die ich immer schon mal Lust hatte, um sie mir genauer anzuschauen und auszuprobieren. Zudem habe ich unheimlich viele Festplatten, externe Dateien, die ich update, auswerte und einfach noch mehr Wissen sammle. Es ist aber nur die Theorie. Was zählt, ist die Praxis und die findet auf dem Platz statt. Da will ich auch bald wieder stehen.

Sie wollten auch bei größeren Vereinen hospitieren. Ja, das ist richtig. Leider hat Corona die Pläne durchkreuzt. Ich hatte auch schon einige Zusagen, aber nun ist es schwer in die Vereine reinzukommen.

Wie sehr verfolgen Sie noch die Regionalliga West? Ich schaue mir alle Ligen an, natürlich auch die West-Staffel. Ich muss sagen, dass mich nicht viel verwundert, wenn ich auf die Tabelle schaue. Rot-Weiss Essen hatte schon eine tolle Basis mit dem letztjährigen Kader. Jetzt hat man noch einen Simon Engelmann dazu geholt, der für Torgarantie steht. Das war natürlich von vorneherein eine Ansage an die Konkurrenz.

Was macht denn RWE so stark? Viele, vor allem die Essener Fans, werden es vielleicht nicht gerne hören wollen: Aber ich sage, dass es Essen zu Gute gekommen ist, dass die Spiele ohne Zuschauer stattgefunden haben und immer noch stattfinden. RWE hat ein fantastisches, verrücktes Publikum. Dass ist aber nicht immer von Vorteil. Wenn eine Mannschaft nicht eingespielt ist und sich zu schnell aus der Ruhe bringen lässt, wenn es nicht läuft, dann kommt sie auch nur schwer mit der negativen Kritik, mit den Pfiffen klar. Und die kommen ja in Essen bekanntermaßen, wenn es nicht läuft. Deshalb sage ich auch, dass die Spiele ohne Fans ein Vorteil für diese RWE-Mannschaft waren.

Waren oder sind? Waren. Denn mittlerweile ist das Team von Christian Neidhart so gefestigt und stark, dass sie auch vor 10.000 RWE-Fans abliefern würde. Da bin ich mir sicher.

Am Sonntag geht es für Essen nach Aachen. Ist RWE für die Alemannia eine Nummer zu groß? Das würde ich so nicht sagen. Essen hat einfach in der Breite eine unfassbare Qualität für die Regionalliga. Wenn man sich da die Bank oder gar Tribüne anschaut, dann sind da schon sehr gute Spieler dabei. Diese hat auch die Alemannia, wenn ich an Dahmani, Wallenborn, Müller, Rüter, Batarilo und einige andere denke, die zur Stammkraft gehören und bei diesem Spiel spielberechtigt sind. Zudem sind alle Leistungsträger geblieben. Aber in der Breite besteht natürlich zwischen beiden Klubs ein Unterschied. Vom Potential her sehe ich die Vereine jedoch auf Augenhöhe. Auch wenn Essen aktuell natürlich finanziell besser aufgestellt ist.

Zuletzt revoltierten einige Alemannia-Spieler gegen Trainer Stefan Vollmerhausen. Wie haben Sie das verfolgt? Nur aus der Presse. Das ist nicht mehr mein Thema. Ich kann nur sagen, dass wir dort eine sehr gute Basis hinterlassen haben. Wir haben charakterlich saubere Jungs geholt, die bereit sind mit ihrem Leistungsvermögen für den Verein alles zu geben. Wir haben professionelle Strukturen und mit Sicherheit keine Wohlfühloase, wie ich es schon mal zu Ohren bekommen habe, geschaffen.

Wann werden wir Sie wieder an der Seitenlinie sehen? Das weiß ich nicht. Im Fußball kann man nichts planen. Ich bleibe da entspannt und höre mir alles an. Ich habe schon in vielen Positionen in der 2., 3. Liga und Regionalliga gearbeitet und war auch schon in der Süper Lig tätig, ob jetzt als Chefscout, Athletik- oder Co-Trainer oder Chefcoach: ich kann mir alles vorstellen. Es muss eben am Ende für beide Seiten passen.

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