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Ein Herner weckt den schlafenden Riesen

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Ungarn: Eine Fußballnation die fast ein halbes Jahrhundert im Tiefschlaf lag - bis ein Mann aus dem Pott kam.

Bernd Storck übernahm die einstige Fußball-Weltmacht und führte die Magyaren nach 44 Jahren wieder zu einer Europameisterschaft. Am 4. Juni kehrt Storck zurück ins Revier. Dann steht für den ehemaligen BVB-Profi ausgerechnet auf Schalke die EM-Generalprobe gegen Deutschland auf dem Programm. Im Interview spricht er unter anderem über sein Erfolgsrezept, die deutschen Trainer in Ungarn und seine Heimat Herne.

Bernd Storck, Sie haben bereits am 9. Mai die EM-Vorbereitung aufgenommen. Warum so früh? Wir sind froh, dass wir mehr Vorbereitungszeit haben als andere Nationen. Wir haben nicht so viele Spieler, die im Ausland aktiv sind. Weil die Saison in Ungarn eher zu Ende gegangen ist, konnte ich so die Nationalmannschaft früher zusammenrufen. Das kommt uns entgegen. Wir haben zwei Trainingslager in Österreich geplant, vor der EM werden wir intensiv arbeiten.

Ich sehe es immer noch als ein Wunder an, dass wir uns für die EM in Frankreich qualifiziert haben.

Bernd Storck

Nach 44 Jahren hat sich Ungarn wieder für eine Europameisterschaft qualifiziert. Die Stimmung im Land muss riesig sein. Man merkt schon in den Vorbereitungsspielen, dass die Euphorie groß ist. Die Fans sind heiß und haben schon die Stadien gegen Kroatien und die Elfenbeinküste voll gemacht. Ungarn ist ein Fußballland. Das ist wirklich ein schlafender Riese. Die Vorfreude ist riesig. Wir haben schon in den Play-Offs gegen Norwegen gespürt, dass die Fans unser 12. Mann sind. Das ist einfach toll und hilft uns enorm weiter.

Warum war es so schwierig diesen schlafenden Riesen aus dem Tiefschlaf zu wecken? Viele Menschen leben leider noch in der Vergangenheit und trauern der Zeit von Ferenc Puskas und Co. nach. Da ist es für die vielen jungen Talente nicht einfach den Ansprüchen gerecht zu werden. Ich sehe es immer noch als ein Wunder an, dass wir uns für die EM in Frankreich qualifiziert haben. Wenn man sieht, woher unsere Spieler kommen und in welchen Klubs sie spielen, dann haben wir schon etwas ganz Großes geleistet. Und das honorieren die Menschen auch.

In Frankreich heißen die Gegner: Österreich, Portugal und Island - geht da noch mehr? Wir müssen realistisch bleiben und sind Außenseiter in dieser Gruppe. Die Favoriten sind ganz klar Portugal und Österreich. Wenn man sich beispielsweise den Kader der Österreicher anschaut, sieht man, dass dort viel Qualität drin ist. Von 23 Spielern sind 22 Mann im Ausland tätig. Sie bringen vier Meister mit. Unter anderem mit David Alaba aus München und Christian Fuchs von Leicester City. Das ist eine top internationale Mannschaft. Über Portugal brauchen wir gar nicht zu reden. Island ist eine Nation, die in den letzten Jahren viel für den Fußball getan hat, vor allem im infrastrukturellen Bereich und dafür wurden sie jetzt belohnt. Sie haben richtig tolle Ergebnisse in der Qualifikation erreicht. Unser Ziel ist es sich weiterzuentwickeln, auch im Hinblick auf die WM-Quali, die schon im September gegen die Faröer beginnt. Natürlich schielen wir auf den dritten Platz. Immerhin kommen von den sechs Gruppendritten die vier besten noch weiter.

Deutsche Trainer in Ungarn sind ja schon fast ein Importschlager. Warum stehen die Ungarn so auf Lothar Matthäus, Thomas Doll, der mit Ferencvaros jüngst das Double feierte und jetzt Bernd Storck? Deutschland hat eine riesige Tradition. Das ist die Fußball-Nation, die weltweit das höchste Ansehen genießt. Wenn man einen Deutschen holt, dann weiß man, dass die Qualifikation und Ausbildung sehr gut sind und zudem haben deutsche Trainer auch eine gewisse Erfahrung. Das Know-how, die Innovation, das gefällt den Ungarn. Wir haben schon viel bewegt, aber es herrscht immer noch Nachholbedarf. Die Infrastruktur muss noch besser werden und vor allem die Professionalisierung der täglichen Arbeit. Es muss mehr top ausgebildete, hauptamtliche Trainer im Jugendbereich geben. Da versuchen wir weiter etwas zu bewegen und haben verschiedene Modelle aufgestellt, sind da auf einem sehr guten Weg. Wir wollen uns an den großen Ländern orientieren. Das hat man in der Vergangenheit etwas schleifen lassen. Das liegt natürlich auch an den Erfolgen, die man in den vergangenen Jahrzehnten hatte. Da hat man bisschen weniger gemacht, als nötig. In den Nachbarländern hat sich viel weiterentwickelt, nur in Ungarn nicht. Und da sind wir Deutschen verpflichtet worden, um das zu verändern und weiter aufzuholen.

Ich bin in Herne geboren und da schaut man natürlich auch noch drauf. Das war eine Stadt, die mal in der 2. Bundesliga vertreten war. Es ist schade, dass der Verein nicht mehr hoch kommt. Das Schloss Strünkede wird mir immer ein Begriff bleiben

Bernd Storck

Andreas Möller ist ihr Assistent und Holger Gehrke Torwarttrainer. Wie läuft die Zusammenarbeit? Andreas ist sehr wichtig für mich, weil er nicht nur ein guter Fußballer gewesen ist. Er ist natürlich auch lizenzierter Profi-Trainer und unterstützt mich in meiner Arbeit. Andi war bei den großen Turnieren dabei und weiß, wie man sich auf die Turniere vorbereitet. Es macht sehr viel Spaß mit ihm zusammenzuarbeiten. Holger hat ebenfalls eine große Erfahrung als Co- und Torwarttrainer. Ihn hatte ich schon in Kasachstan mit dabei. Es macht mit den beiden einfach Spaß. Wir sind ein tolles Team.

Sie mussten leider schon mit 27 Jahren Ihre aktive Karriere beenden. Seitdem sind Sie so etwas wie der Ausbilder. Ist das genau Ihre Rolle? Das Trainerdasein macht mir einfach Spaß. Wenn ich etwas mache, dann mit der vollen Überzeugung. Ich habe als Deutscher natürlich auch eine gewisse Verantwortung gegenüber meinem Land. Ich will Deutschland immer gut repräsentieren und bei meinen Stationen etwas hinterlassen, so dass die Nachfolger daran anknüpfen können. Das ist immer mein Ziel. In Kasachstan habe ich viele junge Spieler weiterentwickelt. Am Ende hat es an Kleinigkeiten gelegen. In Piräus habe ich die Infrastruktur verbessert und den Jugendbereich modernisiert. Hier habe ich jetzt als Sportdirektor angefangen und vieles im Verband gemacht. Wir haben zum Beispiel ein Stützpunkttraining im gesamten Land eingeführt. Als Pal Dardai sich nur noch auf die Hertha konzentrieren wollte, habe ich auch das Traineramt übernommen. Die Arbeit wird nicht weniger (lacht).

Die Doppelfunktion auf Dauer zu bewältigen sollte aber schwierig werden... Bis jetzt klappt es noch. Aber in Zukunft werde ich Unterstützung benötigen. Das ist schon sehr viel Arbeit. Da werde ich mir die ein oder andere Hilfe auch suchen.

Sie sind gebürtiger Herner. Wie ist Ihre Verbindung in die Heimat und zur Westfalia? Ich bin in Herne geboren und da schaut man natürlich auch noch drauf. Das war eine Stadt, die mal in der 2. Bundesliga vertreten war. Es ist schade, dass der Verein nicht mehr hoch kommt. Das Schloss Strünkede wird mir immer ein Begriff bleiben.

Wie oft sind Sie noch in Herne? Meine Eltern, Schwester und Bruder leben in Herne. Mein Sohn ist in Bochum zuhause. Da habe ich natürlich Kontakt zu. Aber ich bin viel unterwegs und da ist das alles nicht so einfach, sich mal zu treffen. Ich versuche alle ein Mal im Jahr zu besuchen.

Am 4. Juni kehren Sie ins Revier zurück. Das ist ein besonderes Spiel für Sie oder? Ich freue mich zurück in den Ruhrpott zu kommen. Ich als Dortmunder auf Schalke, das hat doch was. Das ist wirklich eine tolle Sache. Auch für meine Mannschaft gegen so eine Nation in solch einem Stadion zu spielen, das ist schon nicht das Schlechteste. Es ist immer schön nach Hause zu kommen.

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