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Friedhelm Runge: "Ich bin Traditionalist, wünsche RWE den Aufstieg"

Wuppertal und Essen: Die Fans der beiden Traditionsklubs konnten sich noch nie so richtig leiden. Bei den Spielen in der Regionalliga herrscht immer eine große Brisanz zwischen dem WSV und RWE. Nun soll ausgerechnet der Wuppertaler SV dem unbeliebten Nachbar aus dem Ruhrgebiet Schützenhilfe im Aufstiegsrennen um die 3. Liga leisten.

Warum RWE durchaus auf Wuppertaler Hilfe hoffen darf und ob es schon Anrufe aus Essen oder Dortmund beim WSV gab, erzählt WSV-Sponsor Friedhelm Runge (82) im RevierSport-Interview.

Friedhelm Runge, in welcher Situation befindet sich der Wuppertaler SV im Regionalliga-Saisonfinale? In einer angenehmen. Wir wollen die Saison mit einem Heimsieg beenden und unsere tolle Rückrunde mit einem positiven Erlebnis abschließen. Wir sind in einer Lage, in der man natürlich von allen Seiten auf uns zugeht. Aber ich sage es mal so: Man trifft sich immer mehrmals im Leben, in der Liga. Deshalb darf man keine Mannschaft, keinen Verein bevorzugen.

Sie sprechen es an: Dortmunds U23 will zumindest einen Punkt in Wuppertal holen und Rot-Weiss Essen hofft auf die WSV-Schützenhilfe. Wem wünschen Sie den Aufstieg mehr? Meine persönliche Meinung ist klar und zu der stehe ich auch: Ich bin Traditionalist und deshalb wünsche ich auch Rot-Weiss Essen den Aufstieg. Die Essener hätten sich das nach dieser Saison verdient. Sie waren lange vorne und dann kam das DFB-Pokalspiel gegen Leverkusen. Ich glaube, dass dieses Spiel RWE kräftemäßig wie zehn Partien gekostet hat. Übertrieben gesagt. Nach diesem Leverkusen-Wahnsinn haben sie sich ja einen abgebrochen, um in der Umgangssprache zu bleiben.

... auch Dortmund spielt eine hervorragende Runde...

Klar. Aber ich frage mich immer: Was will eine Bundesliga-Zweitvertretung in der 3. Liga? Hier geht es doch um Auf- und Abstieg. Doch eine U23-Mannschaft geht mit ganz anderen Zielen in die Saison als die ganzen Traditionsklubs. Diese jungen Teams dürfen gar nicht aufsteigen und wollen sich immer nur weiterentwickeln. Ich kann das Ganze von der Weiterentwicklung nicht mehr hören. In der 3. Liga geht es um viel, aber sicherlich nicht um Weiterentwicklung der U23-Mannschaften.

Sollte RWE aufsteigen, würde dem WSV aber schon ein tolles Derby fehlen... Ja, das ist natürlich die andere Seite der Medaille. Rot-Weiss Essen würde aber nicht nur dem Wuppertaler SV fehlen, sondern auch der ganzen Regionalliga. Doch Vereine wie Essen, Aachen oder Wuppertal gehören nicht in diese Liga!

Gab es denn schon Anrufe aus Dortmund oder Essen, um den WSV noch zusätzlich zu motivieren? Ich will nicht verheimlichen, dass es solche Anrufe gegeben hat. Das ist doch Usus am Ende einer Saison. Ob in der Bundesliga oder Kreisliga, jeder kennt jemanden und will ihn noch einmal darauf hinweisen, alles zu geben. Das ist doch auch völlig legitim. Ich sehe nichts Verbotenes darin, dass man einen Kasten Bier angeboten bekommt, um vielleicht noch einmal ein oder zwei Prozent aus den Spielern heraus zu kitzeln. Vielleicht ist der Kasten Bier ja so viel wert, dass die Jungs den halben Meter mehr laufen. Aber an dieser Stelle möchte ich auch betonen: Ich habe Freunde in Dortmund und Essen. Ich kenne Heinz Keppmann seit Ewigkeiten, Hans-Joachim Watzke kenne ich auch. Marcus Uhlig war mir auch zuletzt sehr sympathisch. Ich gönne es am Ende beiden Vereinen. Ich kann nur versprechen, dass der WSV alles geben wird, wie in jedem anderen Spiel auch. Dann werden wir sehen, wer am Samstagnachmittag Meister wird und aufsteigt.

Zurück zum WSV: Die Mannschaft hat Ihnen den Niederrheinpokal überreicht. Was war das für ein Gefühl? Ein wunderbares. Das würde doch jeden Menschen ehren. Die Jungs wissen auch, was ich für sie tue und versuche, damit es ihnen gut geht und an nichts fehlt. Überhaupt ist die Mannschaft so in sich zusammengewachsen, einfach toll. Seit dem Winter haben wir einiges anders gemacht und es hat geklappt. Dafür muss ich auch das Trainertram um Björn Mehnert sowie Sportdirektor Stephan Küsters sehr loben. Sie haben eine hervorragende Arbeit geleistet.

Was bedeutet für den WSV der Einzug in die DFB-Pokal-Hauptrunde? Finanziell ist das ja nicht viel. Diese 130.000 Euro sind nicht einmal zehn Prozent von unserem Etat. Aber klar: es ist besser, das Geld zu besitzen, als es nicht zu haben. Für mich ist viel wichtiger, dass sich der WSV nach so vielen Jahren Abstinenz wieder Fußball-Deutschland zeigen kann und bei der Auslosung mitfiebern darf. Ich hoffe einfach, dass die Wuppertaler Industrie auch wieder wach wird. Diese Stadt muss einfach beweisen, dass sie Fußball will, dass sie den WSV will. Damit meine ich nicht, die vielen Fans, die mit Herzblut dabei sind. Sondern die Unternehmen, die hier sind, aber nichts tun. Ich würde mir wünschen, dass wir alle erkennen, dass Wuppertal eine Sportstadt ist. Überall, wo ich auf der Welt bin, fragt man mich, woher ich bin. Mit Wuppertal kann man noch nicht so viel anfangen. Das Schöne wäre, wenn man mit Wuppertal nicht nur die Schwebebahn, sondern auch den Wuppertaler SV verbinden würde. Wir sind Wuppertaler, sind hier geboren und werden auch hier sterben. Wir sollten alles dafür tun, damit dieser Verein erfolgreich ist, dann wird auch die Stadt angesehener und erfolgreicher. Ein Fußballklub ist ein Aushängeschild einer Stadt! Das sollte langsam auch der Letzte verstehen.