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Krieg den Ureinwohnern

RS-Kommentar: Fußball-Ultras an den Pranger gestellt
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Da saßen sie in den Talkrunden, die Kapazitäten der bürgerlichen Fußballgesellschaft. Pocher, Stelter, ein Vogel von der Polizei-Gewerkschaft.

Oder der unvermeidliche Kerner, welcher gleich auf dem Hof eine von Pyrotechnik erfasste Puppe verbrannte um - ja was eigentlich?! Was ist das für eine Gespenster-Diskussion, die gerade geführt wird, um die Zustände in den Fußballstadien? Wer macht sich gerade zum Sprecher von wem und gegen was? Und wer nimmt wem was weg?

Vielleicht sollte man sich zunächst mal vergegenwärtigen, dass Fußball im Kern ein Rabaukenspiel ist. Auf dem Platz agieren Rüpel, es wird geflucht und geschnauzt, gefoult und weggeputzt. Auf den Rängen ist das ungefähr ähnlich. Romantiker können aufatmen, denn nach dem Abpfiff ist das meiste vergessen. Aber noch in den siebziger, achtziger Jahren war der Stadionbesuch gerade auch deswegen bei Menschen mit bildungsbürgerlichem Hintergrund vollkommen verpönt. Der Chronist sieht die Gesichter noch vor sich, wenn er gerade erklärte, von einer Auswärtsfahrt aus Braunschweig zu kommen (nach 0:1 mit entsprechender Fleppe).


Dann kamen die Marketing-Strategen, die VIP-Loungen und der Typus Fan, der sich „brennend für seinen“ Verein interessiert - „gegen wen geht‘s denn heute?“. Das proletarische „Gras fressen“ wurde sogar von immer mehr Frauen als sexy empfunden. Plötzlich war sie da, die neue Kundschaft des Fußballs, hochgezüchtet von den Medien-Marktschreiern, die Fußball zur Mode machten, zum Event, zum Zirkus. Die Ureinwohner der Stadien wurden, sofern der Folklore dienlich, nur noch geduldet. Schlagen sie über die Stränge, gibt es die derzeitigen Diskussionen. „Würden Sie mit ihrem Vierjährigen noch ins Stadion gehen?“ Wie bescheuert noch?

Dabei sind es „Ultras“, die den Stadionbesuch zu einem „Erlebnis“ machen, wenn man es denn so nennen will. Mit unendlicher Mühe und immer auch beachtlicher Kreativität bringen sie Herzblut in eine größtenteils durch den Kommerz vollständig versiffte ehemalige Gegenwelt zur Mainstream-Unterhaltung. Sie sind das Salz in der Suppe. Was, bitte schön, wäre eigentlich auf Schalke los, wenn nicht ein paar Hundert in der Nordkurve die Mannschaft so leidenschaftlich unterstützen würden? Der ganze Rest sitzt doch schon vor der Popcorntüte und fängt nach 15 Minuten an zu nörgeln, wenn es nicht 3:0 steht, weil man seinem Vierjährigen ja was bieten wollte.

Natürlich sind unter diesen Fans, die „ihr“ Spiel nicht freiwillig abgeben an den Anzug-Mob aus den VIP-Räumen, auch etliche Bekloppte. Vermutlich in dem Verhältnis zur Gesamtbevölkerung wie in allen anderen Bereichen. Logisch, dass es total verstrahlt ist, in einer eng stehenden Menschenmenge mit Feuer herumzumachen.

Aber was soll das jetzt, aus diesen klaren Rechtsverstößen von ganz wenigen eine Diskussion zu entfachen, die wie eine Kriegserklärung an die Ureinwohner der Stadien wirkt? Auf jeder Aktionärsversammlung, auf jeder linken Autobahnspur findet man weit mehr Asozialität und Menschenverachtung als in einer Fußballfankurve. Wenn sich all die Showmaster und Talkgäste mit ihren „Vierjährigen“ nicht mehr sicher fühlen, dann sollen sie in ihren Bungalows bleiben. Im Stadion vermisst sie niemand. In den Talkshows allerdings auch nicht.

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